Hallo!
Ich selbst bin nicht von MS betroffen. Aber die Mutter meines Freundes. Ihr Verhalten ist für uns eine riesige Belastung. Sie nimmt an keinem Gespräch teil, ist vollkommen lustlos und immer müde. Ihr Tag strukturiert sich zwischen zwei Fixpunkten, alles andere wird mit Bösartigkeit bestraft. Sie lässt sich für nichts mehr begeistern, raucht außerdem zwei Schachteln Zigaretten am Tag, isst und trinkt kaum. Zu ihrem Mann und ihrem Sohn ist sie immer sehr unfreundlich, fast aggressiv. Mir fällt es sehr schwer, mit ihr umzugehen, da sie weder auf Fragen richtig antwortet und zum Beispiel auch nicht will, dass man sie umarmt. Für mich wäre wichtig zu wissen: Sind all diese Verhaltensweisen eine mögliche Folge der Erkrankung? Es würde mir leichter fallen, zu wissen, was alles mit dieser Krankheit in Verbindung stehen kann, um einfach auch milder und angemessener mir ihr umzugehen.
Ich bin für jede Antwort dankbar!

Ach Juli - es ist ja lieb, daß Du “in die Materie einsteigen” willst und Dir Gedanken machst.

Aber glaubst Du wirklich, es gibt EINE Antwort auf die Frage “wie verhalten sich MS-Kranke”? Ähnlich konnte man fragen “wie verhalten sich Männer / Frauen / Motorradfahrer/innen / etc, etc.”

Klar ist es weder für sie noch für ihre Umgebung toll, wenn sie sich in ihr Schneckenhaus zurückzieht und droht, jede/m/r den Kopf abzubeißen, der/die ihr zu nahe kommt.

Man weiß ja auch nicht, welche Erfahrungen sie gemacht hat, welche Ängste und welchen Horror sie vor der Zukunft hat …

Alles nicht so einfach, besonders, wenn sie jede Hilfe abblockt.

Aus einem Drachen wird durch Krankheit nicht unbedingt ein Lämmchen oder umgekehrt … und eine generelle Antwort wirst Du sicher nicht bekommen / können.

Bleibt “dran”, aber laßt Euch nicht runterziehen

Viel Glück
AHT

jo juli,
mit ms geht wohl jeder anders um.
daß es dabei auch manche gibt,die ihre krankheit an ihrer umgebung auslassen, liegt in der natur der sache.
das ist nicht schön, läßt sich wahrscheinlich aber auch nicht ändern. davon mal abgesehen ist es bestimmt der krankheit nicht zuträglich.
mehr kann man dazu wirklich nichts sagen, wünsch dir die größe das locker zu sehen.
alles gute
sascha

vielleicht, juli

stimmt meine “privattheorie”? trifft aber NICHT NUR für ms-kranke zu, sondern für ALLE menschen, die tiefere oder härtere “einschnitte” z.b., auch durch eine krankheit erleben…

es scheint so zu sein, dass DER EIGENE CHARAKTER eines menschen erst durch solch einen einschnitt deutlich wird, da er vorher von “alltäglichkeiten” überdeckt war.

günni

Ich glaube ,Günni, besser könnte man es nicht formulieren!!!
Das macht die Sache für die Betroffenen aber leider nicht leichter.
Es ist sicher enorm schwierig sich von der ewig schlechten Laune und Miesepetrigkeit nicht anstecken zu lassen.

ja, franziska…das stimmt wohl!

jede-r scheint dies anders zu machen…erlebe es ja ständig, auch durch bekanntschaften und es ist manchmal “traurig” mitanzusehen, wie sich menschen “unnötig” zerstören…manche verschliessen sich komplett, andere stecken partner mit ihrer ausgeliefetheit an, andere werden biestig-aggressiv…und, leider scheint es kein “rezept” für den umgang damit zu geben…

habe ja selbst auch etwa 10-12 jahre gebraucht um “mich” so eingeschränkt zu akzeptieren und zu versuchen “den spiess” herumzudrehen…

günni (edss ca. 8,…irgendwas)

