Hallo Maria,
da muss ich Andrea voll zustimmen: zuviel Lesen im WW-Forum ist ungesund und hat einen Nocebo-Effekt. Von Schweine- und Ananasenzymen und hochdosierter Ascorbinsäure ist noch keine MS besser geworden. Nach wie vor wird dort übrigens das Copaxone totgeschwiegen!
>Zu den Betainterferonen schrieb der angesehene MS-Experte John Noseworthy: „Alle Betainterferone sind teuer <
- Wow, für diese bahnbrechende Erkenntnis sollte er sofort für den nächsten Medizinnobelpreis nominiert werden! Schön, wenn man dazu einen angesehenen MS- Experten zitieren kann! (Ein Blick in die Rote Liste oder auf die letzte Apotheken-Abbuchung hätt’s aber auch getan …)
> „Alle Betainterferone sind teuer <
- Die Alpha-Interferone, die bei anderen Krankheiten gebraucht werden (z.B. Hep. C), sind das aber auch! - Weshalb die Interferone den Kassen-Kostendrückern ein Dorn im Auge sind und die Kassen angeblich durch anonyme Helfer in den verschiedensten Foren Angst vor Nebenwirkungen teurer Therapien schüren lassen … sie bauen auf den Nocebo-Effekt …
>und haben vielfache Nebenwirkungen. <
- … die sich in den meisten Fällen problemlos behandeln lassen und bei denjenigen Interferonen, die mehrmals wöchentlich verabreicht werden, nach ein paar Wochen stark nachgelassen haben. Avonex ist hier eine Ausnahme, doch wird von Interferongegnern gerne so getan, als wären die lang anhaltenden und oft recht harten Nebenwirkungen von Avonex exemplarisch für die ALLER Interferonpräparate. Was sie aber nicht sind! Interessant, dass in dem gewissen Forum die meisten, die die Nebenwirkungen der Interferone so schrecklich schildern, nie eines gespritzt haben.
Manche Patienten haben auch von Anfang an fast gar keine Nebenwirkungen. Und keine Nebenwirkung eines Interferons, die mit einer läppischen Kopfwehtablette behandelt werden kann, kann so schlimm sein wie eine fortgeschrittene MS!
>Ihre Langzeitwirkung ist nicht bewiesen <
- Natürlich nicht, da das älteste von ihnen - Betaferon - in der EU erst seit 1995 zugelassen ist. Wie ist “Langzeitwirkung” denn definiert, zwanzig Jahre, dreißig? Die Krankheitsverläufe aus der Zeit vor den Interferonen sprechen für die Basistherapien, denn die sahen damals anders aus! Von den Patienten, die von Anfang an Interferone gespitzt haben, sind etliche nach fast 15 Jahren immer noch schubförmig!
>und neue Studien beschäftigen sich kritisch mit der Kosten-Nutzen-Relation dieser Substanzen. <
- Studien, die die „Kosten-Nutzen-Relation“ einer Therapie isoliert betrachten und sie nicht mit den Kosten des Verlaufs derselben Erkrankung ohne Medikament vergleichen, sind keinen Cent wert, sie sind nicht aussagekräftig, und es ist ethisch mehr als fragwürdig, einem Kranken eine Behandlung wegen ihrer Kosten streitig zu machen!
Für die Rentabilitätskalkulation braucht es keine Studien, nur jemanden, der was von Ökonomie versteht. Natürlich sind die Interferone teuer. Sie lassen sich nicht einfach chemisch synthetisieren, dazu braucht es die Gentechnik! Es stecken rund eine Milliarde $ Entwicklungskosten darin! Trotzdem verschlingen die Basistherapien nur zwischen 7 - 10 % der gesamten Krankheitskosten der MS! Wenn den Interferongegnern keine sachlichen Argumente gegen die Interferone einfallen, schwingen sie halt die Kostenkeule. Armselig, das!
Der Mensch ist keine Maschine, bei der man fragt, ob sich die Wartung oder Reparatur noch amortisiert! Sonst müsste man auch fragen dürfen, ob ein 65-jähriger Rentner noch dialysiert werden sollte - was rund 48.000 Euro jährlich kostet! Bei dem müsste doch eher das sozialverträgliche Frühableben gefördert werden! Ab 65 keine Dialyse mehr, dann ist er mit 66 krepiert und verursacht keine Kosten mehr, supiii! Was billig ist, ist auch gut! - - - Oder etwa nicht?
Man sollte vielleicht auch mal fragen, ob diejenigen, die sich mit Gefräßigkeit, Alk, Nikotin oder Halsbrecher-Sportarten krank machen, nicht selber für ihre Behandlungskosten aufkommen sollten. Oder Therapie-Verweigerer, die ihre Medikamente nicht regelmäßig nehmen und deswegen selbst daran schuld sind, dass ihr Blutzucker oder Blutdruck entgleisen und es ihnen trotz Behandlung täglich schlechter geht.
Rein rechnerisch konnte nachgewiesen werden: Wenn durch ein Interferon die Berentung um fünf Jahre hinausgezögert werden kann, amortisiert sich die Investition auf jeden Fall für die Versichertengemeinschaft. Fünf Jahre eher Berentung und Pflege sind teurer als fünf Jahre Basistherapie!
>Daten zur Langzeitwirkung und Sicherheit der Medikamente fehlen.
