Liebe Andrea,
Deine Nachrichten haben mich sehr bewegt, und so will auch ich Dir noch ein paar Zeilen schreiben. Ich finde es wunderbar, wie Du Deine Freundin in dieser schweren Zeit begleitest und unterstützt!
Ich selbst habe die Diagnose seit gut drei Jahren, den Verdacht MS hatte ich selbst aber schon Jahre davor. Die Monate nach der Diagnose waren für mich eine unendlich schwere Zeit. Ich hatte dauernd neue Symptome, mal dies, mal das. Im nachhinein denke ich, daß durch die Diagnose mein Immunsystem und meine Psyche so unter Druck gerieten, daß die Symptome gar nicht mehr aufhörten.
Was mir damals geholfen hat? Geborgenheit zu finden. Das Gefühl, zur Ruhe zu kommen. Entspannung. Lebensfreude: spüren, schmecken, riechen, fühlen. Lachen, abgelenkt werden. Draußen sein, tief atmen, den Wind spüren, den Duft der Wiesen atmen.
Der wichtigste Moment für mich damals war ein Nachmittag bei Freunden. Es ging mir psychisch sehr schlecht, ich wurde ohnmächtig, sie packten mich in ihr Bett. Da schlief ich zum ersten mal seit drei Wochen, erwachte erfrischt und ohne Symptome, begann, ein Buch zu lesen (auch das war vorher nicht mehr gegangen). Die Freunde ließen mich an diesem Tag einfach in Ruhe. Und am Abend hatte ich mich selbst ein großes Stück weit wiedergefunden.
Solche Momente gab es seitdem immer wieder einmal. Ich habe festgestellt, daß bei mir Schubsymptome innerhalb von Stunden verschwinden können, wenn ich mich in einer Atmosphäre der Geborgenheit bei Freunden aufgefangen fühle, mit ihnen esse, lache, Musik höre…
Ich erzähle das so ausführlich, weil ich Dir Mut machen möchte, den jetzigen Zustand Deiner Freundin nicht als einen zwangsläufig bleibenden zu sehen. Sie hat eine schlimme Diagnose erfahren, sie hat aktuell heftige Symptome - aber das alles kann sich auch wieder bessern. Und Du kannst viel dazutun, indem Du ihr das Gefühl gibst, daß Du für sie da bist. Und daß es ihr wieder besser gehen wird!
Was die Schmerzen angeht, sollte sich doch medikamentös etwas tun lassen? Nicht nur über Antidepressiva, sondern auch über Schmerzmittel.
Ich wünsche Euch beiden alles Gute! Deiner Freundin, daß es ihr bald wieder besser geht, Dir, daß Du Deine Power und den kämpferischen Mut behältst (und Dir auch selbst die Auszeiten gönnst, die Du brauchst!) und Euch beiden, daß Ihr einen wunderbaren Urlaub am Meer zusammen verlebt.
Herzlich,
Mareike