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Gesetzesänderungen in der Pflegeversicherung

Am 11. Juni 2021 wurde das Gesetz zur Weiterentwicklung der Gesundheitsversorgung (kurz: GVWG) im Bundestag beschlossen. Es tritt in großen Teilen ab 1. Januar 2022 in Kraft. together gibt einen Überblick über ausgewählte Änderungen im Bereich der Pflegeversicherung, die insbesondere auch für pflegebedürftige Menschen mit Multipler Sklerose und für Angehörige von großer Bedeutung sein können. (Stand 08/2021)

1. Die Leistungsbeträge für die ambulanten Pflegesachleistungen (§ 36 SGB XI) werden zum 01.01.2022 um 5 % angehoben:

  • Pflegegrad 2 von 689 Euro auf 724 Euro
  • Pflegegrad 3 von 1.298 Euro auf 1.363 Euro
  • Pflegegrad 4 von 1.612 Euro auf 1.693 Euro
  • Pflegegrad 5 von 1.995 Euro auf 2.095 Euro

Die Bundesregierung setzt eine weitere Dynamisierung der Leistungsbeträge bis zum Jahr 2025 aus. Außerdem wurde die Leistungsanhebung nicht bei allen Pflegesachleistungen umgesetzt. Insbesondere die Leistungen der Tagespflege nach § 41 SGB XI und Verhinderungspflege nach § 39 SGB XI wurden nicht angehoben.

2. Der Leistungsbetrag für die Kurzzeitpflege (§ 42 SGB XI) wird um 10 % von 1.612 Euro pro Kalenderjahr auf 1.774 Euro erhöht.

Unverbrauchte Mittel der Verhinderungspflege können bis zu einem Betrag von 3.386 Euro für die Kurzzeitpflege verwendet werden. (§ 42 Abs. 2 SGB XI). Die Beiträge zur Verhinderungspflege in Höhe von 1.612 Euro bleiben gleich.

3. Es soll eine Zuschussregelung für pflegebedingte Eigenanteile in der vollstationären Pflege (§ 43c SGB XI) eingeführt werden.

Ziel der Gesetzesänderung ist eine Entlastung von Personen in der stationären Langzeitpflege. Je länger eine pflegebedürftige Person in einem Pflegeheim lebt, desto geringer soll der pflegebedingte Eigenanteil sein.

Pflegebedürftige mit Pflegegrad 2–5 erhalten mit Versorgungsbeginn im ersten Jahr einen Leistungszuschlag in Höhe von 5 %. Ab dem zweiten Jahr der stationären Pflege erhöht sich der Zuschlag auf 25 %, ab dem dritten Jahr auf 45 % und ab dem vierten Jahr dauerhaft auf 70 %. Angefangene Monate werden als voller Monat angerechnet. Der Leistungszuschlag verringert den zu zahlenden Eigenanteil des Pflegebedürftigen. Bei der Gesetzesänderung fehlt leider eine wirksame Regelung der grundsätzlichen Deckelung der Eigenanteile bei den Pflegekosten, sodass sich der Zuschuss durch zukünftige Erhöhungen des Eigenanteils relativieren wird.

4. Die Pflegekassen sind verpflichtet, ihre Versicherten über die Leistungen der Pflegeversicherung zu beraten (§ 7b SGB XI).

Dies umfasst nun auch Beratungsanfragen, z.B. zum Wohngruppenzuschlag, zu Pflegehilfsmitteln, Zuschüssen des Wohnumfelds und neuen digitalen Pflegeanwendungen (DIAP).

Die Pflegekassen müssen auch bei der Beantragung von Verhinderungspflege, von Unterstützungsangeboten im Alltag oder der Umwandlungsleistung auf die Möglichkeit eines individuellen Versorgungsplans nach § 7a SGB XI hinweisen. Im Rahmen eines individuellen Versorgungsplans werden durch die Pflegeberatung die im Einzelfall erforderlichen Sozialleistungen und gesundheitsfördernden, präventiven, kurativen, rehabilitativen oder sonstigen medizinischen sowie pflegerischen und sozialen Hilfen erfasst, auf deren Durchführung und Genehmigung hingewirkt, überwacht und ggf. angepasst.

5. § 40 SGB XI: Pflegefachkräfte dürfen nun auch im Rahmen ihrer Leistungserbringung nach § 36 SGB XI (Pflegesachleistung), nach den §§ 37 SGB V (häusliche Krankenpflege) und 37c SGB V (außerklinische Intensivpflege) sowie im Rahmen der Beratungseinsätze nach §37 Absatz 3 SBG XI konkrete Empfehlungen zur Hilfsmittel- und Pflegehilfsmittelversorgung abgeben.

Entsprechende Richtlinien werden vom Spitzenverband Bund der Krankenkassen bis zum Jahresende noch erlassen.

Die Bearbeitungsfrist von Anträgen für Pflegehilfsmittel durch die Pflegekasse wird auf 3 Wochen festgelegt (§ 40 Absatz 7 SGB XI).

6. Kostenerstattungsansprüche im Zusammenhang mit dem Tod eines Pflegebedürftigen wurden neu geregelt (§ 35 SGB XI).

Versicherungsnehmer müssen bei verschiedenen Leistungen, wie z.B. bei der Verhinderungspflege oder bei Unterstützungsangeboten im Alltag, in Vorleistung treten. Wenn ein Versicherter stirbt, können Leistungsansprüche noch innerhalb von zwölf Monaten nach dessen Tod geltend gemacht werden. Damit wurde eine Gesetzeslücke geschlossen.

7. Werden Pflegesachleistungen von Pflegebedürftigen (Pflegegrade 2–5) für ihre Versorgung durch einen ambulanten Pflegedienst nicht voll ausgeschöpft, kann der verbliebene Betrag bis zu 40 % für Angebote zur Unterstützung im Alltag umgewandelt werden. Zukünftig muss diese Umwandlung nicht mehr beantragt werden.

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Quelle: AMSEL-Magazin together *03.21, Stand des Artikels: 08/2021

Redaktion: AMSEL e.V., 07.01.2022