Hallo! Ich wurde Mitte August mit der Diagnose MS aus der Klinik entlassen. Nach 6 Woche Abwesenheit will ich am Montag wieder auf die Arbeit gehen. Bisher wissen die Leute dort nur von meiner 2. Sehnerventzündung. Körperlich geht es mir gut, seelisch natürlich weniger, bin noch mitten in der Verarbeitungsphase. Mein Bauch sagt mir, ich soll mich einigen nahestehenden Kollegen anvertrauen. Ich arbeite im sozialen Berich, da ist das alles einfacher, wir reden täglich über all dem Mist, der einem im Leben passiert. Habe auch ein gutes Verhältnis zu meinen Kollegen. Doch mit MS verbinden alle Horrorvorstellungen!!! Will kein Mitleid! Es geht mir ja soweit gut. Ich spritze seit ner Woche Rebif und mit Paracetamol bekomm ich auch die NW (Kopfschmerzen) in den Griff. Wie ist das bei euch im beruflichen Umfeld??? Wissen eure Kollegen Bescheid???
Noch was interessiert mich: Macht ihr Krankengymnastik, auch wenn ihr bisher keine Einschränkungen habt! Reicht es auch aus, Sport zu machen??? Ich mache täglich Sport!

Krankengymnastik hilft mir sehr

Hallo Winterborn.

Vielen Dank auch für Deine Zuschrift zu meiner Frage, die auch hier im Forum steht.

Nun zu Deinem Thema.

Nein, meine Kollegen wissen auch nicht Bescheid. Sie wissen nur, dass ich eine Augenmuskellähmung mit Doppelbildern hatte und deswegen 6 Wochen krankgeschrieben war.

Sie fragen zwar regelmäßig, wenn ich wieder wegen Arztterminen früher gehen muss oder später ins Büro komme, nach, ob schon etwas an Ergebnissen vorliegt, ich gehe diesen Fragen aber z. Zt. mit Ausreden sehr gut aus dem Weg (ich sage: die haben die Ursache für die Doppelbilder noch nicht gefunden).
Ich habe einfach Angst, dass Kollegen (obwohl ich zu denen eigentlich ein sehr gutes Verhältnis habe), die keine Ahnung von MS haben, mich entweder sozial ausgrenzen oder mir mit Ihrem Mitleid auf den Geist gehen.
Bevor ich im Büro etwas sage, muss ich erst mit mir selbst ins Reine kommen und bis dahin ist es noch ein weiter Weg.
Da ich nach der Diagnose, auf die ich vier Monate warten mußte, seelisch in ein tiefes Loch gefallen bin und sich mein gesamtes Leben plötzlich in einen Scherbenhaufen zu verwandeln drohte, riet mir mein Neurologe zu einer Psychotherapie. Einen Therapieplatz habe ich jetzt auch gefunden (schneller als gedacht, allerdings zeitlich etwas ungünstig - montags vor der Arbeit).
Der Psychotherapeut empfahl mir, bevor ich nicht psychisch einigermaßen gefestigt bin, so wenig Leuten wie möglich von der Erkrankung zu erzählen.
Ich habe mir vorgenommen, mich zunächst daran zu halten und erst beim Auftreten eines weiteren Schubes “die Maske fallen zu lassen”.

Ein weiteres großes Problem sind aber meine Eltern. Denen habe ich bisher auch nichts von meiner Erkrankung erzählt. Ich habe mich einfach nicht getraut. Auch hier sagt mein Psychotherapeut, ich sollte auch zunächst nichts davon sagen. Mal sehen, wie lange ich das durchhalte und den bohrenden Fragen meiner Mutter noch ausweichen kann, die ich einmal wöchentlich bei meinen Besuchen dort ertragen muss.

Zu Deiner anderen Frage kann ich Dir leider nicht weiterhelfen, da ich z. Zt. keine Krankengymnastik mache.

Alles Gute, Karsten

Hallo,

also ich habe nur gute Erfahrungen mit meinem “Coming Out” gemacht - klar waren die Reaktionen drauf unterschiedlich. In der Firma war es “nur” der Schock (hab nämlich schon einen Kollegen, der MS hat), mein Bruder ignoriert es noch fleißig (seit 1 Jahr) und bei Freunden, Bekannten und Nachbarn hat es dazu beigetragen, die berühmte Spreu vom Weizen zu trennen.

Bei den Kollegen ist es so, daß sie mir sehr bereitwillig mal etwas tragen, das ich nicht mehr schaffe, für mich einspringen, wenn ich zwischendrin mal schnell Urlaub brauche (ich spritze Avonex am Freitag, bin dann Sa/So in der Waagrechten - wenn ich am Wochenende etwas vorhabe, verschiebt sich das - ich muß also am Wochenanfang Urlaub haben) und kürzlich konnte ich nur am Betriebsausflug teilnehmen, weil meine Kollegen auf die Idee mit dem Leih-Rolli kamen. Echt super - ich hab mich riesig gefreut, sie haben mich durch die Gegend geschoben (aber ohne jedes falsche Mitleid - sie haben gelästert nach Strich und Faden, wir haben uns ALLE krummgelacht).

Im Alltag sieht es so aus, daß ich ein 3/4 Jahr in der Gegend rumgeschwankt bin, wie besoffen - und entsprechend “behandelt”, beguckt, angerempelt und ignoriert wurde. Inzwischen hab ich einen Stock (mit Drachenkörpergriff ;-), der ähnlich kommunikationsfördernd, wie ein Hund ist … Nachbarn sind jetzt plötzlich hilfsbereit, solche, die nie ein Wort mit mir gewechselt haben, sprechen mit plötzlich an, “was ich denn am Bein hätte” - ich kann klare Fronten nur empfehlen.

Wie auch immer: alles Gute

Gruß AHT

Ich danke euch für eure Antworten!!
Wünsche euch auch alles Liebe!
Gruß
Winterborn