Habe seit 2004 Diagnose,alle MRTs bis jetzt(und es bleibt auch so-der Krankheit die Zunge rausstrecken-)positiv verlaufen,keine weiteren Entzündungsherde,spritze einmal wöchentlich AVONEX (Super!) trotzdem Wackelbeine und Kribbeln seit NEUESTEM ( 2 Monate).Wäre eine Kortisontherapie ratsam? Frage meine Ärztin natürlich auch aber zu der muss ich erst wieder im Oktober
D A N K E un viele Grüße
Hallo Konradia,
man gibt Cortison wenn es einen neuen Schub gibt um die Entzündungen einzudämmen, bzw. schneller zum Abklingen zu bringen. Bei neuen Symptomen, z.B. Wackelbeine und Kribbeln, wenn sie länger als 2 Tage anhalten sollte man sofort zum Neuro und dann sofort eine Cortisontherapie beginnen. Vermutlich hat sich das alles bereits erledigt, wenn Du im Oktober Deinen Termin hast. Geh beim nächsten Mal sofort zum Arzt. Wobei ich Dir wünsche, daß es kein nächstes Mal gibt. Viele Grüße und alles Gute Andrea
Hallo,
Kortison nur bei extremen Ausfällen oder Beschwerden, sonst nicht.
Ansonstenkannst Du Dich zusätzlich Ostheoporose einhandeln (trotz Hochdosistherapie). Wollen viele Neuros nicht wahrhaben.
Mfg
Uwe
Hallo zusammen, weiterhin haben auch verschiedene Untersuchungen (u.a. die Opticusneuritis Studie von Beck) gezeigt, daß Cortison “nur” (wenn überhaupt, und ich spreche da aus eigener Erfahrung…) zu einer schnelleren Rückbildung der Symptome führt, aber nicht zu einer besseren “Abheilung” wie ohne Cortison. Von daher sollte man sich immer fragen, ob Cortison wirklich notwendig ist. Von dem her schliesse ich mich meinem Vorredner an, nur bei wirklich schweren Ausfällen…
Grüsse,
Oliver
Hallo Oliver,
falls du die Studie mit dem Titel “The Effect of Corticosteroids for Acute Optic Neuritis on the Subsequent Development of Multiple Sclerosis” von Beck et al. meinst, die im Dezember 1993 im New England Journal of Medicine veröffentlicht wurde (siehe <a href=“http://content.nejm.org/cgi/content/full/329/24/1764”>http://content.nejm.org/cgi/content/full/329/24/1764</a>), kann ich darin nicht den Hinweis entdecken, dass Cortison nur zu einer besseren Abheilung führe, aber keinen langfristigen Effekt habe. Das Resultat für einen Zweijahreszeitraum liest sich dort im Gegenteil so:
"<i><u>Results</u> Definite multiple sclerosis developed within the first two years in 7.5 percent of the intravenous-methylprednisolone group (134 patients), 14.7 percent of the oral-prednisone group (129 patients), and 16.7 percent of the placebo group (126 patients). The adjusted rate ratio for the development of definite multiple sclerosis within two years in the intravenous-methylprednisolone group was 0.34 (95 percent confidence interval, 0.16 to 0.74) as compared with the placebo group and 0.38 (95 percent confidence interval, 0.17 to 0.83) as compared with the oral-prednisone group. The beneficial effect of the intravenous-steroid regimen appeared to lessen after the first two years of follow-up.
Signal abnormalities on magnetic resonance imaging (MRI) of the brain were a strong indication of risk for the development of definite multiple sclerosis (adjusted rate ratio in patients with three or more lesions, 5.53; 95 percent confidence interval, 2.41 to 12.66). The beneficial effect of treatment was most apparent in patients with abnormal MRI scans at entry.
<u>Conclusions</u> In patients with acute optic neuritis, treatment with a three-day course of high-dose intravenous methylprednisolone (followed by a short course of prednisone) reduces the rate of development of multiple sclerosis over a two-year period.</i>"
Man kann das auch an den zugehörigen Tabellen ganz gut ablesen.
<u>Baseline</u>: <a href=“http://content.nejm.org/cgi/content-nw/full/329/24/1764/T1”>http://content.nejm.org/cgi/content-nw/full/329/24/1764/T1</a>
<u>Definitive MS bzw. neue Sehnerventzündungen innerhalb von 2 Jahren</u>: <a href=“http://content.nejm.org/cgi/content-nw/full/329/24/1764/T2”>http://content.nejm.org/cgi/content-nw/full/329/24/1764/T2</a>
<u>Vergleich der definitiven MS-Diagnosen in den Gruppen</u>: <a href=“http://content.nejm.org/cgi/content-nw/full/329/24/1764/T3”>http://content.nejm.org/cgi/content-nw/full/329/24/1764/T3</a>
<u>Vergleich der Effekte der Gruppen</u>: <a href=“http://content.nejm.org/cgi/content-nw/full/329/24/1764/T4”>http://content.nejm.org/cgi/content-nw/full/329/24/1764/T4</a>
Was mich ein bißchen irritiert, ist, dass diese Studie von Beck et al. einen Vorzug einer Cortison-Schub-Therapie herausarbeitet (auch wenn die Indikatoren etwas schwachsinnig gewählt sind: Mich würde z. B. mehr interessieren, wie stark sich die Sehfähigkeit nach 2 Jahren zwischen den Gruppen unterschieden hat), während die Meta-Studien in der Cochrane-Datenbank zum Thema eher das nahelegen, was du sagst, Oliver: Kein oder kaum Effekt auf lange Sicht.
So heißt es etwa in der diesjährigen Meta-Analyse “Corticosteroids for treating optic neuritis” von Vedula et al. (siehe <a href=“http://www.mrw.interscience.wiley.com/cochrane/clsysrev/articles/CD001430/frame.html”>http://www.mrw.interscience.wiley.com/cochrane/clsysrev/articles/CD001430/frame.html</a>): “<i>There is no conclusive evidence of benefit in terms of recovery to normal visual acuity, visual field or contrast sensitivity with either intravenous or oral corticosteroids at the doses evaluated in trials included in this review.</i>”
Und in der im Jahr 2000 publizierten Meta-Analyse “Corticosteroids or ACTH for acute exacerbations in multiple sclerosis” von Filippini et al. (siehe <a href=“http://www.mrw.interscience.wiley.com/cochrane/clsysrev/articles/CD001331/frame.html”>http://www.mrw.interscience.wiley.com/cochrane/clsysrev/articles/CD001331/frame.html</a>) heißt es: “<i>We found evidence favouring the corticosteroid MP for acute exacerbation in MS patients. Data are insufficient to reliably estimate effect of corticosteroids on prevention of new exacerbations and reduction of long-term disability.
Studies assessing long term risk/benefit and adverse effects of corticosteroids in MS patients are urgently needed.</i>”
Ich hatte bislang durch diverse Bücher und Broschüren den Eindruck gewonnen, dass Cortison-Stöße die unbestrittene Akut-Therapie bei MS-Schüben darstellt, aber zumindest die Cochrane-Meta-Analysen lassen in mir die Frage aufkommen, ob das ganze überhaupt irgendwas bringt.
Meine Freundin hat mich darauf hingewiesen, dass sie schon häufiger im Netz und in Büchern auf Bezugnahmen auf die Opticusneuritis-Studie von Beck gestoßen ist, die den gleichen Tenor hatten wie Olivers. Ich habe deswegen mal im erstbesten hier rumliegenden Buch nachgeschaut. Und siehe da, es gibt wohl noch zwei weitere Veröffentlichung von Beck zu der Opticus Neuritis-Studie (bzw. sogar noch ein paar mehr, wenn man sich die References der Meta-Analyse von Vedula et al. anschaut, vgl. <a href=“http://www.mrw.interscience.wiley.com/cochrane/clsysrev/articles/CD001430/bibliography.html#CD001430-bbs2-0003”>http://www.mrw.interscience.wiley.com/cochrane/clsysrev/articles/CD001430/bibliography.html#CD001430-bbs2-0003</a>). Ich habe nämlich bei Wolfgang Weihe: Multiple Sklerose. Eine Einführung, Bad Zwesten 2007 auf den Seiten 155 und 156 einen kurzen Abschnitt zu dieser Studie gefunden, dessen Hauptergebnisse lauten würden:
"- Unter Cortison bilden sich die Sehstörungen schneller zurück.
