https://www.jetzt.de/gesundheit/bloggerin-samira-mousa-erzaehlt-von-ihrer-ms-erkrankung-und-den-vorurteilen-darueber

Kommt es nur mir so vor, dass in solchen Interviews immer das Gleiche steht? Der Optimismus, die guten, neuen Medikamente, die neuen Behandlungsansätze, der Jakobsweg (wahlweise darf´s auch ein Marathon oder Bergsteigen sein)

Und immer sind es Betroffene, die erst seit wenigen Jahren MS haben und kaum Einschränkungen. Wer im Pflegheim im Bett liegt, hat vermutlich keine Chance, als Mutmach-Artikel in der Süddeutschen aufzutauchen. Dabei wüssten vielleicht gerade die wirklich Wichtiges zu berichten.

Diese ständige Verniedlichung der MS in Blogs, Foren, Büchern oder Interviews liegt sicherlich daran, dass die Krankheit heutzutage so früh diagnostiziert wird. Dadurch haben die Betroffenen im Durchschnitt noch 10 bis 15 “gute” Jahre vor sich und erliegen dann schnell dem Irrglauben MS sei gar nicht so schlimm. Und meinen, diese “Erkenntnis” in die Welt hinausposaunen zu müssen. Hat vielleicht auch ein bißchen was von Pfeifen im Walde.

Zudem spielt noch ein weiterer Umstand eine Rolle: je weiter die Krankheit fortschreitet, desto “unsichtbarer” werden die Betroffenen zumeist. Der/die Kranke scheidet aus dem Erwerbsleben aus, muss Hobbies aufgeben und zieht sich häufig immer mehr zurück. Selbst im Internet finden Langzeit-Erkrankte kaum eine Plattform, wer will schon die Geschichte eines langsamen, unaufhaltsamen Niedergangs hören?

Und so sieht, liest und hört man nur nur von fitten Jungerkrankten, die dank Basistherapie, Vitamin d, Diäten… ihre Krankheit “voll im Griff” haben.

Tja, der Mensch möchte halt Erfolgsgeschichten hören. Vom Tellerwäscher zu Millionär. Nicht umgekehrt.

Stimmt…
Idefix

Ja, das ist so, mit “normaler” schubförmiger MS hat man noch ein paar gute Jahre, bis man in
der Versenkung verschwindet.

Da ich einen schwerstbehinderten Nachbar mit MS hatte, den ich oft mit einem Rollstuhltaxi rumfuhr wusste ich, was MS macht und dass ich meine gute Zeit nutzen muss um eine Familie zu gründen und mir eine rollstuhlgängige Wohnung zu kaufen.

Einer hat das gut beschrieben, wie es sonst gehen kann.

Wer Rollstühle und Pflegebetten sehen möchte, die schweizerische Multiple Sklerose Gesellschaft ist
Meister darin ihr Heftlein damit voll zu pflastern.

Nach der 1. Ausgabe, die ich 2002 gelesen hatte, musste ich 4 Monate das bei einem Psychiater verarbeiten, obwohl ich durch den Nachbar bereits wusste, was geschehen kann.

Und so kämpfe ich weiter und es kommt gut.

lg

Philipp

“Tja, der Mensch möchte halt Erfolgsgeschichten hören”

Auch ich möchte gerne “Erfolgsgeschichten” hören. Zum Beispiel darüber, wie man trotz schwerer Behinderungen seinen Lebensmut nicht verliert und ab und zu vielleicht sogar noch glücklich ist. Wie macht man das?

Generell sehe ich bei dieser Fixiertheit auf “Erfolg” aber auch das Problem, dass nach dieser Logik alle mit schweren Verläufen zu Verlierern und Versagern werden. Das Unsichtbarwerden könnte also auch etwas mit Scham zu tun haben.

Wobei: Auch ich beobachte an mir diesen Rückzug. Und in meinem Fall hat das eher mit dem Nachlassen der Kraft zu tun.

Das ist ja das Problem, dass die Einschränkungen/Behinderungen einen schon in relativ jungen Jahren ereilen und man dann mit den Gleichaltrigen nicht mithalten kann. So wird man zum einen aussortiert, zieht sich andererseits aber auch selbst zurück.

In den ersten Jahren hatte ich auch mit Scham zu kämpfen, das ist aber lange vorbei. Der Rückzug kommt eher dadurch, dass man einfach nicht schafft, was andere mühelos machen. Wanderungen sind ohnehin obsolet, spontane Verabredungen in aller Regel schwierig. Die Leichtigkeit des Lebens ist dahin.

