Hallo,

meine Freundin hat von irgendwem ein englisches Buch von 1976 in die Hand gedrückt bekommen - W. Ritchie Russell: Multiple Sclerosis. Control of the Disease, Pergamon Press Ltd., Oxford.

Ich habe bislang nur reingelesen, würde mich aber jetzt schon mal dafür interessieren, ob es hier Erfahrungen oder Erinnerungen dazu gibt. Bei Google gibt es dazu nur gähnende Leere.

Wenn ich’s richtig verstehe, scheint die These zu sein, dass die Durchlässigkeit der Blut-Hirn-Schranke für Lymphozyten das Problem bei MS sei, das sich mit einem Rest Exercise Programme (REP) in den Griff bekommen lasse, also mit einem Erholungs- und Fitnessprogramm. Angeblich sei herausgefunden worden, dass vor allem die kleinsten Verästelungen der Blutgefäße im Hirn durchlässig werden. Dies könnte daran liegen, dass diese Verästelungen nicht gut genug durchblutet werden und daher absterben oder zumindest kränkeln, so die Vermutung. Dagegen soll helfen: Mindestens 3 x am Tag Kreislauf tüchtig in Gang bringen, möglichst in horizontaler Position (mit Liegestütze z. B.) und sich danach oder davor für mindestens 10 Minuten liegend ausruhen. Das Ganze ist mit einer Studie unterlegt, die mich aber sowohl aus methodischen Gründen als auch wegen der angegebenen Zahlen nicht wirklich überzeugt.

Dennoch ist das wie mit der gesunden Ernährung: Klingt plausibel, dass es etwas bringen könnte. Sport und ausruhen gehören ja irgendwie auch zu den Standardempfehlungen an MSler. Außerdem haben es meiner Freundin die Einzelfallberichte in dem Buch angetan, zu denen ich noch nicht gekommen bin und auf die ich wahrscheinlich auch nicht so viel geben werde. Statistiken halte ich bei einer Krankheit, die für viele Betroffene ohnehin relativ gute Verläufe offenhält, für aussagekräftiger als positive Fallberichte.

Weiß dazu irgendjemand Näheres? Gibt es vielleicht Erfahrungen damit? Weiß jemand Gründe, warum man dazu im Netz nichts findet? Gibt es vielleicht neuere Studien dazu als aus den 60ern/70ern? Gibt es dafür vielleicht auch einfach einen anderen Titel als REP? Es geht ja eigentlich um etwas ziemlich Triviales, das auf viele Namen hören mag.

Falls sie es hinbekommt, das regelmäßig durchzuführen, wäre so ein REP sicherlich keine schlechte Sache. Worum es mir geht, ist die Frage, ob das als Ersatz zu einer Basistherapie taugt. Die Nebenwirkungen sind sicherlich moderater. Gibt es aber auch Wirkungen, die nennenswert sind?

Hallo Bert
vielleicht googelst Du mal die Frage, was es für Ursachen gibt, zu einer erhöhten Durchlässigkeit der Bluthirnschranke führen können.
Viel Glück!
Tilli

Hallo Bert,

viele Behandlungsansätze gründen auf der Annahme, dass die MS eine Erkrankung der Blut-Hirn-Schranke ist, z.B. die Therapie mit Interferonen oder monoklonalen AK. Wurde denn bei deiner Freundin eine Schrankenstörung festgestellt?

Durchblutungsstörungen im Gehirn führen nicht zu MS. MS ist nicht gleich Hirnischämie, sondern eine Entzündung.

Eine Hirnischämie wird nicht mit Sport behandelt. Dieser kann sogar kontraproduktiv sein, da durch körperliche Anstrengung Blutgerinnsel in den Gefäßen gelöst und weggeschwemmt werden können und dann kleinere Gefäße verstopfen. Eine Hirnischämie wird mit Gerinnungshemmern behandelt.

Bei Verdacht auf eine Schrankenstörung empfehlen sich eher Medikamente, die die BHS stabilisieren. Die gab es 1976, als das Buch veröffentlicht wurde, noch ebensowenig wie Kernspintomographien.

LG Ulla

sorry, hatte mich vertan, ich meinte die Blut-Liquor-Schranke.

>Bei Verdacht auf eine Schrankenstörung empfehlen sich eher Medikamente, die die BHS stabilisieren. Die gab es 1976, als das Buch veröffentlicht wurde, noch ebensowenig wie Kernspintomographien.

Wird das in Neurologien untersucht???
Ich war ja mehrmals wegen MS(-Symptomen) in einer Neurologie.
In keinem Fall wurd da so etwas untersucht. Wäre ja zum Thema Cop/Interferon etc. pp. doch recht sinnvoll.

Die üblichen allgemeinen Tests, MRT usw. wurden natürlich schon gemacht.