- Das Ausmaß der Besserung war völlig unabhängig davon, ob die Patienten Cortison oder ein Scheinmedikament erhalten hatten."
Verwiesen wird bei Weihe einerseits auf die 1997 in Neurology erschienene Veröffentlichung “The 5-year risk of MS after optic neuritis: Experience of the Optic Neuritis Treatment Trial” der Optic Neuritis Study Group. Ein Abstract davon findet sich hier: <a href=“http://www.neurology.org/cgi/content/abstract/49/5/1404”>http://www.neurology.org/cgi/content/abstract/49/5/1404</a>. Dem Abstract ist nicht viel zu entnehmen, allerdings weist etwa dieser Satz darauf hin, dass sich die 2-Jahres-Ergebnisse aus der NEJM-Veröffentlichung, auf die ich im letzten Beitrag hinwies, nach 5 Jahren wohl anders dargestellt haben: “The 5-year cumulative probability of CDMS [= clinically definite multiple sclerosis] was 30% and did not differ by treatment group.” An den Volltext kommt man bei Neurology leider nicht ohne Bezahlung.
Andererseits wird auf eine 1992 im NEJM erschienene Veröffentlichung von Beck et al. mit dem Titel “A randomized controlled trial of corticosteroids in the treatment of acute optic neuritis” verwiesen, die vermutlich die wirklich interessanten Langzeiteffekte untersucht hat: Wie gut können die Probanden nach 2 Jahren sehen? Ich nehme an, dass das die Studie ist, die du meintest, Oliver. Das ist zumindest auch die Veröffentlichung des Optic Neuritis Treatment Trial, auf die sich die Cochrane-Meta-Analyse von Vedula et al. zentral bezieht. Leider geht der Online-Content des NEJM nur bis 1993 zurück, so dass ich momentan keinen Zugriff auf die Studie habe. Aber da ich heute eh in der Bibliothek bin, kann ich sie da vielleicht kopieren.
Wenn dem aber so ist, wie Weihe schreibt und auch wie Vedula et al. schreiben, dann verstehe ich nicht so recht, warum Cortison-Stöße so selbstverständlich empfohlen werden. Hochdosiertes Cortison ist ja auch eine ziemliche Belastung für den Körper. Und das nur, damit die Patienten sich kurzfristig etwas besser fühlen? Damit die Ärzte wenigstens so tun können als täten sie etwas, damit Krankenhausbetten belegt werden und Infusionen von der Kasse übernommen werden?
Zumindest die Beck-Studie ist ja schon über 10 Jahre alt. Da muss es doch auch andere Studien geben, die einen Langzeiteffekt von Cortison belegen, oder? Ich kann mir nicht so recht vorstellen, dass die ärztliche Praxis einfach ein gutes Jahrzent lang völlig an Studienergebnissen vorbei praktiziert.
Überhaupt: Weiß jemand, wie sich Cortison-Stöße als Standard-Akut-Therapie durchgesetzt haben? Da muss es doch auch irgendwelche Studien gegeben haben oder?
Um vielleicht nochmal kurz zu beleuchten, warum mich das gerade so interessiert: Bei meiner Freundin ist letzte Woche ein Kontroll-MRT gemacht worden, weil seit dem Erstschub ein gutes Vierteljahr rum ist. Der Verlauf war bisher eine Sehnerventzündung auf dem rechten Auge, Beginn so etwa Mitte April, die durch zwei Cortison-Stöße (5 mal 1000 mg und 5 mal 2000 mg plus Ausschleichen) jeweils nur kurzfristig etwas besser wurde, deren Symptome sich aber letztlich nicht zurückbildeten. Etwa in der 10. Woche nach Symptomauftreten, also nach den beiden Stoß-Therapien wurde eine Plasmapherese gemacht, die aber wirkungslos blieb, was vielleicht an der fortgeschrittenen Zeit lag. Der schlechte Zustand stagnierte daraufhin, abgesehen von Tagesschwankungen. Seit etwa 10 Tagen hat sie das vage Gefühl, dass das Sehen vielleicht sogar gerade noch schlechter wird als es sowieso die ganze Zeit über war. Das Kontroll-MRT Mitte letzter Woche scheint dieses Gefühl zu untermauern, zumindest meinte der MRT-Doc, dass wohl eine sehr leichte Entzündungsaktivität am Sehnerv zu sehen ist. Außerdem ist ein neuer kleiner Herd aufgetaucht, der vierte, womit die Diagnose MS dann wohl klinisch feststehen dürfte. Dummerweise ist ihre Neurologin gerade im Urlaub und der hiesige Klinik-Chefarzt hat sie die Tage vorm Wochenende trotz mehrmaliger Telefonate mit dessen Sekräterin und Zusagen von dieser letztlich wohl einfach ignoriert - wodurch Zeit verstrichen ist. Vielleicht lohnt sich schon deshalb keine Cortison-Therapie mehr, weil die Zeit so fortgeschritten ist. Meine Freundin möchte sie aber gerne machen, weil sie große Angst hat, dass das Sehen auf dem rechten Auge noch schlechter wird. Das kann ich zwar verstehen, bin aber doch ziemlich skeptisch, insbesondere wenn ich mir jetzt die oben genannten Studien anschaue. Womöglich belastet sie die Stoß-Therapie nur - ohne dass es etwas bringt. Womöglich behindert es sogar den Organismus, selber wieder in ein nicht-entzündliches Gleichgewicht zu gelangen (wobei die Studien das nun auch nicht hergeben). In den letzten 2 Wochen fallen ihr außerdem ziemlich viele Haare aus, was vermutlich daran liegt, dass die erste Stoß-Therapie jetzt ein Vierteljahr her ist. Es wird ja häufiger berichtet, dass ein Vierteljahr nach Stoß-Therapie bei einigen die Haare ausfallen. Das belastet sie mental ziemlich. Angesichts all dessen frage ich mich, ob sich angesichts all dessen eine Stoß-Therapie mit Cortison wirklich lohnt.
Insofern wäre ich sehr dankbar, wenn mir jemand inweise dazu geben könnte, welche Studien denn auf mittelfristige bis lange Sicht für Cortison sprechen - oder gibt’s solche gar nicht so wirklich?
Hallo Bert, erstmal vielen Dank für Deine umfangreiche Ausführung, das dürfte doch für viele hier sehr interessant sein. Im Wesentlichen hatte ich mich auch auf das Buch von Weihe (und das Statement darin) bezogen, und ein behandelnder Doc von mir hatte auch mal so etwas erwähnt (…). Daraufhin wollte ich auch Ende Mai eine angeratene Kortison-Stosstherapie (die dritte…) ablehnen (leide jetzt seit Januar an einer Sehnerventzündung rechts, die einfach nicht besser werden will…), wurde dann aber doch noch von den Docs “überzeugt”, es trotzdem zu tun (immer noch hohe Entzündungsaktivität im MRT zu sehen usw.), letztendlich hatte ich aber trotzdem das Gefühl, daß die im Krankenhaus einfach “erwas” tun wollten, ohne aber selbst davon überzeugt zu sein. Und btw, geholfen hat’s wieder nichts… Übrigens, nach meiner zweiten Stoss-therapie (vor Ostern) wurde es kurz danach (nach 2 Tagen) sogar wesentlich schlimmer, seitdem kann ich auf dem rechten Auge quasi nichts mehr sehen. Ob das nun wirklich irgendwie mit dem Kortison zusammenhängt, weis natürlihc niemand, aber komisch ist’s schon…
Um noch auf Deine letzte Frage zurückzukommen, ich persönlich kenn leider ekine Studie zum lngfristigen Nutzen von Kortison, würde mich aber auch interessieren, ob’s sowas tatsächlich gibt.
Viele Grüsse und Euch alles Gute,
Oliver
Ach ja, was ich noch hinzufügen wollte, eine Plasmapharese wurde bei mir auch gemacht (6x), direkt im Anschluss an die akute Verschlimmerung nach der 2. Korti-Therapie, hat leider auch nichts gebracht. Inzwischen bin ich auf Tysabri, in der Hoffnung so die “Zufuhr” von neuen Entzündungszellen/Leukozyten zu stoppen (durch schliessen der Blut-Hirn-Schranke, welche bei mir wohl ziemlich “offen” ist…) und damit die Entzündungsaktivität zu stoppen. Na ja, mal sehen… MS ist bei mir jetzt übrigens seit 3 MOnaten (so gut wie sicher) diagnostiziert. Ist jetzt aber ein wenig off-topic…
Hallo Oliver, danke für deine Antworten und dir auf jeden Fall auch alles Gute.
