Hallo Mike,
ich bin 57 und habe die Diagnose auch seit 2005. Schon davor hatte ich mich für Betaferon entschieden. Mein Neuro hätte es lieber gesehen, wenn ich Copaxone genommen hätte, aber ich habe es abgelehnt, da ich Allergikerin bin und nicht versessen auf Juckreiz oder gar eine anaphylaktische Reaktion war.
Da ich intramuskulär nichts spritzen darf, kam Avonex für mich nicht in Frage, und Betaferon (Trockensubstanz mit Salzwasser) war mir lieber als Rebif (Fertigspritzen mit Stabilisator und Konservierungsmittel). Ich bin auch sonst kein Fan von Fertigzeugs.
Ich habe mit Betaferon angefangen, bevor ich überhaupt in einem MS-Forum gelesen hatte oder irgendwelche Horrorstories von “belastenden” Nebenwirkungen zu Gesicht bekam. Das war natürlich von Vorteil, denn so konnte kein Nocebo-Effekt eintreten. (Dass sie einen solchen bewusst erzeugen wollen, unterstelle ich vielen Basistherapiegegnern, und auch manchem Weißkittel, der ein bestimmtes Präparat favorisiert und daher die anderen madig machen will.)
Ich sollte es einschleichen, so etwa jede Woche 0,25 ml mehr, aber so viel von dem teuren Stoff wegzuschmeißen, war mir zuwider - ich hätte ein schlechtes Gewissen gegenüber den Blutspendern gehabt, deren Humanalbumin für die Spritzen benötigt wird.
Ab etwa der vierten oder fünften Spritze habe ich 1 ml gespritzt, und nach 3 Monaten die ganzen 1,2 ml, was ich seither tue. Als Nebenwirkungen habe ich ab und zu mal Kopfschmerzen, dann nehme ich eine Ibu (das kommt etwa 3 mal im Monat vor, meist nehme ich nichts). Außerdem ofter mal eine fünfmarkstückgroße Hautrötung an der Einstichstelle (juckt aber nicht).
Ich finde, dass zumindest Betaferon/Extavia besser ist als sein Ruf. Ich lasse vierteljährlich beim Hausarzt ein Blutbild machen, und bis jetzt hat meine Leber die knapp 1200 Spritzen in den 2.382 Tagen seit der Diagnose (nee, habe keine Zählneurose, nur Excel) ohne Schäden verkraftet, obwohl ich wegen meiner sonstigen Baustellen noch eine Menge anderer Medikamente nehmen muss. Oft spritze ich mal eben am späten Nachmittag zwischendurch, dann mache ich was anderes, und abends weiß ich nicht mal mehr, ob ich mich heute schon gespritzt habe, dann muss ich in den Mülleimer sehen, ob der Junkie-Abfall schon drin liegt.
Meine MS (progredient mit Schüben) verhält sich ruhig, seit ich spritze, ich hatte jedenfalls in keinem der 6 Kontroll-MRTs noch eine Schrankenstörung (und vor Therapiebeginn sah das noch ganz anders aus). Ich werde auf jeden Fall beim Betaferon bleiben, solange ich es erstattet bekomme. Außerdem ist mir sympathisch, dass der Stoff in Biberach produziert wird, sodass das Geld dafür im Ländle bleibt. Ich trage damit (Durchschnitt 2010) zum Erhalt von 4.522 Arbeits- und 279 Ausbildungsplätzen bei, und das ist doch auch erfreulich. (Pharmagegner verwechseln oft Umsatz mit Gewinn; dass von dem Geld, das die Spritzen kosten, auch Löhne, Betriebskosten und Steuern gezahlt werden müssen, vergessen sie oft.)
Liebe Grüße
Renate
P.S.: Nein, ich kriege kein Zeilenhonorar von “der Pharma”, ich bin seit dem Diagnose-Schub erwerbsunfähig. Und mir hat auch niemand das Präparat aufgeschwatzt, eher, im Gegenteil, abgeraten, wegen des Risikos neutralisierender Antikörper.