Hallo Markus,
“richtige” Schübe hatte ich auch zu Beginn meiner MS eigentlich nicht. Falls ich taube Finger, Füße usw. hatte, sind sie mir nicht aufgefallen, ich habe sowas einfach nicht besonders wichtig genommen. Ich war eh nie völlig gesund, irgendwas tat immer weh, aber wehleidig bin ich nie gewesen. Ich wäre nicht auf die Idee gekommen, wegen eingeschlafenen Füßen zum Arzt zu gehen! Zumal ich damit in meinem Umkreis auch auf wenig Verständnis gestoßen wäre: “Du und MS? Du bist ja hysterisch! Das ist bloß psychosomatisch!”
Zum Arzt bin ich erst gegangen, als ich irrsinnige Schmerzen im Lendenwirbelbereich kriegte (die mir seither erhalten geblieben sind) und mein linkes Bein streikte. Ich dachte zuerst an einen eingeklemmten Ischiasnerv oder sowas. Das wurde dann der “Diagnose-Schub”; vom ersten Arztkontakt (Ortho) bis zum “amtlichen Endergebnis” nach dem stationären Durchlaufen der Diagnose-Mühle dauerte es rund 12 Tage (allerdings war Ostern dazwischen).
Ich hatte oligoklonale Banden im Liquor, pathologische VEP und etwa 8 bis 10 aktive Herde im Gehirn. Den, den ich im Halsmark habe, sah man damals noch nicht, erst anderthalb Jahre danach beim dritten Kernspin, aber die spinalen Symptome, die ich seither habe, ließen darauf schließen, dass da einer sein musste. Im MRT sieht man bei weitem nicht alles.
Ich glaube schon, dass es auch so laufen kann wie bei dir: dass man wegen irgendwas anderem in die Röhre oder zum Neuro kommt, und die MS zufällig festgestellt wird. Schließlich verursacht nur jeder siebte bis zehnte Herd einen Schub, und einige MS-Erkrankungen bleiben sogar lebenslang unentdeckt. Die MS schießt mit Schrot - manchmal trifft eins der Körnchen eine strategisch wichtige Stelle, und meistens nicht.
Ich hatte in den 2 Jahren vor der Diagnose, als meine MS in die “heiße Phase” eingetreten war, zahlreiche Schübe (ca. 4 - 5 pro Jahr) , nur wusste ich damals noch nicht, was das ist, und wann ein Schub aufhörte und der nächste anfing. Nach der Diagnose fing ich mit Betaferon an, seither habe ich nur noch selten einen leichten Schub (ca. alle 2 Jahre) - warum, weiß ich nicht - ob durchs Betaferon, oder nur zufällig, oder weil ich inzwischen sekundär progredient bin. Keine Ahnung.
Das Kribbeln in deiner Hand für ein paar Stunden würde ich nicht als Schub betrachten, aber den mehrere Tage lang tauben Daumen schon. Was länger als 24 Stunden anhält, kann ein Schub sein. Ich würde die Indikation oder Nicht-Indikation für eine Therapie an der Krankheitsaktivität / Herdproduktionsrate festmachen, also an der Zahl der Schrotschüsse, und nicht an den Schüben, also an den erfolgreich gelandeten Treffern.
Liebe Grüße
Renate