Wenn ich fragen darf: Wann hattest du denn deinen Erstschub?
Ich habe mich die letzten Tage mit ein paar Aufsätzen zum Thema Cortison auseinandergesetzt, hauptsächlich mit solchen, die sich auch auf Sehnerventzündungen konzentrieren. Ich werde mal versuchen, die interessantesten Aspekte daraus zu rekapitulieren. Vielleicht interessiert es dich oder andere ja. Ist selbstverständlich klar, dass es noch einen Haufen weiterer Aufsätze zum Thema gibt, die ich mir nicht angeschaut habe, aber die Aufsätze von der Optic Neuritis Study Group unter der Leitung von Beck scheinen zumindest das Beste zu sein, was es in puncto Cortison-Behandlung bei Sehnerventzündung gibt. Diese Aufsätze werten eine randomisierte, placebokontrollierte, multizentrische, weitgehend doppelblinde US-Studie mit 457 Probanden in 3 Armen aus bzw. die Nachfolgeuntersuchungen zu dieser Studie nach bis jetzt 3, 5 und 10 Jahren (1. Arm: Placebo, 2. Arm: 3 Tage lang alle 6 Stunden 250 mg <a href=“http://de.wikipedia.org/wiki/Methylprednisolon”>Methylprednisolon</a> intravenös, danach 11 Tage lang 1 mg <a href=“http://de.wikipedia.org/wiki/Prednison”>Prednison</a> pro kg Körpergewicht oral, 3. Arm: 14 Tage lang 1 mg <a href=“http://de.wikipedia.org/wiki/Prednison”>Prednison</a> pro kg Körpergewicht oral - diesen 3. Arm werde ich im Weiteren ignorieren, weil er gegenüber Placebo-Arm schlechter abgeschnitten hat, im Zweifelsfall ausschließlich orale Cortison-Behandlung also eher schadet als nützt, obgleich die Studie 1999 von Sellebjerg et al. erschienene Studie “A randomized, controlled trial of oral high-dose methylprednisolone in acute optic neuritis” (Abstract: <a href=“http://www.neurology.org/cgi/content/abstract/52/7/1479”>http://www.neurology.org/cgi/content/abstract/52/7/1479</a>) da ein wenig andere Ergebnisse zutage fördert). Im Prinzip verfolgen die Aufsätze der Optic Neuritis Study Group zwei verschiedene Fragestellungen: 1. Hilft Cortison gegen Sehnerventzündungen? 2. Mit welcher Wahrscheinlichkeit ist eine Sehnerventzündung Symptom einer MS bzw. wieviele Menschen mit Sehnerventzündungen entwickeln keine klinische MS? Diese zweite Fragestellung ist für das Thema Cortison im Wesentlichen irrelevant und entsprechend werde ich nicht sehr viel zu den Aufsätzen sagen, die sich vor allem darum drehen.
Neben den Aufsätzen von der Optic Neuritis Study Group habe ich mir noch ein paar weitere Aufsätze angeschaut, unter anderem den Abstract eines Aufsatzes, der von einer Phase-II-Studie berichtet, in der Cortison alle 4 Monate gegeben wurde: “Effects of IV methylprednisolone on brain atrophy in relapsing-remitting MS” (<a href=“http://www.neurology.org/cgi/content/abstract/57/7/1239”>http://www.neurology.org/cgi/content/abstract/57/7/1239</a>) von Zivadinov et al. im Jahr 2001. Während die Studie der Optic Neuritis Study Group sich für die Langzeit-Auswirkungen eines einmaligen Cortison-Stoßes noch nach 3 Jahren interessiert, konzentrieren sich Zivadinov et al. auf die Langzeit-Wirksamkeit von regelmäßigen Cortison-Stößen alle 4 Monate.
Quintessenz vorweg
Kurzfristig scheint die Behandlung einer Sehnerventzündung mit einem intravenösen Cortison-Stoß maximal 30 % der Patienten (aber im Durchschnitt deutlich weniger, eher so 5 bis 10 %) innerhalb der ersten 4 Monate nach Behandlung etwas zu nutzen, gemessen an der Wiederherstellung der normalen Sehfähigkeit. Es gibt aber auch Studien, die einen solchen Zusammenhang eher bezweifeln und die Behandlung mit intravenösem Cortison auch kurzfristig als wirkungslos betrachten. Nach 4 Monaten sind keine großen Unterschiede zwischen intravenösem Cortison und Placebo zu beobachten.
Desweiteren kann das Auftreten einer klinisch gesicherten MS innerhalb der ersten zwei Jahre nach Cortison-Stoß verringert werden, allerdings auch nur für einen relativ kleinen Teil der Probanden.
Außerdem gibt es Hinweise darauf, dass eine regelmäßige Cortison-Stoßtherapie 3 bzw. 2 mal im Jahr schwarze Löcher und Behinderungszunahme verhindert, verglichen mit einer Gruppe, die nur bei Schüben intravenöses Methylprednisolon bekamen.
Hilft Cortison kurzfristig bei Sehnervenzündung?
Die Studie der Optic Neuritis Study Group belegt in dem Aufsatz “A randomized, controlled trial of corticosteroids in the treatment of acute optic neuritis” von 1992 (Abstract: <a href=“http://content.nejm.org/cgi/content/abstract/326/9/581”>http://content.nejm.org/cgi/content/abstract/326/9/581</a>) einen schnelleren Rückgang der Entzündungsaktivitäten unter intravenösem Methylprednisolon anhand der 3 Indikatoren Sehschärfe, Kontrastsensitivität und Gesichtsfeld. Die Unterschiede der Messdaten zwischen Methylprednisolon-Arm und Placebo-Arm seien am 4. und 15. Tag nach Studienbeginn am größten gewesen, wobei dazu keine quantitativen Angaben im Aufsatz zu finden sind. Quantitativ näher beleuchtet wird der Rückgang der 3 Indikatoren zum Normalzustand. Dies stellt sich so dar:
Schema:
- Spalte: Tag seit Studienbeginn
- Spalte: Anzahl der Probanden in der Wirkgruppe, die NICHT zum Normalzustand zurückgekehrt sind (in Klammern: prozentualer Anteil, gemessen an allen Probanden dieser Gruppe)
- Spalte: Anzahl der Probanden in der Wirkgruppe, die zum Normalzustand zurückgekehrt sind (in Klammern: prozentualer Anteil, gemessen an allen Probanden dieser Gruppe)
- Spalte: Anzahl der Probanden in der Placebogruppe, die NICHT zum Normalzustand zurückgekehrt sind (in Klammern: prozentualer Anteil, gemessen an allen Probanden dieser Gruppe)
- Spalte: Anzahl der Probanden in der Placebogruppe, die zum Normalzustand zurückgekehrt sind (in Klammern: prozentualer Anteil, gemessen an allen Probanden dieser Gruppe)
- Spalte: Prozentsatz der Probanden der Wirkgruppe, die zum Normalzustand zurückgekehrt sind (Spalte 3) minus Prozentsatz der Probanden der Placebogruppe, die zum Normalzustand zurückgekehrt sind (Spalte 5)
- Spalte: Prozentsatz der Probanden der Wirkgruppe, die zum Normalzustand zurückgekehrt sind (Spalte 3) geteilt durch den Prozentsatz der Probanden der Placebogruppe, die zum Normalzustand zurückgekehrt sind (Spalte 5)
Sehschärfe
Tag—Methylprednisolon---------Placebo-------------------Differenz—Verhältnis
–0—151(100,0%)----0-(0,0%)—150(100,0%)----0-(0,0%)-------------------------
–4—149-(98,7%)----2-(1,3%)—146-(97,3%)----4-(2,7%)-----(-1,4%)---------0,50
-15—141-(93,4%)—10-(6,6%)—136-(90,7%)—14-(9,3%)-----(-2,7%)---------0,71
-30—112-(74,2%)—39(25,8%)—125-(83,3%)—25(16,7%)------(9.1%)---------1,55
-49----96-(63,6%)—55(36,4%)—113-(75,3%)—37(24,7%)-----(11,7%)---------1,48
