Was ist morgen?

Chronisch Kranke leben mit der Furcht, dass ihre Krankheit fortschreitet. Multiple-Sklerose-Patienten rangieren dabei im unteren Drittel der "Progredienzangst", wie eine aktuelle Studie zeigt.

Wird es schlimmer? Werde ich noch lange gehen können? Wer versorgt meine Familie, wenn ich es nicht mehr kann? - Für chronisch kranke Menschen tun sich eine Menge bedrückende Fragen auf, wenn es um die Zukunft geht. Wissenschaftler sprechen von "Progredienzangst", also der Angst vor dem Fortschreiten der Krankheit.

Je nachdem, unter welcher Krankheit ein Mensch leidet, ist diese Progredienzangst unterschiedlich intensiv. Petra Berg und ihr Team befragten 863 Patienten, wie häufig sie 43 aufgelistete Befürchtungen bedrückten. Daraus ermittelten sie einen Wert für die Intensität der Progredienzangst unter elf verschiedenen Krankheitsgruppen.

MS auf Platz 8 von 11

Erstaunlicherweise rangierten Krebspatienten dabei im unteren, also weniger angstintensiven Drittel der Skala (Platz 9 von 11). Auf Platz 1 fanden sich Rheumapatienten, Platz 2 Parkinsonerkrankte und Platz 3 Morbus Crohn-Kranke. Auch Multiple-Sklerose-Erkrankte fanden sich recht weit unten in der Rangfolge wieder: auf Platz 8.

Je nach Diagnose, unterscheidet sich also das Ausmaß der Angst. Daneben gibt es jedoch auch Unterschiede im Angstmuster. Während Krebspatienten sich am häufigsten vor der nächsten Kontrolluntersuchung fürchten, plagt MS-Kranke am meisten, einmal auf fremde Hilfe angewiesen zu sein, ihre Selbständigkeit zu verlieren. Daneben haben Alter, Geschlecht, wirtschaftliche und berufliche Situation Einfluss auf die Höhe der Progredienzangst.

Alles schön, aber was sollen diese Zahlen?

Und wozu diese Vergleichsstudie? Was hat der einzelne Patient davon, wenn er weiß, welchen Angstfaktor er (durchschnittlich) hat? - Die Analyse soll helfen, Schlimmeres zu verhindern. Die Angst selbst kann nämlich auch krank machen, kann zu Depression und schweren Angststörungen führen. Rechtzeitig erkannt, kann man dem begegnen. Daher der Rat der Münchener Forscher an alle Ärzte und Therapeuten: Patienten routinemäßig nach ihren Zukunftssorgen fragen.

Lektürehinweis: Die AMSEL-Broschüre "Wege aus dem Tief" behandelt seelische Probleme bei MS und deren Bewältigung:

Quelle: Psychologie heute, "Wenn es schlimmer wird", Juni 2011; P. Berg, "Progredienzangst bei chronischen Erkrankungen", PPmP, 2011

Redaktion: AMSEL e.V., 21.10.2011