- Das ist Schnee von vorgestern. Mit dem ältesten der Interferonpräparate, Betaferon, hat man seit Beginn der Zulassungsstudien 20 Jahre lang Erfahrungen gesammelt . Wenn der erwähnte Forenarzt den x-ten Aufguss seiner über 10 Jahre alten Interferonschelte veröffentlicht, statt sich einen Überblick über den aktuellen Stand der Forschung zu verschaffen, muss er sich gefallen lassen müssen, als unbelehrbarer, altersstarrsinniger Landarzt und Traumtänzer zu gelten, der sich einredet, die MS-Verläufe seiner Patienten mit Schweineenzymen und einer Rollstuhlfahrer-Kontaktsperre positiv beeinflussen zu können (weil der Anblick von Hilfsmittel die Neudiagnostizierten psychisch runterziehen könnte).
Der Bewusste ist jedenfalls nicht ein „angesehener MS-Experte“, sondern ein verhinderter Poet und Philosoph. Er versteht wahrscheinlich mehr von Thomas Mann als von MS. Zum Beispiel hat er kaum einen Schimmer von Corticosteroiden oder von der Entwicklung der Röntgentechnik und der Tuberkulose-Diagnostik. Die drei kleinen Bücher, die er über die MS veröffentlicht hat, sind in seinem Verlag erschienen, wahrscheinlich wollte kein richtiger medizinischer Fachbuchverlag Laienschriften vom Niveau des Reformhausblättchens drucken.
>Die Begeisterung für diese Behandlungsarten, egal ob sie gleich nach Diagnosestellung oder im weiteren Verlauf eingeleitet wurden, wird gedämpft durch die enttäuschende Realität, dass die meisten Patienten trotz der Behandlung weiter Schübe haben und schließlich doch zunehmend behindert werden.“<
- Wenn die Basistherapie nicht anschlägt, und nach 1-2 Jahren weiterhin eine signifikante entzündliche Aktivität im Kernspin festzustellen ist, wird sie abgesetzt! stabiler Krankheitsverlauf ist Voraussetzung für eine Weiterbehandlung. Das steht in der Medikamenteninformation! Aber ohne es mal damit zu versuchen, kann man nicht feststellen, ob man zu den Respondern gehört oder nicht!
>Auch die Cochrane Collaboration kam 2004 nach einer Metaanalyse aller vorliegenden Betainterferon-Studien zu dem Schluss: „Die Wirksamkeit der Betainterferone auf Schübe und Krankheitsprogression bei Patienten mit schubförmig verlaufender MS war nach ein und zwei Behandlungsjahren mäßig.<
- Was heißt “mäßig”? Wie ist “mäßig” definiert? Bedeutet das, nicht den Ansprüchen einer “Ich will alles, und das sofort!!!” - Klientel zu genügen? Zudem wurden für diese Metaanalyse Daten von Patienten ausgewertet, deren MS oft schon viele Jahre lang unbehandelt verlaufen war, weil sie nicht diagnostiziert wurde. Das Resultat hätte wahrscheinlich anders ausgesehen, wenn früh genug mit einer Therapie begonnen worden wäre, wie es der aktuelle Stand ist! Den Deckel auf den Brunnen tun, wenn das Kind schon reingefallen ist, ist keine Kunst!
Wenn die Basistherapie wirklich was bringen soll, muss man früh damit anfangen, solange es einem noch gut geht und die MS noch möglichst wenig Schäden angerichtet hat. Es ist unbestritten, dass eine Schubprophylaxe am meisten bringt, wenn damit begonnen wird, noch ehe zu viele Nervenzellen den Bach runter sind.
>Eine längere Beobachtungsdauer und eine einheitlichere Darstellung der klinischen und kernspintomographischen Befunde hätten vielleicht eine überzeugendere Schlussfolgerung erlaubt."<
- Siehe oben; vor allem aber ein früherer Behandlungsbeginn!
>Weitgehende Übereinstimmung besteht darüber, dass Betainterferone beim primär progredienten Verlauf nicht wirksam sind<
- Weitgehende Übereinstimmung besteht darüber, dass die Interferone nur die entzündliche Aktivität einer MS drosseln können, und nicht die neurodegenerative. Allerdings waren die Interferone für die PPMS auch noch nie zugelassen, das stand nie zur Diskussion. Eine Verordnung bei PPMS kann nur ein individualtherapeutischer Versuch sein, und nur bei jemandem, der PPMS oder SPMS mit aufgesetzten Schüben hat, also noch einer feststellbaren entzündlichen Aktivität.
>auch ist ihre Wirksamkeit nach dem Übergang in das sekundär progrediente Stadium mehr als zweifelhaft.<
- Siehe oben: so lange noch eine entzündliche Aktivität feststellbar ist, können auch die Basistherapien noch etwas bringen. Wenn nicht, ist der Zug eh schon raus.
Ich bin ein Anhänger der Medizin, und nicht der Esoterik. Studien und Zahlenspielereien interessieren mich auch nicht, mich interessiert nur der tatsächliche Effekt eines Medikaments bei mir. Ich glaube, dass an der Virus-Theorie etwas dran ist, und dass deswegen viele MS-ler von den Interferonen profitieren, weil ihre MS mit einem Virus zusammenhängt (üblicher Verdächtiger ist immer noch das EBV). Während bei anderen, die nicht vom Interferon profitieren, die MS eine andere Ursache hat.
Gruß Herbert