-91----75-(49,7%)—76(50,3%)----82-(54,7%)—68(45,3%)------(5,0%)---------1,11
133----66-(43,7%)—85(56,3%)----71-(47,3%)—79(52,7%)------(3,6%)---------1,07
180----58-(38,4%)—93(61,6%)----65-(43,3%)—85(56,7%)------(4,9%)---------1,09
Kontrastsensitivität
Tag—Methylprednisolon---------Placebo-------------------Differenz—Verhältnis
–0—151(100,0%)----0-(0,0%)—150(100,0%)----0-(0,0%)-------------------------
–4—147-(97,4%)----4-(2,6%)—144-(96,0%)----6-(4,0%)-----(-1,6%)---------0,66
-15—140-(92,7%)—11-(7,3%)—139-(92,7%)—11-(7,3%)------(0,0%)---------0,99
-30—118-(78,1%)—33(21,9%)—130-(86,7%)—20(13,3%)------(8,6%)---------1,64
-49----96-(63,6%)—55(36,4%)—113-(75,3%)—37(24,7%)-----(11,7%)---------1,48
-91----84-(55,6%)—67(44,4%)----96-(64,0%)—54(36,0%)------(8,4%)---------1,23
133----72-(47,7%)—79(52,3%)----78-(52,0%)—72(48,0%)------(4,3%)---------1,09
180----57-(37,7%)—94(62,3%)----67-(44,7%)—83(55,3%)------(7,0%)---------1,13
Gesichtsfeld
Tag—Methylprednisolon----------Placebo-------------------Differenz—Verhältnis
–0—151(100,0%)-----0-(0,0%)—149(99,3%)-----1-(0,7%)-----(-0,7%)---------0,00
–4—148-(98,0%)-----3-(2,0%)—144(96,0%)-----6-(4,0%)-----(-2,0%)---------0,50
-15—125-(82,8%)----26(17,2%)—137(91,3%)----13-(8,7%)------(8,5%)---------1,99
-30----75-(49,7%)----76(50,3%)—119(79,3%)----31(20,7%)-----(29,6%)---------2,44
-49----60-(39,7%)----91(60,3%)----85(56,7%)----65(43,3%)-----(17,0%)---------1,39
-91----48-(31,8%)—103(68,2%)----56(37,3%)----94(62,7%)------(5,5%)---------1,09
133----36-(23,8%)—115(76,2%)----48(32,0%)—102(68,0%)------(8,2%)---------1,12
180----30-(19,9%)—121(80,1%)----39(26,0%)—111(74,0%)------(6,1%)---------1,08
Am interessantesten zu interpretieren ist dabei m. E. die Spalte 6: Differenz. Sie gibt an, wieviel Prozent der Probanden von der Cortison-Stoßtherapie gegenüber Placebo profitiert haben - wobei profitieren hierbei heißt: schneller zum Normalzustand zurückzukehren als dies vermutlich unter Placebo passiert wäre. Zwar zeichnet sich eindeutig ein Effekt ab, allerdings profitieren mehr als 8 % der Probanden in puncto Sehschärfe nur an den Tagen 30 und 49, in puncto Kontrastsensitivität an den Tagen 30, 49 und 91 und in puncto Gesichtsfeld an den Tagen 15, 30, 49 und 133. Daraus könnte man folgenden Schluss ziehen: Die Behandlung mit intravenösem Methylprednisolon bei akuter Sehnerventzündung verhilft teilweise zwischen 8 und 30 % (eher 8 als 30) der Probanden zwischen dem 15. Tag und etwa dem 4. Monat zu einer Wiederkehr des Normalzustands, der sonst erst später eingetreten wäre.
Ich will das nicht herunterspielen, wenn man fast blind ist, ist man sicherlich dankbar, wenn das Cortison einen wieder sehen lässt. Richtig überzeugend sind diese Daten allerdings auch nicht unbedingt, da der überwiegende Großteil der Probanden gar nicht von einer Behandlung profitiert und das Profitieren auch “nur” darin besteht, früher zum Normalzustand zurückzukehren.
Sehr interessant finde ich folgenden Absatz aus der Studie: “Die Zahl der Probanden in jeder Gruppe, die ein schlechtes visuelles Ergebnis hatten, war ähnlich. Nach 6 Monaten hatten nur 9 Probanden (6,0 %) in der intravenösen Methylprednisolone-Gruppe, 11 Probanen (7,1 %) in der oralen Prednison-Gruppe und 8 Probanden (5,3 %) in der Placebo-Gruppe einen Visus/eine Sehschärfe von 0,4 oder schlechter.” (Übersetzung von mir, Original: “The number of patients in each group who had a poor visual outcome was similar. At six months only 9 patients (6.0 percent) in the intravenous-methylprednisolone group, 11 (7.1 percent) in the oral-prednisone group, and 8 (5.3 percent) in the placebo group had visual acuity of 20/50 or worse.”)
Daraus könnte man die Vermutung ableiten, dass diejenigen, die eine sehr hartnäckige Sehnerventzündung haben, von einer Cortison-Stoßtherapie gar nicht profitieren. Allerdings sind die Zahlen dafür wohl etwas mickrig - dafür müsste es dann wahrscheinlich erstmal eine eigene Studie mit einer wesentlichen größeren Probandenzahl geben. Dennoch finde ich das mit Blick auf meine Freundin sehr interessant. Und dich wird das vermutlich auch interessieren, Oliver.
Alle anderen Indikatoren, die in dem Aufsatz diskutiert werden, legen nur eine sehr geringfügige Verbesserung durch Cortison nahe, so profitieren von Cortison gegenüber Placebo etwa nur Probanden im niedrigen einstelligen Prozentbereich hinsichtlich der Frage, ob es zu erneuten Sehnerventzündungen kam.
Eine weitere interessante Passage ist m. E. diese: “Obwohl unsere Studie nicht dafür designt war, die Effekte der Behandlung in Untergruppen auszuwerten, glauben wir, dass die Behandlung einer Sehnerventzündung das Sehen nicht positiv beeiflußt, wenn der Visus/die Sehschärfe 0,5 oder besser ist, vorausgesetzt der Gesichtsfeld-Verlust ist gering.” (Übersetzung von mir, Original: “Although our study was not designed to evaluate the effects of treatment in subgroups, we believe that treating optic neuritis does not benefit vision if visual acuity is 20/40 or better, assuming that visiual-field loss is slight.”)
Hilft eine einmalige Cortison-Stoßtherapie mittel- oder langfristig bei Sehnervenzündung?
Vorweg sei gesagt, dass es wohl etwas übertrieben ist, von einem einmaligen Cortison-Stoß noch nach Jahren eine Verbesserung gegenüber Placebo zu erwarten. Von einer einmaligen Infusion mit Tysabri oder Spritze mit Avonex würde das wohl auch niemand erwarten. Andererseits ist die Frage schon die, ob eine Cortison-Therapie Schlimmeres verhindert und insofern tatsächlich durch ein einmaliges vehementes Eingreifen in den Krankheitsverlauf, das ein Cortison-Stoß ja darstellt, auch auf lange Sicht etwas rettet. In den Aufsätzen der Optic Neuritis Study Group, die ich mir angeschaut habe, habe ich keinen Hinweis darauf finden können, dass die weiteren Behandlungen mit Medikamenten in irgendeiner Weise von den Forschern kontrolliert wurden. Das finde ich problematisch. Man kann zwar einfach annehmen, dass weitere Cortison-Stoßtherapien bei akuten Schüben und Basistherapien in den 3 Armen sich qua Zufallsgesetz einfach gleichverteilt haben und deshalb keine wichtigen Indikatoren sind. Das ist aber nur eine Unterstellung. Vielleicht haben die Cortison-Probanden auch nach dem untersuchten Schub z. B. deutlich mehr Cortison-Stöße bekommen als die Placebo-Gruppe - zumal die intravenös behandelte Gruppe aus ethischen Gründen nur unzureichend verblindet wurde. Man kann also ganz grundsätzlich an der Aussagekraft der langfristigen Daten der Optic Neuritis Study zweifeln, ganz abgesehen von den Zweifeln, die allen Statistiken grundsätzlich anhängen.