Anne

aus der Diskussion:

“Tysabri: FDA-Anhörung zur Wiedereinführung im März 2006”
alf 18.12.2007
die blut-hirn-schranke ist bei gesunden selektiv durchlässig… im ms-schub besteht eine schrankenstörung (daran zu erkennen, dass kontrastmittel ins zns eindringen kann). …

also doch ein Befund des MRT, oder?

Danke Dir Tilli!

Anne

Hallo Ulla,

ja, mindestens ein Herd hat in mindestens einem MRT Kontrastmittel angereichert, ich glaube sogar, es waren ein paar mehr. Gibt es denn MSler ohne Schrankenstörung?

Auch wenn die Idee von Russell die einer Hirnischämie gewesen sein mag (ich bin mir da allerdings nicht ganz sicher, ob es das wirklich trifft) und du Recht damit hast, dass MS und Hirnischämie nichts miteinander zu tun haben, ist das keine Antwort auf meine eigentlich Frage: Bringt REP vielleicht etwas gegen MS? Es könnte ja auch sein, dass die theoretischen Überlegungen Unsinn waren, die Praxis aber aus unbekannten oder mittlerweile bekannten Gründen trotzdem gut.

Nichtsdestotrotz danke für die interessante Antwort. Woher aber weiß man eigentlich, dass MS nichts mit Hirnischämie zu tun hat?

“Durchblutungsstörungen im Gehirn führen nicht zu MS”

Thema war doch eine ERHÖHTE Durchlässigkeit (=Schrankenstörung), nicht eine Durchblutungsstörung, die ja auf eine niedrigere Durchlässigkeit hinweist, oder verstehe ich das falsch? Vielleicht fällt das auch unter Schrankenstörung?

Hallo Tilli,

in dem Buch taucht die Idee einer Durchblutungsstörung auf, es wird aber nicht gerade detailiert ausgeführt, warum eine Durchblutungsstörung zu Herden führen sollte. Meine Fantasie dazu war die, das Durchblutungsstörungen vielleicht zu einer Unterversorgung des Blut-Hirn-Schranken-Gewebes führen könnte, was dann wiederum zu einer Durchlässigkeit der Schranke führen könnte. Aber ich nehme an, dass Ulla da schon recht hat: Ist eine antiquierte Vorstellung aus einer Zeit vor BT und MRT. Interessieren würde mich aber trotzdem, wie man soetwas eigentlich herausbekommt: Kann man im MRT sehen, dass die Blutgefäße in Herden keine Störungen aufweisen? Und woher weiß man, dass sie nicht vielleicht ein Jahr vorher eine Durchblutungsstörung durchlaufen haben? Meine Frage ist also mehr: Wie sieht eigentlich bei dieser konkreten Frage der Forschungsprozess aus, wie findet man das heraus?

Hallo Bert

  • interessieren würde mich aber trotzdem, wie man so etwas eigentlich herausbekommt: Kann man im MRT sehen, dass die Blutgefäße in Herden keine Störungen aufweisen? Und woher weiß man, dass sie nicht vielleicht ein Jahr vorher eine Durchblutungsstörung durchlaufen haben? Meine Frage ist also mehr: Wie sieht eigentlich bei dieser konkreten Frage der Forschungsprozess aus, wie findet man das heraus? -

Ehrlich gesagt, das weiß ich nicht, ich bin nicht vom Fach, lediglich als laienhaft Interessierte und Betroffene unterwegs. Ich weiß nicht, ob man das feststellen kann, wenn ja wie, ich weiß auch nicht, ob es relevant ist.
Wenn ich auf Spurensuche bin, dann frage ich Fachleute aus meinem Bekanntenkreis, suche in Lexikas, im i-Net (ich bevorzuge die Suchmaschine -metager-, da ist nicht ganz so viel Überflüssiges dabei), Wikipedia ist manchmal auch hilfreich, und ich habe überhaupt kein Problem, auch Bücher zu lesen, die Ansätze beschreiben, die halt grad nicht der nationalen gängigen Lehrmeinung angepasst sind. Und diese Spuren verfolge ich so lange, bis ich eine stimmige Erklärung für Zusammenhänge gefunden habe.

Was die von dir angesprochene Therapie angeht, so weiß ich nichts darüber. Aus eigener Erfahrung kann ich aber berichten, dass körperliche Fitness* mir immer dann gut tun - soweit eben möglich - , wenn ich sie aus einem inneren Impuls raus, aus eigener Lust praktiziert habe, wenn sie nur mit positivem Stress verbunden war. Alles was ich tun SOLLTE (auch Ratschläge sind Schläge!), was sich nach Pflichtprogramm anhörte, war generell kontraproduktiv.

  • körperliche Aktivität regt den Stoffwechsel und die Selbstheilungskräfte an, erhöht die Endorphinausschüttung und und und … und verschafft ein Gefühl von Sicherheit und Handlungsfähigkeit.

Gruß
Tilli