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Neue MS-Therapien finden mit RNA-Sequenzierung

Sobek Nachwuchspreisträger Dr. Dr. Max Kaufmann berichtet über Ergebnisse aus großen Datensätzen. Und darüber, was ihn nach der Arbeit als Arzt abends noch ins Labor treibt.

Wer in der Grundlagenforschung arbeitet, der braucht Geduld und auch Demut, wie es Dr. Dr. Max Kaufmann im AMSEL-Video formuliert. Der Arzt und Wissenschaftler beschäftigt sich mit großen Datensätzen, genauer der RNA-Sequenzierung.

Zum Hintergrund erklärt er, dass jede Zelle in einem Körper die gleiche DNA trägt, egal ob beispielsweise Haar- oder Nervenzelle. Der Unterschied ist, dass eine Haarzelle nur Haarzellen-Gene abliest, eine Nervenzelle nur Nervenzellengene. Das spiegelt sich wider in der sogenannten RNA, der abgelesenen Kopie der DNA. Man kann damit also Zelltypen, aber auch Zellzustände unterscheiden.

Tausende Gene in Hunderttausenden von Zellen

Und genau das lässt sich einsetzen, um bestimmte Zustände zu unterscheiden, wie zum Beispiel "entzündet" oder "nicht entzündet". Misst man nun von vielen Zellen aus Gehirn oder Blut eines Patienten alle RNA-Moleküle, dann erhält man ein Abbild des Zustandes dieser Zellen. Je nachdem, ob ein Patient sich im Schub befindet oder nicht, lassen sich die RNA-Unterschiede ermitteln, die eine Entzündung ausmachen. Es ist schon nötig, Tausende von Genen in Hunderttausenden von Zellen zumessen, um die Multiple Sklerose besser zu verstehen.

Der Wirkstoff Tysabri verhindert, dass die krankmachenden Immunzellen bei MS einwandern. Auch hier lässt sich gut untersuchen, welche Zellen quasi im Blut gefangen bleiben unter Therapie, indem man die Zellen eines Patienten während einer Natalizumab-Therapie und ohne diese Therapie untersucht. Daraus wiederum lassen sich neue Therapiemöglichkeiten ableiten.

Erst Klinik, dann Labor

Grundlagenforschung braucht oft viele Jahre und viel Demut, so Kaufmann, bis ein Ansatz tatsächlich bei Patientinnen und Patienten angewendet werden kann. Kaufmann ist selbst Arzt und in der Klinik tätig und berichtet, wie Arzt und Patient beim Übergang von der schubförmigen zur schleichenden MS oft gemeinsam verzweifeln an der Tatsache, dass diese Verlaufsform bis heute nur wenig therapierbar ist. Das macht jedoch auch die Motivation für Kaufmann aus, das ist es, was ihn "nach der Arbeit [in der Klinik] noch ins Labor oder an den Computer treibt."

Eine von mehreren Möglichkeiten für neue Therapien bei progredienter Multipler Sklerose ergab sich aus einer Arbeit zusammen mit Kollegen um Lars Gruber in Oxford. Auch hier wurden anhand von Hirnschnitten verstorbener MS-Patienten, die ihr Gehirn der Forschung vermacht haben, große Datensätze, viele Gene untersucht, um die Prozesse der progredienten MS besser zu verstehen. Und sie stießen auf einen Entzug von Wachstumsfaktoren, der mit zunehmender Progredienz eine Rolle spielt, aber eventuell schon recht früh im Krankheitsverlauf den Untergang von Nervenzellen auslöst.

Sobek Stiftung: MS-Forschung fördern

Ärzte, Patienten, Angehörige – wir alle müssen wohl noch geduldig sein. Es scheint jedoch auch auf dem Gebiet der progredienten MS immer mehr in Bewegung und einige Möglichkeiten offen zu sein, damit auch diese Form der MS gut behandelt werden kann. Grundlagenforscher wie die diesjährigen Sobek-Preisträger Professor Thomas Korn, Professor Martin Kerschensteiner und Sobek-Nachwuchspreisträger Dr. Dr. Max Kaufmann arbeiten intensiv eine Grundlage für neue Wirkstoffe. Die Sobek Stiftung und die Sobek-Preise, sind wichtige Einrichtungen, um herausragende Arbeiten auf dem Gebiet der Multiplen Sklerose zu fördern.

MS.TV 2023: Wissenschaftler hautnah

Was machen die eigentlich in ihren Laboren?
Was gibt es Neues über die MS?
Darüber, wie sie entsteht und wie man sie behandelt?

Die Sobek-Preisträger und -Nachwuchspreisträger 2023 sowie frühere Preisträger antworten MS.TV mit anschaulichen Antworten auf einfache Fragen:

Redaktion: AMSEL e.V., 13.12.2023