Die in meinem vorletzten Beitrag erwähnte, diesjährige Meta-Analyse von Vedula et. al “Corticosteroids for treating optic neuritis” (siehe <a href=“http://www.mrw.interscience.wiley.com/cochrane/clsysrev/articles/CD001430/abstract.html”>http://www.mrw.interscience.wiley.com/cochrane/clsysrev/articles/CD001430/abstract.html</a>), an der übrigens wiederum Beck von der Optic Neuritis Study Group mitgeschrieben hat, sagt relativ eindeutig: Nein, eine einmalige Cortison-Stoßtherapie hat nach einem halben Jahr keinen relevanten Effekt auf die Sehfähigkeit! Ohne auf die Details einzugehen, heißt die zentrale Stelle im Wortlaut: “Es gibt keinen schlüssigen Beweis des Nutzens ausgedrückt in der Rückkehr zur normalen Sehschärfe, zum normalen Gesichtsfeld oder zur normalen Kontrastschärfe weder von intravenösen noch oralen Corticosteroiden in den Dosen, die in den in diesem Bericht aufgeführten Studien getestet wurden. Entweder keine Behandlung oder Behandlung mit intravenösen Corticosteroiden gefolgt von oralen Corticosteroiden ist angebracht; intravenöse Corticosteroide können dem Patienten nutzen, indem sie die Genesung beschleunigen, ausgedrückt in normaler Sehfähigkeit.” (Übersetzung von mir, Original: “There is no conclusive evidence of benefit in terms of return to normal visual acuity, visual field or contrast sensitivity with either intravenous or oral corticosteroids at the doses evaluated by trials included in this review. Either no treatment or treatment with intravenous corticosteroid therapy followed by oral corticosteroids is appropriate; intravenous corticosteroids may benefit the patient in terms of faster recovery to normal vision.”)
Die Empfehlung wird also nur wegen des Kurzzeiteffekts ausgesprochen. Ausgewertet wurden vor allem 6-Monatsdaten.
Ebenfalls 6-Monatsdaten wertet die aus dem Jahr 1997 stammende Studie “Effects of intravenous methylprednisolone on outcome in MRI-based prognostic subgroups in acute optic neuritis” von Kapoor et al. aus (Abstract: <a href=“http://www.neurology.org/cgi/content/abstract/50/1/230”>http://www.neurology.org/cgi/content/abstract/50/1/230</a>), die sich anhand von 66 Probanden mit der Frage befasst, ob die Länge der Läsionen bei Sehnerventzündung von der Behandlung mit 3-tägigem intravenösen Methylprednisolon abhängt. Es gibt eine Gruppe mit langen und eine mit kurzen Läsionen, beide sind nochmal unterteilt in Wirk- und Placebogruppe. Die Probandenzahl ist nicht gerade gewaltig, das Ergebnis liefert jedenfalls keinen Effekt nach einem halben Jahr: “Behandlung begrenzte die Läsionslänge weder in der Gruppe mit langen noch in der mit kurzen Läsionen und hatte keinen signifkanten Effekt auf die endgültige Sehfähigkeit. Wir schließen daraus, dass Steroide die Sehfähigkeit oder die Läsionslänge bei Patienten mit Sehnerventzündung nicht verbessern.” (Übersetzung von mir, Original: “Treatment did not limit lesion length in either the long or short lesion subgroup and had no significant effect on final visual outcome. We conclude that steroids do not improve visual outcome or lesion length in patients with acute optic neuritis.”)
Einen ähnlichen Untersuchungsansatz verfolgt der im Jahr 2003 veröffentlichte Aufsatz “Corticosteroids do not prevent optic nerve atrophy following optic neuritis” von Hickman et al. (siehe <a href=“http://jnnp.bmj.com/cgi/content/full/jnnp;74/8/1139”>http://jnnp.bmj.com/cgi/content/full/jnnp;74/8/1139</a>), für den ebenfalls Nervengewebe qua MRT untersucht wurde, ebenfalls 66 Probanden unterteilt in intravenöse Methylprednisolon-Gruppe und Placebogruppe. Die Schlußfolgerung lautet hier: “Es gibt keinen Beleg durch diese Daten, dass eine Gabe von intravenösem Methylprednisolon die auf eine Sehnerventzündung folgende Gewebeverkümmerung des Sehnervs auf kurze Sicht verhindert. Dies stimmt mit dem Fehlen eines funktionalen Langzeitnutzens als Resultat der Gabe von intravenösem Methylprednisolon, das sowohl in dieser als auch in anderen Studien gesehen wurde.” (Übersetzung von mir, Original: “There is no evidence from these data that a course of IVMP prevents the short term development of optic nerve atrophy following acute optic neuritis. This is consistent with the lack of long term functional benefit seen as a result of IVMP in both this and other studies.”)
Wobei die “kurze Sicht” hier wieder ein 6-Monatsergebnis meint, somit etwas, dass ich eher als mittelfristig bezeichnen würde.
Ich hatte oben in Bezug auf den 1992 erschienen Aufsatz der Optic Neuritis Study Group geschrieben: “Alle anderen Indikatoren, die in dem Aufsatz diskutiert werden, legen nur eine sehr geringfügige Verbesserung durch Cortison nahe, so profitieren von Cortison gegenüber Placebo etwa nur Probanden im niedrigen einstelligen Prozentbereich hinsichtlich der Frage, ob es zu erneuten Sehnerventzündungen kam.” Dies ist insofern etwas merkwürdig als es ja in dem 1993er Aufsatz der Optic Neuritis Study Group, auf den ich in meinem vorletzten Beitrag ausführlich eingegangen war (siehe Artikel im NEJM: <a href=“http://content.nejm.org/cgi/content/full/329/24/1764”>http://content.nejm.org/cgi/content/full/329/24/1764</a> bzw. Abstract dort: <a href=“http://content.nejm.org/cgi/content/abstract/329/24/1764”>http://content.nejm.org/cgi/content/abstract/329/24/1764</a>) diese Folgerung/Conclusion gab: “Bei Patienten mit akuter Sehnerventzündung reduziert eine 3-Tages-Gabe von hochdosiertem intravenösem Methylprednisolon (gefolgt von einer kurzen Gabe von Prednison) die Rate der Entwicklung einer Multiplen Sklerose über eine Zweijahres-Periode hinweg.” (Übersetzung von mir, Original: “In patients with acute optic neuritis, treatment with a three-day course of high-dose intravenous methylprednisolone (followed by a short course of prednisone) reduces the rate of development of multiple sclerosis over a two-year period.”)
Dies ist am besten an diesem Graphen abzusehen: <a href=“http://content.nejm.org/cgi/content-nw/full/329/24/1764/F1”>http://content.nejm.org/cgi/content-nw/full/329/24/1764/F1</a>. Daraus lässt sich wohl nur der Schluss ziehen, dass die klinisch gesicherte MS-Diagnose nach den Poser-Kriterien - unabhängig von dem erneuten Auftreten von Sehnerventzündungen (das ja mehr oder weniger gleich war in den Gruppen) - in der Methylprednisolon-Gruppe geringer war als in der Placebo-Gruppe - wenn auch nicht übermäßig viel geringer.
In dem Aufsatz zu den 5-Jahres-Ergebnissen der Optic Neuritis Study (Abstract: <a href=“http://www.neurology.org/cgi/content/abstract/49/5/1404”>http://www.neurology.org/cgi/content/abstract/49/5/1404</a>) heißt es: “Es gab keine bedeutenden Unterschiede zwischen den Behandlungsgruppen, weder in der Rate der Entwicklung von klinisch gesicherter MS noch im Grad der neurologischen Behinderung bei jenen Patienten, die klinisch gesicherte MS innerhalb der 5 Jahre seit Studienbeginn entwickelt hatten. Die beobachtete verringerte Zweijahresrate von klinisch gesicherter MS bei Patienten in der Methylprednisolon-Gruppe, die wir vorher berichtet hatten, verringerte sich im dritten Jahr. Wie in einer seperate Publikation besprochen, glauben wir, dass diese vorübergehende Verringerung der Rate der Entwicklung von klinisch gesicherter MS ein realer Effekt der intravenösen Corticosteroidbehandlung war und wahrscheinlich nicht auf Messfehler, Verwirrung oder Zufall zurückzuführen ist.” (Übersetzung von mir, Original: “There were no significant differences among treatment groups in either the rate of development of CDMS or in the degree of neurologic disability among those patients who had developed CDMS at the end of 5 years of follow-up. The observed, decreased 2-year rate of CDMS in patients treated with intravenous followed by oral corticosteroids, which we had previously reported, abated in the third year of follow-up. As discussed in a seperate publication, we believe that this transient reduction in the rate of development of CDMS was a real effect of intravenous corticosteroid treatment and unlikely to be due to bias, confounding or chance.”)
Eine klinisch gesicherte MS kann also anscheinend durch Cortison verzögert werden. Mich würde diese separate Publikation sehr interessieren, in der sie begründen, warum das ein echter Effekt sein soll (Abstract: <a href=“http://archopht.ama-assn.org/cgi/content/abstract/115/12/1545”>http://archopht.ama-assn.org/cgi/content/abstract/115/12/1545</a>), allerdings sehe ich gerade nicht, wie ich da unproblematisch rankommen könnte.
