Ich finde es auch ein wenig seltsam, dass du dich so über die 9. Infusion aufregen kannst, Meckerle. Ich hatte mich zwar auch erst gefragt, warum er das gepostet hat, aber nachdem er es erläutert hatte, hat es für mich durchaus Sinn gemacht. Auch wenn es natürlich klar ist, dass nicht alle zigtausend Tysabi-Nutzer gerade an PML sterben oder dergleichen (denn das würden wir dann wahrscheinlich durch die Tagesschau oder unsere Tageszeitung erfahren), ist es schon immer ein Unterschied, ob man mit Zahlen hantiert, von denen man nur weiß, dass sich dahinter Menschen verbergen, oder ob man selber einer dieser Menschen ist oder ihn zumindest gut kennt.
Auch wenn ich einsehe, dass es gar keine andere Wahl für die Erprobung von Medikamenten gibt als doppelblinde Placebo-Studien, finde ich es auch ganz schön krass, wenn ich mir z. B. so die Daten der Polman-Studie angucke. Da gab es über 300 Menschen, die alle wahrscheinlich darauf gehofft haben, ein neues, viel versprechendes Medikament zu bekommen, die alle für sich die Entscheidung getroffen hatten, das Risiko eines Medikaments für den erhofften Vorteil auf sich zu nehmen - und dann haben sie nur ein Placebo erhalten. Mit all den damit verbundenen Nachteilen und Komplikationen, die man jetzt an den Studiendaten ablesen kann. Mir fehlen da fast die Worte: Ich finde das einfach ziemlich heftig. Und ich denke, dass das auch ein Grund ist, warum man sich durchaus die Mühe machen kann, die Studien eingehender zu betrachten: Bei allem Zweifel darüber, ob nicht Kapitalinteressen das Bild verzerren, stehen letztlich doch menschliche Schicksale hinter den Zahlen, Menschen, die ihr Leben mindestens ein Stückweit der Allgemeinheit zur Verfügung gestellt haben.
Insofern denke ich, dass ein bißchen Respekt vor dem Einzelfall durchaus angebracht ist. Und du hast zwar recht, dass das Forum hier ziemlich ungenießbar wäre, wenn jede und jeder andauernd posten würde, dass sie oder er gerade die soundsovielte Spritze dieses oder jenes Medikaments bekommen hat. Aber andererseits passiert das ja gar nicht - und insofern war das durchaus ein qualifiziertes Statement zur Diskussion: Seht her, ich nehme das Medi, mir geht es gut damit. Die Zahlen können diese individuelle Erfahrung nicht ersetzen, auch wenn sie darauf basieren. Tatsächlich ist die individuelle Erfahrung, mit einem Medi klarzukommen, meines Erachtens ein viel härteres Faktum als irgendwelche Statistiken oder Quellenverweise. Du musst nur an das Churchill-Zitat denken, dann wirst du das vermutlich einsehen. Andererseits sind die individuellen Schicksale so unterschiedlich, dass man aus einem Fall nicht viel für sich persönlich oder seine Lieben ableiten kann. Ich verstehe aber nicht, warum man das eine gegen das andere ausspielen soll, das Gesetz der großen Zahl gegen das Individuelle oder umgekehrt.
Übrigens danke für den Zuspruch, den mir einige von euch in diesem Thread haben zukommen lassen. Es fühlt sich immer gut an gespiegelt zu bekommen, dass es nicht gänzlich für die Katz ist, was man so treibt und darstellt.