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Sabotage der Immunregulatoren

Eine Münchener Arbeitsgruppe entdeckt in den Gamma-Delta-T-Zellen einen Subtyp, der womöglich die Zerstörung des Nervengewebes der Multiplen Sklerose fördert.

Neue Erkenntnisse zur Entstehung der Multiplen Sklerose entdeckte eine Forschergruppe um Prof. Dr. Thomas Korn von der Klinik für Neurologie am Klinikum rechts der Isar der TU München. Die Wissenschaftler zeigten am Mausmodell, wie bestimmte T-Zellen die Zerstörung des Gewebes verstärken, und zwar auf indirektem Weg: Gamma-Delta-T-Zellen können demzufolge die Bildung der regulatorischen T-Zellen unterdrücken, die wiederum eine Gewebeschädigung hemmen könnten. Die Forschungsergebnisse sind in der aktuellen Ausgabe der Fachzeitschrift Immunity erschienen.

Bereits 2008 wurde Prof. Dr. med. Thomas Korn für seine wissenschaftlichen Beiträge über die Immunreaktion im Tiermodell der MS mit dem Sobek-Nachwuchspreis ausgezeichnet. In Zusammenarbeit mit Kollegen gelangen ihm neue Einblicke in die Rolle bestimmter Zytokine.

Gamma-Delta-T-Zellen

Die Arbeitsgruppe von Prof. Korn untersucht Mechanismen, welche die entzündlichen Prozesse im ZNS entstehen lassen und aufrecht erhalten. Sie charakterisieren dabei die Funktionen von verschiedenen T-Zell-Subtypen vornehmlich im Tiermodell der experimentellen autoimmunen Enzephalomyelitis (EAE). Aktuell beschäftigen sie sich mit einer zahlenmäßig kleinen T-Zell-Subpopulation, den bereits erwähnten Gamma-Delta-T-Zellen.

In der aktuellen Veröffentlichung können die Wissenschaftler bei gesunden Mäusen nachweisen, dass ein gewisser Anteil der Gamma-Delta-T-Zellen ein bestimmtes Oberflächenprotein, den IL-23-Rezeptor, trägt. Dieser Rezeptor bindet IL-23, einen mit den pathologischen Prozessen der EAE in Zusammenhang stehenden immunologischen Botenstoff.

Erstaunliche Entdeckung

Im Modell der EAE zeigte sich eine Zunahme der IL-23-Rezeptor-Oberflächenexpression auf Gamma-Delta-T-Zellen. Dabei konnten die Forscher vor allem im ZNS der erkrankten Tiere bei einem Großteil der dort eingewanderten Gamma-Delta-T-Zellen die Oberflächenexpression des IL-23-Rezeptors nachweisen.

Neben dieser Zunahme von Rezeptor-positiven Gamma-Delta-T-Zellen im ZNS, entdeckten sie erstaunliche Funktionen dieser Zellen hinsichtlich ihres Einflusses auf andere T-Zellen, sogenannte regulatorische T-Zellen. Regulatorische T-Zellen modulieren Entzündungsreaktionen und können zum Teil überschießende Immunantworten bremsen. In den Experimenten zeigte sich, dass IL-23-aktivierte Gamma-Delta-T-Zellen Faktoren produzieren, die in der Lage sind, die Bildung und Funktion von regulatorischen T-Zellen zu unterdrücken.

Diese Erkenntnisse weisen darauf hin, dass Gamma-Delta-T-Zellen, die durch IL-23 aktiviert werden, ein Milieu schaffen, in dem autoaggressive T-Helferzell-Antworten ohne den hemmenden Einfluss von regulatorischen T-Zellen ablaufen können, was zu einer verstärkten Gewebszerstörung führt.

Originalveröffentlichung:
Franziska Petermann, Veit Rothhammer, Malte C. Claussen, Jan D. Haas, Lorena Riol Blanco, Sylvia Heink, Immo Prinz, Bernhard Hemmer, Vijay K. Kuchroo, Mohamed Oukka & Thomas Korn. Gamma-Delta-T Cells Enhance Autoimmunity by Restraining Regulatory T Cell Responses via an Interleukin-23-Dependent Mechanism (DOI 10.1016/j.immuni.2010.08.013)

Quelle: Pressemitteilung des Klinikums rechts der Isar der technischen Universität München, 09.09.2010

Redaktion: AMSEL e.V., 13.09.2010