Zu diesem Zusammenhang und mit Verweis auf verschiedene Veröffentlichungen der Optic Neuritis Study Group heißt es in Schmidt, Hoffmann (Hrsg.): Multiple Sklerose, Urban & Fischer Verlag, München 2006 auf Seite 251f.: “Die Optikusneuritis-Studie zeigte, dass die intravenöse Hochdosistherapie mit Methylprednisolon das Risiko reduziert, innerhalb von 2 Jahren eine klinisch gesicherte MS zu entwickeln. Zwar war das Risiko, nach Hochdosistherapie innerhalb von 3 Jahren eine klinisch gesicherte MS zu entwickeln, nicht mehr signifikant reduziert, dennoch kann von einer Verzögerung der Entwicklung einer MS ausgegangen werden. Dieses Hinauszögern weiterer Schübe kann als Argument für eine frühe und nicht zu strenge Indikationsstellung zur Methylprednisolon-Pulstherapie gesehen werden. Insgesamt kann man sogar postulieren, dass durch hochdosierte Glukokortikoid-Pulstherapien nicht nur eine Besserung akuter Schubsymptome erreicht werden kann, sondern auch eine positive Beeinflussung des weiteren Krankheitsverlaufes. Die Tatsache, dass der Effekt einer einmaligen IVMP-Pulstherapie noch nach zwei, aber nicht mehr nach drei Jahren nachweisbar ist, spricht eher für die Notwendigkeit einer Wiederholung in engeren Zeitintervallen als für einen therapeutischen Nihilismus.” Dies leitet über zu der Frage, ob regelmäßige Cortison-Stöße vielleicht besser sind als nur ein einziger bei einem einmaligen Schub.
Doch vorher sei noch kurz gesagt: Die Aufsätze der Optic Neuritis Study Group nach 10 Jahren (“High- and Low-Risk Profiles for the Development of Multiple Sclerosis Within 10 Years After Optic Neuritis”, siehe <a href=“http://archopht.ama-assn.org/cgi/content/full/121/7/944”>http://archopht.ama-assn.org/cgi/content/full/121/7/944</a> und “Visual function more than 10 years after optic neuritis: experience of the optic neuritis treatment trial”, Abstract: <a href=“http://www.ajo.com/article/PIIS0002939403008626/abstract”>http://www.ajo.com/article/PIIS0002939403008626/abstract</a>) gehen dann (verständlicherweise nach so langer Zeit) gar nicht mehr auf Cortison ein, sondern zeigen sich eher an Langzeitindikatoren für die Entwicklung einer klinischen MS und deren Auswirkungen auf die Sehfähigkeit interessiert.
Hilft eine mehrmalige Cortison-Stoßtherapie mittel- oder langfristig?
Die oben schon erwähnte Studie “Effects of IV methylprednisolone on brain atrophy in relapsing-remitting MS” (<a href=“http://www.neurology.org/cgi/content/abstract/57/7/1239”>http://www.neurology.org/cgi/content/abstract/57/7/1239</a>) von Zivadinov et al. im Jahr 2001 hat die Wirkgruppe 3 Jahre lang alle 4 Monate und danach 2 Jahre lang alle 6 Monate mit intravenösem Methylprednisolone behandelt (jeweils 5 Tage lang je ein Gramm), die Kontrollgruppe erhielt das Medikament nur bei akuten Schüben, insgesamt gab es 88 Probanden, von denen 81 die Studie beendeten. Das Ergebnis liest sich so: “Durchschnittliche Veränderung im Volumen T1-gewichteter schwarzer Löcher sprach für die regelmäßige Stoßtherapie, genauso wie das durchschnittliche Gehirngewebevolumen. Es gab keinen signifikanten Unterschied zwischen den Gruppen hinsichtlich der Veränderungen des T2-gewichteten Volumens oder der jährlichen Schubrate während der Studie. Allerdings gab es in der Kontrollgruppe einen signifikanten Anstieg der EDSS-Werte (also eine Verschlechterung der Behinderung). Es gab eine 32,2 prozentige Verringerung der Wahrscheinlichkeit eines Anstiegs des EDSS-Werts in der Behandlungsgruppe gegenüber der Kontrollgruppe. Am Ende der Studie waren die EDSS-Werte besser in der Behandlungsgruppe (1,7 gegenüber 3,4). Verlängerte Behandlung mit regelmäßigem intravenösen Methylprednisolon war sicher und gut verträglich; nur zwei Probanden verließen innerhalb von 5 Jahren die Studie wegen giftiger Nebeneffekte. Folgerungen: Bei Patienten mit schubförmig-remittierender MS bewirkt eine regelmäßige intravenöse Methylprednisolon-Behandlung eine langsamere Entwicklung von T1-gewichteten schwarzen Löchern, verhindert oder verzögert Gewebeverkümmerung im gesamten Gehirn und verhindert oder verzögert das Fortschreiten einer Behinderungszunahme. Eine Phase-III-Studie über regelmäßiges intravenöses Methylprednisolon ist berechtigt.” (Übersetzung von mir, Original: “Mean change in T1 black hole volume favored pulsed IVMP therapy (+1.3 vs +5.2 mL; p < 0.0001), as did mean change in brain parenchymal volume (+2.6 vs -74.5 mL; p = 0.003). There was no significant difference between treatment arms in the change in T2 volume or annual relapse rate during the study. However, there was significantly more EDSS score worsening in the control group, receiving IVMP only for relapses. There was a 32.2% reduction (p 0.0001) in the probability of sustained EDSS score worsening in the pulsed MP arm compared with the relapse treatment arm. At the end of the study, EDSS was better in the pulsed MP group (1.7 vs 3.4; p < 0.0001). Prolonged treatment with pulsed IVMP was safe and well tolerated; only two patients dropped out for toxic side effects over 5 years. Conclusions: In patients with RR-MS, treatment with pulses of IVMP slows development of T1 black holes, prevents or delays whole-brain atrophy, and prevents or delays disability progression. A phase III study of IVMP pulses is warranted.”)
Weil 88 Probanden nicht so wahnsinnig viel sind, wurde mit Bezug auf diesen Aufsatz 2004 eine Phase-III-Studie entsprechend gefordert, siehe <a href=“http://archneur.ama-assn.org/cgi/content/extract/61/7/1148”>http://archneur.ama-assn.org/cgi/content/extract/61/7/1148</a>. Ich habe eine solche Studie bei <a href=“http://clinicaltrials.gov/ct”>http://clinicaltrials.gov/ct</a> nicht finden können.
Außerdem habe ich irgendwo gelesen, dass Cortison nicht regelmäßig genommen werden sollte, da es auf Dauer gesundheitsschädlich ist. Ich bin mir nicht sicher, ob der auch nicht wirklich berauschende Effekt in der Zivacinov-Studie ein solches Gesundheitsrisiko rechtfertigt.
Ich hoffe, dieser ausführliche und gleichzeitig natürlich sehr beschränkte Recherchebericht ist für jemanden aufschlussreich.
