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Wo die auto-aggressiven T-Zellen herkommen

Der Ort ihrer Aktivierung spielt eine Rolle bei T-Zellen. Herausgefunden hat dies Prof. Thomas Korn. Der Sobek-Forschungspreisträger berichtet im Videointerview darüber und erklärt, wie dieses Wissen Menschen mit Multipler Sklerose helfen kann.

Im gesunden Körper haben T-Zellen eine konkrete Aufgabe: Sie erkennen und bekämpfen Krankheitserreger. Bei Multipler Sklerose dagegen richten sie sich gegen körpereigenes Gewebe. Sie werden autoaggressiv.

Multiple Sklerose ist bisher nicht heilbar, jedoch schreitet die Forschung über MS laufend voran. Es gilt, die Mechanismen einer MS zu erkennen, weitere hemmende Wirkstoffe zu finden, welche diesen autoaggressiven Prozess verhindern und diese möglichst gezielt und individuell je nach MS-Prognose einzusetzen. Denn nicht jede MS ist gleich. Aggressive Verläufe verlangen eine aggressive Therapie, milde Verläufe hingegen nicht. Bisher gibt es keine zuverlässigen Marker, um den Verlauf oder einen Therapieerfolg vorherzusagen.

MS-Prognose ermöglichen, Therapieerfolg vorhersagen

Professor Thomas Korn gehört zu den Wissenschaftlern, die herausragende Leistungen auf dem Gebiet der Multiplen Sklerose erbracht haben. Unter anderem gelang es ihm und seinem Team, herauszufinden, wo die zerstörerischen T-Zellen bei MS aktiviert werden. Dafür erhält der Neuroimmunologe den Sobek-Forschungspreis 2023. Offiziell verliehen wird dieser Mitte Dezember in Stuttgart.

Korn und Team konnten herausfinden, dass es entscheidend ist, wo T-Zellen aktiviert werden. Der Ort ihrer Aktivierung entscheidet nämlich darüber, wo im ZNS sie sich ansiedeln und welche Reflektorwirkungen sie haben. Dies könnte für den einzelnen Patienten eine individuell bessere Therapie ermöglichen.

Darm oder Haut? Der Ort der Aktivierung

Je nachdem nämlich, so die These, ob die T-Zellen im Haut- oder Darm-assoziierten lymphatischen Gewebe aktiviert werden, siedeln sie sich an unterschiedlichen Stellen im Gehirn an und lösen dort Entzündungsreaktion aus, etwa in den Hirnhäuten oder im Rückenmark. Das wiederum könne unterschiedliche Reaktionstypen hervorrufen, auch hinsichtlich der Schwere einer MS, und die Wirkung (oder Nicht-Wirkung) einzelner Medikamente beeinflussen.

Weil die autoaggressiven T-Zellen von einem entfernten Ort über das Blut ins Gehirn einhandeln müssen, sind Korn und Team dabei, Biomarker zu finden, die zeigen, ob die T-Zellen eines Patienten im Darm oder der Haut beispielsweise aktiviert wurden. Könne man dies herausfinden, dann sei eine Prognose über die Aggressivität der MS bei einem einzelnen Patienten möglich. Eine Messung verschiedener Blutmarker am Anfang der Erkrankung könne die Therapie in vieler Hinsicht erleichtern.

Marker könnten Therapie-Entscheidung erleichtern

Weiß man, dass im Einzelfall eine schwere MS droht, könne man von Beginn an aggressive therapieren, um dem entgegenzuwirken, um Symptome und bleibende Behinderungen möglichst zu vermeiden. Auch ob und wie schnell ein Patient progredient wird, ließe sich womöglich aus diesen Daten ablesen und helfe ebenfalls bei der Therapieentscheidung.

Um den Aktivierungs- und den Ansiedelungsort von Zellen zu verfolgen, haben Korn und sein Team eine Methode entwickelt, wie sie mittels Lichtinduktion T-Zellen ortsspezifisch anfärben können. So ließen sich die autoaggressiven T-Zellen – nach ihrer Wanderung – im ZNS wiederfinden, also auch der Ort der Ansiedelung und damit das aggressive Potenzial bestimmen.

Der Sobek-Forschungspreisträger 2023 rechnet damit, dass es noch ein paar Jahre dauern wird, bis die Methode MS-Patientinnen und -Patienten zugutekommen kann. Ein wichtiger Schritt auf dem Weg hin zu einer individualisierten und somit besseren Therapie ist jedoch schon getan.

Prof. Thomas Korn arbeitet als experimenteller Neuroimmunologe und betreut MS-Patienten am Klinikum rechts der Isar, München.

MS.TV 2023: Wissenschaftler hautnah

Was machen die eigentlich in ihren Laboren?
Was gibt es Neues über die MS?
Darüber, wie sie entsteht und wie man sie behandelt?

Die Sobek-Preisträger und -Nachwuchspreisträger 2023 sowie frühere Preisträger antworten MS.TV mit anschaulichen Antworten auf einfache Fragen:

Redaktion: AMSEL e.V., 08.12.2023