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Krankheitsfortschritt ohne Schübe: PIRA

Zunehmende Behinderungen müssen nicht immer auf Schübe zurückzuführen sein. Auch nicht bei der schubförmigen MS. Dies war Thema auf der ECTRIMS-Tagung. Professor Mathias Mäurer berichtet.

Die schubförmige Multiple Sklerose schreitet durch Schübe voran. Das stimmt auch weiterhin, sollte jedoch leicht verändert werden: Die schubförmige Multiple Sklerose schreitet unter anderem durch Schübe voran, müsste es richtig heißen. Denn es gibt selbst bei der schubförmigen MS im frühen Krankheitsstadium einen Krankheitsfortschritt unabhängig von Schüben. Und nicht erst in der sekundär-progredienten Phase, wie eine Nachanalyse von Studiendaten gezeigt hat.

Viele MS-Erkrankte mit schubförmigem Verlauf und in einer frühen Phase ihrer Erkrankung können das bestätigen: Eine Gehstrecke, die langsam kürzer wird, Spastik, die nicht schubförmig sondern peu à peu zunimmt, Konzentrationsschwierigkeiten, die allmählich mehr werden. Englischsprachige Forscher sprechen von der "smouldering", der schwelenden MS.

Auch bei rein schubfömigen MS-Patienten gibt es eine schleichende Verschlechterung: Die gilt es anzugehen.

Die Forscher um den Schweizer Neurologen Ludwig Kappos untersuchten dazu die Daten der OPERA-Studien, in denen Ocrelizumab mit Interferon-Beta an Patienten mit ausschließlich schubförmigem Verlauf verglichen wurde. Nicht nur zeigte die nachträgliche Analyse der Daten, dass neben der schubförmigen Behinderungsprogression auch eine schubunabhängige Progression zu beobachten war, es zeigte sich außerdem, dass der Behinderungsfortschritt hauptsächlich schubunabhängig war. Genauer: Schubunabhängige Behinderungsprogression kam bei den Interferon-Patienten in fast 80 % vor, bei den Ocrelizumab-Patienten bei knapp 90 %.

Je stärker also das (unter anderem) schubratenreduzierende Medikament ist, desto höher wird logischerweise der Anteil an schubunabhängiger Progression an der Gesamtprogression. Am günstigsten für die Lebensqualität der Patienten wäre es, beides eingrenzen oder noch besser ganz verhindern zu können.

Zwar zeigte sich, dass vor allen Dingen Ocrelizumab sehr erfolgreich entzündliche Krankheitsschübe und daraus resultierende Symptome einzugrenzen vermag, aber es zeigte sich auch, dass Schübe bei mit starken Immunmodulatoren behandelten MS-Patienten kaum noch Treiber für den Krankheitsfortschritt sind. Und genau hier entsteht Handlungsbedarf für adäquate Therapien, um den Krankheitsverlauf bei MS-Patienten komplett zu bremsen.

Quellen: JAMA, 08.06.2020; MS-Docblog.de, 13.11.2020.

Redaktion: AMSEL e.V., 20.11.2020