Hallo Bert,
I’m deeply impressed, wirklich! Das scheint ja schon eine ganze Diplomarbeit zu sein. Respekt! Ich werde mir das Ganze mla ausdrucken und in Ruhe lesen, am Bildschirm machen meine Augen nicht immer so mit… Zu Deiner Frage: mein Erstschub war quasi die Sehnerventzündung rechts (also Januar 2007), zusammen mit einer beidseitigen (homonymen) Gesichtsfeldeinschränkung nach links, diese ist wohl bedingt durch eine Läsion hinter dem Chiasma. In diesem Zuge wurden dann auch Narben älterer Entzündungen gefunden, von denen ich aber wohl nichts bemerkt hatte… Es gibt noch wenige weitere kleine Läsionen, was dann meine Ärzte erstmal zu dem Schluss MS gebracht hat (ganz am Anfang hatten sie mir noch was von ADEM erzählt, wäre mir auch wesentlich angenehmer gewesen…). Ich habe noch etwas vergessen zu erwähnen: Gleich im Januar habe ich nach der ersten Korti-Therapie (die nichts gebracht hatte) noch Immunglobuline (ivIG) bekommen, und die haben dann wirklich eine gewisse Besserung innerhalb kürzester Zeit gebracht, so das ich wenigstens wieder einigermassen lesen konnte (was anfänglich gar nicht drin war), nur der Vollständigkeit halber…
Bis dann,
Oliver
Danke für die Blumen. Aber eine Diplomarbeit war’s ja nun nicht, nur das Resultat einer dreitägigen Beschäftigung damit …
Kennst du denn Leute, bei denen sich die Sehnerventzündungs-Symptome auch nicht zurückgebildet haben? Meine Freundin ist darüber ziemlich deprimiert, nicht nur, weil es sowieso scheiße ist, so mies zu sehen, sondern auch, weil man überall eigentlich nur hört, dass sich die Sehnerventzündungen in der Regel wieder schnell zurückbilden. Bis jetzt haben wir jedenfalls noch von niemandem gehört, bei dem es nach dem ersten Schub nicht wieder besser geworden ist. Und die Ärzte zucken immer nur mit den Schultern: Ist halt Pech, sagt aber auch nichts über den weiteren Verlauf aus. Und nach nunmehr gut 4 Monaten gibt es wohl auch keinen Anlass mehr, auf vollständige Wiederkehr der Sehfähigkeit zu hoffen. Aber wem erzähl ich das? Dich scheint es da ja noch etwas heftiger getroffen zu haben. Bei meiner Freundin schwankt der Visus so zwischen 50 und 80, wobei sie meint, dass das nicht besonders viel aussagt, da sie im Alltag sich nahezu blind auf dem Auge fühlt.
Naja, alles Gute,
Bert
Ne, kenne leider sonst auch niemanden mit dem gleichen Problem. Bert, sicherlich sind 4 (bzw. 7) Monate eine lange Zeit, in welcher der Sehnerv wahrscheinlich auch einen bleibenden Schaden genommen hat. Aber trotzdem denke ich sollte man die Hoffnung nie aufgeben, der menschliche Körper ist oftmals im Stande, mehr zu leisten wie man denkt (in punkto “Reparatur”). Und, der Prof in der Augenklinik hat mir gesagt, dass er schon Patienten mit einer fast komplett weissen Papille (aufgrund von Sehnerventzündungen) hatte, die aber trotzdem (wieder) einen Visus von 1,0 hatten.
Und nicht vergessen: lt. Weihe hat eine MS, welche mit Sehstörungen/Sehnerventzündungen beginnt, eine günstige Prognose. Mit viel Idealismus kann man also selbst einer Sehnerventzündung positives abgewinnen… (wenn man denn an solche “Prognosen” glaubt…)
Wünsch euch auf jeden Fall das Beste.
Hallo,
@Bert, im neuen Amsel-Heft “together” ist ein Artikel speziell über Sehnerv-Entzündung. Genaueres unter http://www.uveitiszentrum.de/
Die Seite habe ich noch nicht genauer gelesen. So wie ich den Artikel im “together” interpretiere ist es sinnvoll bei einer Sehnerv-Entzündung direkt im oder neben dem Auge Cortison zu spritzen.
@all - aufgrund der Literatur, Studien, Forenberichte, Vorträge etc. die ich in den letzten Jahren gelesen habe, haben sich für mich folgende Gründe/Aussagen zum Einsatz von Cortison erschlossen:
Cortison sollte nur zur Akut-Therapie von aktiven Schüben verwendet werden, nicht zur Langzeittherapie. Cortison wirkt auf Entzündungen abheilend/eindämmend, es muß sich nicht zwingend positiv auf die Symptome auswirken, schränkt aber eine Ausbreitung der Entzündung ein und verhindert somit u.U. Schlimmeres. Soweit mir bekannt ist gibt es auch eine Empfehlung wieviel Cortison pro Jahr gegeben werrden sollte. Die Nebenwirkungen sind mir auch bekannt, allerdings laut einigen mir bekannten "Pharmazeuten(die keine Dollarzeichen in den Augen hatten) treten die langfristigen/irreparablen nur bei einer “Dauer”-Behandlung mit Cortison auf. Nicht bei einer zwar hochdosierten, aber kurzfristigen. Grüße Andrea
Dank dir fürs gute Zureden. Wir geben ja auch nicht völlig die Hoffnung auf, wir gewöhnen uns nur an die Vorstellung, dass es so bleiben könnte, wie es ja jetzt auch schon eine ganze Weile ist.
Wird Zeit, dass die Forscher mal ein Mittel entdecken, das dem Nervengewebe wieder richtig auf die Beine hilft und auch die Synapsen wieder sprießen lässt, die schon ganz und gar tot sind.
Ich würde dich noch gerne fragen, wie das bei dir denn mit Tysabri gelaufen ist. Haben die Neuros das von sich aus ins Spiel gebracht? Oder hast du da nachgehakt?
Von den 4 Neuros, mit denen wir über BT gesprochen haben, hat nur einer nicht sofort beim Thema Tysabri abgewunken - und der war auch nicht wirklich dafür, sondern hat eher für Cop votiert. Zwei andere für Interferon und der letzte hat glaube ich gar keinen konkreten Vorschlag gemacht.
Gut, bei dir ist das wohl noch etwas heftiger mit dem Auge, aber meine Freundin fühlt sich auch hochgradig sehbehindert auf dem betroffenen Auge. Und es besteht ja immer auch die Gefahr, dass bei einem nächsten Schub das andere Auge betroffen sein könnte. Nach allem, was ich bislang zur Kenntnis genommen habe, wäre ich schon dafür, dass sie Tysabri nimmt. Und das ist wohl auch ihr Gefühl. Aber ob da die Ärzte und auch ihre Privatkasse mitspielen … Jedenfalls wird ihre neue, auf MS spezialisierte Neurologin wahrscheinlich auf eine BT drängen, wenn sie wieder aus dem Urlaub kommt und von dem neuen Herd im Kontroll-MRT hört. Dann werden wir uns wohl mal endgültig für eine Variante entscheiden müssen.
Bislang haben wir vor allem unsere Ernährung umgestellt, und versuchen uns mehr oder weniger konsequent nach Bruker zu ernähren, in der Hoffnung, dass das den MS-Verlauf stoppen kann, weil es wohl vereinzelt Berichte von Leuten gibt, die das damit erreicht haben. Aber ich habe da auch so meine Zweifel, außerdem fällt es meiner Freundin im Gegensatz zu mir ziemlich schwer, auf lauter leckere Sachen zu verzichten - und wer weiß, ob’s das überhaupt Wert ist.
Die Daten für Cop und die Interferone sind zwar echt zu mies, um sich allein das Gespritze anzutun, aber Tysabri fänden wir beide bei allem ungeklärten Risiko und den vielleicht gefakten Studiendaten einen Versuch wert.
Dir auf jeden Fall auch alles Gute.
Hi Andrea,
auf der Uveitiszentrum-Seite habe ich keinen Artikel gefunden.
Nachdem, was ich jetzt so gelesen habe, würde ich dir in puncto Cortison im Wesentlichen Recht geben. Allerdings habe ich meine Zweifel daran, dass es tatsächlich die Ausbreitung der Entzündung eindämmt. Die zwei Studien, die ich mir zu dem Thema angeschaut hatte, die Herdvolumina verglichen haben, haben nichts dergleichen herausgefunden.
Außerdem sollte man meines Erachtens auch ernsthaft betonen, was UweA schon betont hat: Cortison nur bei extremen Ausfällen oder Beschwerden! Sonst steht der minimale Nutzen einfach in keinem Verhältnis zu den Nebenwirkungen.
Nichts zu danken… ja, so ein Mittel zur Nervenregeneration wäre schon was Feines, aber ich wäre schon mit was zufrieden, das den Verlauf der MS komplett innehalten lässt… Tysabri scheint ja wohl wriklich schon mal nicht so schlecht zu sein (wenngleich es auch nicht zum Stillstand führen kann), aber genaueres wird man halt erst in ein paar Jahren wissen… trotzdem bin ich eigentlich ganz froh, daß ich es bekomme, habe natürlich die gleiche Angst daß es mit einem nächsten Schub das andere Auge trifft, was jetzt nicht gerade prickelnd wäre. Wie das bei mir abgelaufen ist? Die Ärzte haben das von sich aus ins Spiel gebracht (obwohl ich bisher noch keine andere BT hatte). Ihre Begründung war einfach die langanhaltende Entzündungsaktivität mit inzwischen komplettem Visusverlust auf dem rechten Auge. Und da es anscheinend bei Interferon & Co bis zu 6 Monate dauert, bis eine Wirkung aufgebaut ist, war ihnen das Risiko zu hoch, daß in dieser Zeit evtl. auch noch das andere Auge was “abbekommen” könnte. Bei Tysabri soll die “Wirkung” eben schon nach ca. 4 Wochen eintreten. Und zumindest mein letzter Gesichtsfeldtest (am linken Auge) am Freitag hat schon wesentlich besser ausgesehen (wenn auch noch nicht perfekt…), scheint daß die hierfür verantwortlichen Entzündungen gut zurückgegangen sind. Ob das schon mit an Tysabri liegt, weiss natürlich niemand, ist aber auch egal, hauptsache besser… bei meinem nächsten Kontroll-MRT in 3-4 Monaten wird man vielleicht mehr sehen. Wegen der Privatkasse würde ich mir erstmal keine Sorgen machen, wenn die Ärzte das richtig begründen. Bei mir hat das jedenfalls so ohne Probleme geklappt (bin auch privat versichert).