Man kann mit SMS nichts erzwingen, schon gar keine Erfolge. Auf der anderen Seite muss man sich aber solange es geht soweit fordern, dass das Vorhandene nicht verkümmert.

Letzten Endes ist es wie im Alter auch, man braucht Hobbys, Interessen, die schlimmstenfalls auch aus einer starken Passivität heraus möglich sind.

Ich bin eventuell ein Feigling und darum bei Exit und darum auf der Flucht vor der MS.

Meine innere Stimme treibt mich an und ich folge ihr.

Ich weiss auch, dass ich der Gesellschaft nur eine Last bin, jä nu, ich habe mir das nicht
ausgesucht.

Mir fehlen 5 Jahre komplett, die Leute meinten, meine Frau sei alleinerziehend.

5 Jahre zu hause nur rumliegen mit Fatigue, Verstopfung, Spastik.

Ich sehe das in den Pflegeheimen, wenn ich meine Mutter besuche, das Nachlassen der Kraft ist
ein grosses Problem.

Ich merke doch wenn ich rumhinke, dass ich angestarrt werde und ein Ausgestossener der
produktiven Gesellschaft bin.

Und so flüchte ich weiter und Gott sei dank funktioniert das bei mir auch noch.

lg

Philipp ich bin ein Nichts, ein Behinderter, eine Belastung, aber mir ist das so etwas von egal !

Die gute muss halt Geld verdienen:

„Mittlerweile bin ich selbstständig als Bloggerin und Autorin und verdiene mein Geld durch das Schreiben.“

Die DMSG hat doch gerade eine Babykampagne und ein Video zur Selbstbeweihräucherung wie toll die Selbsthilfegruppen sind. Ich musste mich dabei übergeben, schon die Aussagen waren dermaßen blöd: „Ich muss mich für nichts schämen, ich muss mich nicht verstellen.“

In unserer momentanen Gesellschaft zählt nur noch höher, schneller, weiter und da darf die MS kein Hindernis sein.

Hallo Eva,

danke für den Hinweis, das hatte ich überlesen. Dass die Autorin “ihr Geld durch Schreiben” verdient, ist ja im Prinzip nicht verwerflich. Wenn ich dann allerdings bei Amazon als Beschreibung zu ihrem Buch

https://www.amazon.de/morgen-Santiago-Jakobsweg-Zuversicht-Multipler/dp/1983682896/ref=tmm_pap_swatch_0?_encoding=UTF8&qid=1520435286&sr=1-1

lese

“Schnell startete sie als Mikro Influencerin im Healthcare Bereich durch”

werde ich misstrauisch. Was bedeutet das genau? Ob die gleich zweimalige Erwähnung der “sehr guten, neuen Medikamente” in dem Interview damit zusammenhängt?

Seltsam finde ich auch diese Aussage: " Wir haben heute wirklich gute Medikamente, wirklich gute neue Behandlungsansätze. Wer jetzt eine MS diagnostiziert bekommt, muss nicht mehr zwangsläufig in den Rollstuhl. Das ist einfach Fakt."

Auch ohne Medikamente heißt MS nicht zwangläufig Rollstuhl und hieß es auch noch nie. Abgesehen davon, es gibt Schlimmeres.

@ Eva: Ist es bei dir immer noch nicht besser mit dem Essen?

Hallo Barocke,

das ist so ein Sozialmediading, das wir wohl nicht mehr verstehen. Ich kann mit diesem ganzen Bloggerkram nichts anfangen und finde diese ganzen MS Projekte merkwürdig. Ihren Blog habe ich mal gesehen und bin sehr schnell geflüchtet…

Das Essen ist immer noch ein riesiges Problem und quält mich langsam wirklich, dazu diese ganzen nervigen Leute, die einem auf den Senkel gehen. Wöchentlich muss die Nadel gewechselt und neue Unmengen an Sachen bestellt werden.

Die tolle Krankenschwester meinte ich bekäme flexible Termine, weil sie im Dorf wohnt, aber das war immer nur für sie passend. Weiterhin interessieren mich weder ihre Klagen über die anderen Patienten noch ihre Trennung und der Umzug. Also mache ich jetzt alles selber und habe wieder mal erlebt wie übergrifflich medizinisches Personal ist. Ständig werden hinter meinem Rücken Tatsachen geschaffen ohne es mit mir abzusprechen.

