Hallo Sabine,
danke - ich verstehe. Die Ausübung der Heiltätigkeit ist in Österreich in der Tat ausgebildeten Medizinern vorbehalten. “Heilpraktiker” gibt es eigentlich europaweit nur in Deutschland, denn in Deutschland gilt immer noch das Reichsheilpraktikergesetz der Nazis vom 17. Februar 1939, durch welches eine “germanische Volksmedizin” als Gegenteil zur angeblich “jüdischen Schulmedizin” etabliert werden sollte.
In Österreich wurde dieses Heilpraktikergesetz nach der Befreiung abgeschafft. Die Werbung für, und das Vermitteln von "Heil"methoden, die gewerbsmäßig durch Nicht-Ärzte ausgeübt werden, ist seither in Österreich strafbar:
“Wer, ohne die zur Ausübung des ärztlichen Berufes erforderliche Ausbildung erhalten zu haben, eine Tätigkeit, die den Ärzten vorbehalten ist, in Bezug auf eine größere Zahl von Menschen gewerbsmäßig ausübt, ist mit Freiheitsstrafe bis zu drei Monaten oder mit Geldstrafe bis zu 180 Tagessätzen zu bestrafen.” (§ 184 des österreichischen StGB)
Das ist aber auch ein Definitions- und Grauzonenproblem. Die auf diesem Gebiet tätigen Heiler bräuchten nur in passenden Gesetzeslücken zu arbeiten. So ist in Österreich die Tätigkeit des “Heilers” dann nicht verboten, wenn sie im Rahmen einer staatlich anerkannten religiösen Praxis ausgeübt wird. Für viele Heiler ist das das Hintertürchen: Man erklärt eine Methode zum Bestandteil einer staatlich anerkannten Religion, z.B., indem man ein bisschen Weihwasser dabei verwendet.
Oder die “Organisation” bräuchte unter ihren Mitgliedern nur einen Arzt zu haben, der pro forma die Heiltätigkeit nach der Methode der “Organisation” als Strohmann, gewissermaßen als “Stroh-Arzt” ausübt, und schon wäre sie legal. Oder die Organisation bräuchte ihre “Heiltätigkeit” nur nicht gewerbsmäßig auszuüben, sondern ohne Honorarabrechnung, dann wäre auch dies nicht mehr illegal.
Stellen wir also fest:
1.) Zu der Organisation gehört - obwohl der Begriff “Organisation” eine größere Mitgliederzahl suggeriert - kein einziger Arzt. -
2.) Die Organisation hat eine Gewinnerzielungsabsicht, darum ist sie in Österreich illegal. -
3.) Die Organisation traut sich nicht, eine Filiale in Deutschland (dem Heilpraktikerreservat) zu eröffnen - warum eigentlich nicht?
Hier könnte sie legal arbeiten, bräuchte so gut wie keine Angst vor Strafverfolgung zu haben, da sich die deutschen Behörden in Heilpraktiken in aller Regel nicht einmischen (manchmal nicht einmal dann, wenn es Todesopfer gibt - eigene Erfahrung aus meiner Familie) und könnte mit der Heilung von MS Millionen scheffeln - wenn ihre Methode überhaupt funktionieren würde.
Vielleicht gäbe es dann zwar keine Schlagzeilen in der "Krnen-Zeitung", dafür aber in der Bld-Zeitung oder im “G*****en Blatt”. Der Fußschweißschnüffler Fliege ist ja leider weg vom Fenster, bei dem bekam fast jeder Scharl— äh, Wunderheiler seinen Werbeauftritt.
Also, so ganz kann ich die Räuberpistole von der MS-Heilungs-Untergrund-Organisation, die “nur schwere Fälle annimmt”, weil sie die Strafverfolgung wegen illegalen Heilpfuschs fürchtet, wirklich nicht glauben.
Vielleicht sollen “nur schwere Fälle” geködert werden, weil man deren Verzweiflung am besten ausnützen kann? Verzweiflung macht bekanntlich blind und leichtgläubig - und spendabel!
Mir müssten sie erst mal plausibel machen, warum sie nicht in Deutschland tätig werden, wo man hier frei heilpraktizieren kann, auch wenn man davor eine Ausbildung zum Klempner hatte. Und dann sollen sie mal definieren, was sie unter einem “schweren Fall” verstehen. Einen millionenschweren, oder was?
Wer wirklich helfen will, selektiert nicht. Der hilft notfalls gratis und fragt nicht nach Honorar. Und wenn es bloß um ein Medikament geht, das prinzipiell zugelassen ist, aber “off Label” angewendet werden soll (z.B. Nemexin), gibt es Mittel und Wege, das Rezept zu bekommen, z.B. vom Arzt des Vertrauens.
Wie heilt man die MS? Nun, da die MS derzeit noch unheilbar ist, definiert man einfach “Heilung” um - das haben schon viele getan (auch ein internetbekannter Psychiater erklärt immer mal wieder, MS heile von selbst aus). Aber fünf Jahre ohne Schub ist wirklich noch nichts Besonderes, das hatte ich zu Beginn meiner MS auch.
Jeder PPMSler kann locker mit 15-20 Jahren ohne Schub und mit einem MRT ohne Leuchtpunkte aufwarten. Dass man keine Schübe und keine neuen Herde mehr bekommt, kann man aber noch nicht als “Heilung” bezeichnen.
Und bei einer so unberechenbaren Krankheit wie MS kommt es auch bei der schubförmig-remittierenden MS vor, dass man mal ein paar Jahre lang symptomfrei ist, vor allem am Anfang oder solange die BT wirkt. (Wenn die MS erst mal einen Haufen Löcher ins ZNS gefressen hat, natürlich nicht mehr.)
Also, so lang die ominöse (von der bösen Schulmedizin verfolgte) Untergrundorganisation nicht wenigstens ein paar ihrer Karten auf den Tisch legt, würde ich lieber die Finger davon lassen und mich an einen MS-Spezialisten wenden - in jedem Fall aber den Geldbeutel gaaaanz fest halten.
Ich verstehe eure Lage, aber habt ihr denn wirklich schon alles ausprobiert, auch Zytostatika und Plasmapherese? Was für eine MS hat denn der sehr schwere Fall in deiner Familie, wie alt ist er, welche Symptome hat er?
Ich wünsche euch alles Gute!
Liebe Grüße
Bettina