Hallo Juli,
es gibt für ihr Verhalten zwei mögliche Gründe. Eine Möglichkeit ist, sie kann mit ihrer Krankheit garnicht umgehen, nicht darüber reden, hat keine Strategien, um mit der Krankheit versöhnlich zu leben. Die andere Möglichkeit, vor. ca. 1-2 Jahren gab es bei AMSEL oder bei der DMSG einen Artikel, daß zwischenzeitlich die Wissenschaftler erforscht haben, daß es durch MS auch zu gravierenden Persönlichkeitsveränderungen kommen kann. Durch AMSEL wird auch psychologische Beratung für Angehörige von Betroffenen angeboten. Vielleicht haben die Ideen, wie die Situation verbessert werden könnte. Viele Grüße Andrea

Hallo Juli,

es ist toll, das du dich informieren möchtest. Ich kann jetzt nur von mir sprechen. Mir wird auch schnell alles zuviel. Auf einer Feier, wenn mehrere sprechen, habe ich große Konzentrationsstörrungen. Ich habe dann auch Mühe zu verstehen, was gesprochen wird.

Gegen die Müdigkeit gibt es Medikamente. Sie müßte mal ihren Neurologen darauf ansprechen. Wenn sie nicht umarmt werden möchte, laß sie doch. Versuch nicht ständig ihr ein Gespräch aufzudrängen. Du kannst sie nicht ändern. Versuch einfach da zu sein, aber ihr keine Hilfe aufzudrängen.

Rauchen ist ungesund, das weiß jeder, aber es wird sie wohl keiner von den Zigaretten abbringen können. Ich weiß auch nicht, ob sie noch einen kleinen Spaziergang machen kann. Es gibt auch wieder große Unterschiede was für euch ein kleiner Spaziergang ist und für deine Schwiegermutter. Wenn mein Mann meint, er würde doch langsam gehen, komme ich trozdem nicht mit. Wenn sie einen Rollstuhl hat, versucht doch mit ihr ein Eis zu essen.

Vielleicht hat sie auch nur Depressionen. Kann dein Freund nicht mal mit dem Neurologen sprechen? Aber diese Erschöpfung und Müdigkeit kann einen daran hindern am Leben teilzunehmen. Aber dagegen gibt es etwas.

Ich wünsche dir viel Kraft Heike

Hallo,
wie bereits gesagt wurde, ich denke, jede/r geht mit ihrer/seiner Krankheit anders um. Dennoch denke ich, dass eine Krankkeit nie Ausrede sein darf, weshalb ich mich gehen lassen darf oder unangemessen unfreundlich oder agressiv zu sein. Ich denke gerade bei chronischen Krankheiten neigt man sowohl als Betroffener als auch als Dritter dazu, Verhaltensweisen mit der Krankeit zu begründen. Ich finde dass gerade bei einer Krankheit wie MS immer der tägliche Kampf bestehen muss, das Leben trotz evtl. Einschränkungen positiv und lebenswert zu gestalten.
Just my 2 coins, ich denke da gibt es eben so viele Antworten wie MS-Patienten. Viel Erfolg bei der Bändigung des Drachen! :wink:

Hallo,
vielen Dank für die schnellen und hilfreichen Antworten. Manchnal denke ich, die Mutter meines Freundes ist im wahrsten Sinne des Wortes einfach lebensmüde. Unsererseits damit umzugehen, sie zu integrieren, ohne selbst wahnsinnig unglücklich zu werden, fällt sehr schwer. Und so geht es auch anderen. Denn Freunde hat sie eigentlich keine mehr.

Toll,Günni,daß du so weit gekommen bist!!
Ich selbst habe die Diagnose noch nicht lang und versuche meinen Lieben nicht zu sehr auf die Nerven zu fallen.Aber wenn man gar nichts sagt ,meinen diese oft,mir gehts ja gut und nehmen gar keine Rücksicht mehr.Und manchmal gehts halt nicht ohne Hilfe!Ich fühle mich dann auch doof ,wenn ich sagen muß:mir gehts aber im Moment nicht sooo gut…

Hallo,
ja - das kann sein, daß sie derart depressiv ist, daß sie gefährdet ist… Gerade, wenn sie keine Freunde mehr hat.
aber das Gegenteil: daß sie derart verhätschelt wird, und unselbstständig umsorgt wird, daß sie jeden Schwund und jedes Selbstvertrauen verloren hat ?!
Oder daß sie heftig unter Fatigue leidet und einfach nur komplett erschöpft ist.

Welches sind denn diese 2 Fixpunkte, von denen Du sprichst ? zwischen denen sie pendelt ?