Auch ich merke wie ich mich deshalb immer mehr zurückziehe. Mein täglicher Bedarf ist eine riesige Materialschlacht und nicht gerade reisetauglich. Und das trotz der tollen Medikamente.

Hallo Eva,

ich als ältere Dame (60) kann es mir leisten, dieses “Sozialmediading” nicht zu verstehen, aber du als junger - nun ja - Hüpfer?

Ich habe mir den Blog jetzt mal angesehen. Er ist voll mit versteckter Werbung.

http://chronisch-fabelhaft.de/2018/02/09/im-krankenhaus-wegen-ms-mit-diesen-10-dingen-wirds-ertraglich/

Zum Beispiel klingt das dann so:

“und deswegen liebe ich diese Kopfhörer von Urbanears.”

Der Name des Kopfhörers ist als Link aktiviert und führt direkt zu Amazon.

Und an E-Mail-Adressen für noch mehr Werbung kommt man so:

“Hole dir jetzt meine 10 positiven Denkansätze mit instant-Gute-Laune-Garantie!”

Für diese sicher bahnbrechenden Erkenntisse muss man sich mit E-Mail-Adresse registrieren - und schon ist man im Verteiler.

Bleibt die Frage, warum die Süddeutsche so jemandem eine Plattform bietet. Womöglich gibt´s auch dafür Geld?

Dass es immer noch so schlimm ist mit dem Essen, tut mir leid. Lass dir nichts gefallen!

Junger Hüpfer, ich gehe auf die 40 zu und plage mich nun über 10 Jahre mit einer gut behandelbaren MS rum…

Nee, ich möchte keinen Blog, mache einen Bogen um Facebook und gucke keine Fotos auf Instagram, dazu nerven die ständigen Mitteilungen via WhatsApp.

Ich hätte es nicht treffender beschreiben können…

… sagt einer der nächstes Jahr 30 Jahre “dabei” ist :-(((

Uwe

Ich lese schon lange keine MS-Zeitungsartikel und MS-Bücher mehr.

Wenn tatsächlich Heilung kommt werde ich es ganz sicher automatisch erfahren.
Alles andere ist für mich relativ uninteressant, allenfalls Randerscheinungen.

LG
Uwe

Ich lese das bewusst nicht, wie Alles, was mich aufregen könnte.

Ich schreibe lieber selber an meinem Buch.

lg

Philipp

Hallo Uew,

das sehe ich auch so.

Das einzige MS-Buch, was ich je gelesen habe, war “Mein Dämon ist ein Stubenhocker” von Max
Dorner. Das hat mir gut gefallen. Endlich mal keine “Betroffenen-Literatur” sondern “richtige” Literatur, also mit künstlerischem Anspruch.

Du hast “drüben” bei den Ufos vor kurzem geschrieben, dass die MS-Bücher dir eher geschadet als genutzt haben. Magst du das mal genauer erklären? Welches MS-Buch hat dir in welcher Weise geschadet?

Vermutlich treiben einen solche Bücher auf alle möglichen irrwitzigen angeblichen Heilungswege, enttäuschte Hoffnungen und einiges an Geld inklusive.

höchste Zeit, dass du dich tätowieren lässt Eva :wink:

http://ms-ufos.org/forum/index.php?id=37903

Das ist doch nichts besonderes mehr, keine Farbe unter der Haut ist heute wohl seltener. Bin froh, dass das Arschgeweih an mir vorbeigegangen ist :wink:

Du hast "drüben" bei den Ufos vor kurzem geschrieben, dass die MS-Bücher dir eher geschadet als genutzt haben. Magst du das mal genauer erklären? Welches MS-Buch hat dir in welcher Weise geschadet?
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Ich habe mich MS-Büchern in wirklich allen möglichen Richtungen beschäftigt, als es mir noch relativ gut ging.
Viel zu spät habe ich bemerkt, dass das alles Nonsens ist, solange die URSACHEN nicht erkannt sind.

  • Man dreht sich im Kreis und vergisst zu leben…
    Auch meine Forenaktivitäten werde ich einschränken und nur noch berichten, wenn ich etwas neues probiert habe.

  • Demnächst kommt ein Praxisbericht zu HOTSHOT. Aber ich werde ich nicht jede Frage beantworten, das sage ich gleich hier.

  • Jeder muss sein eigenes Ding machen, ist bei MS zur Zeit eben so.

LG
Uwe