Nicht nur die Pharmakonzerne Biogen und Elan und die FDA (die US-amerikanische Arzneimittelbehörde) warnen vor erheblichen Risiken durch die Behandlung mit dem MS-Medikament Tysabri, wie die AMSEL-Onlineredaktion bereits am 27.02.08 berichtet hatte. Nun schließt sich auch die EMEA, die European Medicines Agency, an. Bei einigen Tysabri-Patienten sind Anzeichen von Leberschäden aufgetreten. Insgesamt 29 Fälle sind bekannt, davon zwei Drittel schwere Fälle. Bislang ist keiner der Patienten an den Folgen der Leberschädigung gestorben.
Gelbliche Haut oder Augen, dunkler Urin
Zwischen 2004 und 2007 sind insgesamt 21.000 Patienten mit Tysabri (Wirkstoff "Natalizumab") behandelt worden. Das Medikament wird auch weiter bei schubförmiger MS zum Einsatz kommen, wo Interferone ihren Dienst versagen oder die MS sehr schnell voranschreitet. Doch word die Produktinformation ein Update erfahren, das auf mögliche Leberschäden hinweist. Ärzte müssen ihre Patienten über Riskine aufklären und die Leberwerte der Patienten beobachten. Patienten selbst sollen auf äußere Anzeichen von Leberschäden achten und gegebenenfalls ihren Arzt aufsuchen. Dazu gehören eine Gelbfärbung der Haut oder der Augen sowie eine ungewöhnlich dunkle Urinfarbe.
Die beiden Unternehmen vermarkten Tysabri unter der Führung von Biogen in den USA gemeinsam. Eine Biogen-Sprecherin erläuterte zwar, die Firma schätze, dass weniger als einer von 1.000 Patienten eine ernsthafte Leberschädigung durch die Behandlung erlitten habe. Ein ernster Leberschaden allerdings kann zum Tod führen oder eine Transplantation erforderlich machen. In der Pressemitteilung der Unternehmen war jedoch von "klinisch signifikanter Leberschädigung" die Rede.
Tysabri als Ursache
Anzeichen einer Leberschädigung, darunter erhöhte Serumwerte des Hepatitisenzyms sowie erhöhte Gesamtbilirubinwerte (Bilirubin ist ein gelbbrauner Gallenfarbstoff, der beim oxidativen Abbau des Hämoglobins gebildet wird) seien teils bereits sechs Tage nach der ersten Tysabridosis aufgetreten, teils erst nach mehreren Infusionen. Mitunter tauchten die erhöhten Werte auch nach erneuter Therapie wieder auf. Gerade diese Fälle weisen auf einen kausalen Zusammenhang mit Tysabri hin. Die Kombination erhöhter Transaminase und erhöhter Biliburinwerte gilt als Vorhersage für schwere Leberschädigungen mit den oben genannten Folgen.
Tysabri ist bereits umstritten, war nach Todesfällen durch progressive multifokale Leukoenzephalopathie vorübergehend sogar vom Markt genommen und nur unter strengen Auflagen wieder zugelassen worden. Zu den Auflagen gehört unter anderen auch die Beobachtung der Leberwerte.
- Brief der Unternehmen an verschreibende Ärzte (Pdf, engl.)
- EMEA-Warnung (engl., Pdf)
- EMEA-FAQ (engl., Pdf)
Quelle: FDA, 27.02.08; Reuters, 28.02.08
Redaktion: AMSEL e.V., 27.03.2008