Drück Euch die Daumen.
Ach ja, noch was, meine Ernährung habe ich auch umgestellt, uach wenn ich nicht glaube, daß dies den MS Verlauf stoppen kann. Dazu reichen mir “vereinzelte” Berichte einfach nicht, weil eben doch jede MS ein wenig individuell ist. Woran ich aber schon glaube ist, daß sowas den Verlauf günstig beeinflussen kann, von wegen weniger Schübe und so. Ich mache jetzt aber keine spezielle MS-Diät, sondenr versuche einfach mich an ein paar Grundregeln zu halten: keine Wurst, so gut wie keine Fleisch (mehr… , viel Obst, Gemüse, Pasta etc., im Prinzip hauptsächlich einfach keine tierischen Fette mehr (ausser Fisch, hier soll’s ja ganz gut sein). Und hin und wieder (wenn auch selten) muss auch “sündigen” erlaubt sein. Ich denke nicht, daß man sich hier noch zusätzlich total kasteien muss…, Essen ist einfach auch ein Stück Lebensfreude…
In diesem Sinne: Guten Appetit !
Danke für deinen Bericht zu Tysabri.
Mit dem Essen versuchen wir’s recht ähnlich wie du: viel Obst, Gemüse und Vollkorn, möglichst roh, sehr wenig tierische Fette, bis auf Fisch alle zwei bis drei Tage, keinerlei Zucker und keine Fertigprodukte irgendwelcher Art. Gesündigt wird allerdings auch ein- bis zweimal die Woche …
Mir bekommt das eigentlich ziemlich gut, ich fühle mich wohl und habe meine paar Kilo Übergewicht schon nach ein paar Wochen so gut wie weg. Auch geschmacklich macht mir das nicht so viel aus - meine Geschmacksnerven waren eh noch nie besonders fit. Wenn’s mal nicht so schmeckt, kümmert mich das gar nicht so. Andererseits finde ich bestimmte rohe Sachen teilweise viel leckerer als frühere Gerichte, habe da manchmal den Eindruck, dass sich ganz neue Geschmackswelten für mich auftun. Meine Freundin jammert aber ziemlich häufig, wenn es mal nicht so schmeckt. Für sie war Geruch und Geschmack schon immer total wichtig und eine große Quelle des Genuss. Jetzt fehlt ihr da eine Menge. Wobei das vor allem daran liegt, dass wir beide nicht gerade begnadet sind, was Essenszubereitung angeht. Früher aßen wir dafür halt häufiger auswärts oder haben etwas bestellt. Das geht jetzt aber nur noch als “Sünde”.
Sag mal, hast du Lust, vielleicht irgendwann in ein paar Tagen oder einer Woche oder so (wir sind gerade im Moment etwas im Stress) mal telefonisch mit meiner Freundin zu quatschen? Sie fände das nett, sich mal mit einem Leidensgenossen auszutauschen, bei dem die Symptome der Sehnerventzündung auch nicht wieder weggegangen sind. Wenn du Lust hast, könntest du mir ja mal eine PN mit E-Mail-Adresse oder Telefonnummer in diesem Forum schicken: <a href=“http://board.ms-lebensbaum.de/index.php”>http://board.ms-lebensbaum.de/index.php</a>. Ich hatte mich da mal als Bert angemeldet, obwohl ich da eigentlich gar nicht reinschaue.
Ansonsten muss ich meine Foren-Sucht auch mal wieder zügeln. Meine Freundin schimpft schon mit mir, dass ich die letzten Tage zu viel Zeit vorm Rechner verbracht habe …
Hi Bert, hatte mir auch schon überlegt das Gleiche zu fragen… passt ja perfekt. Hab diesmal meine Emailadresse hinterlegt, einfach links auf den Namen klicken. Ist einfacher für mich, muss ich mich nicht erst im anderen Forum anmelden… Würd mich freuen von euch zu hören, meldet euch einfach wenn der Stress einigermassen vorbei ist. Viele Grüsse, Oliver
Ich bin gerade zufällig darauf gestoßen, dass das Hamburger MS-Netz in ihrer Dokumente-Sektion (<a href=“http://www.ms-netz-hamburg.de/Dokumente.23.0.html”>http://www.ms-netz-hamburg.de/Dokumente.23.0.html</a>) eine Broschüre zur Schubtherapie anbietet (Direktlink: <a href=“http://www.download.ms-netz-hamburg.de/download.php?downloadfile=Schubtherapie_der_MultiplenSklerose.pdf”>http://www.download.ms-netz-hamburg.de/download.php?downloadfile=Schubtherapie_der_MultiplenSklerose.pdf</a>). Diese Broschüre befasst sich fast ausschließlich mit Cortison, sie ist meines Erachtens von sehr hoher Qualität.
Im Wesentlichen kommt sie zu ähnlichen Ergebnissen wie ich in diesem Thread. Allerdings sind die Ergebnisse deutlich hübscher verpackt, ausführlicher und sympathischer formuliert. Die Broschüre legt neben der Darstellung der Studienergebnisse insbesondere Wert auf Methodenkritik. Auf wenig Raum findet man hier ziemlich präzise dargestellt, was an den Studien alles so problematisch ist oder sein könnte.
Als Resultat ergibt sich auf Seite 23 (25 nach Adobe-Zählung):
“Es liegen nur wenige aussagekräftige Studien zur Wirksamkeit der Kortisontherapie im Schub vor. Eine Übersichtsarbeit fasst 6 Studien zur Kortisontherapie bei akuten Schüben der MS zusammen.
Die Analyse deutet darauf hin, dass es durch die Gabe von Kortison beim akuten Schub bei einem von vier Behandelten zu einer schnelleren Rückbildung der Beschwerden kommt. Andere Effekte, wie zum Beispiel ein Einfluss auf die langfristigen Einschränkungen, konnten nicht gezeigt werden.
Die in der Übersichtsarbeit zusammengefassten Studien geben keinen Hinweis darauf, wie das Kortison optimalerweise gegeben werden sollte. Dies gilt sowohl für die Art (i.v., oral) und die Dauer der Gabe, als auch für den Wirkstoff und die Dosierung.
Nebenwirkungen, wie Stimmungsschwankungen oder Magen-Darm-Beschwerden treten bei mehr als der Hälfte der Behandelten auf, können also nach der gängigen Praxis als sehr häufig bezeichnet werden. Bei ca. einem von 100 Behandelten kommt es zu einer schweren Nebenwirkung.
Die derzeitig verfügbaren aussagekräftigen Studien zur Schubtherapie mit Kortison, zeigen keinen Einfluss der Therapie auf den weiteren und längerfristigen Verlauf der MS.”
Das einzige, was mir bislang problematisch an der Broschüre erscheint, ist das ziemlich lange Draufrumreiten auf dem Ergebnis einer Überblicksstudie, dass 64 % der Probanden 4 Wochen nach der Cortison-Gabe um mindestens einen EDSS-Punkt besser waren als vor der Gabe, gegenüber 39 % der Placebo-Probanden, somit 25 % der Probanden kurzfristig profitierten (siehe Seiten 9 bis 11 bzw. 11 bis 13 nach Adobe-Zählung). Allerdings wird das lange Draufrumreiten durch die folgenden kritischen Methodenreflexionen dann wieder wettgemacht. Außerdem ist das selbstverständlich in der Tat ein interessantes Ergebnis (wenn auch methodisch nicht ganz astrein), auf das ich jedenfalls während meiner Recherchen nicht gestoßen war.
Kurz und gut: Ich empfehle die Lektüre.