Hallo ihr Lieben,

ich bin neu hier. Eigentlich hatte ich grade schon einen ellen langen Text geschrieben… als ich ihn veröffentlichen wollte war der Text weg und ich bin auf der Login-Seite gelandet. Nun also noch mal neu… :slight_smile:

Ich bin 28 Jahre alt und habe seid Januar meine Diagnose (meinen ersten Schub allerdings schon fast genau ein Jahr vorher). Seid ca. 5 Monate spritze ich Avonex. Die ersten Male waren nicht schön. Die Nebenwirkungen waren schon heftig. Nach ein paar Wochen wurden sie aber sehr viel besser. Nun habe ich nur noch ein wenig Fieber und bin am Morgen danach geistig stark abwesend.

Ich bin hier weil ich auf einen netten Erfahrungsaustausch hoffe und euch um schonungslose Ehrlichkeit bitten möchte.
Ich habe nämlich ein kleines Problem.
Ich habe im August letzten Jahres meinen Arbeitsplatz gewechselt. Eine neue Firma mit Kunden die jedes Frauenhertz höher schlagen lässt. Namenhafte Designer und große Kosmetikhersteller.
Meinen Job habe ich immer erstklassif beherrscht. Man könnte sagen das ich Schwargürtelträger darin bin :slight_smile:

Leider zeigte ich mich nicht von meiner besten Seite. Ich verbockte jeden Auftrag der rein kam. Ich machte Fehler die mir früher nie passiert sind. Als hätte ich noch nie etwas mit der Materie zutun gehabt. Ich konnte mir jedoch nicht erklären woran das lag. Der Druck wuchs und wuchs.
Dann kam der unsägliche Jahreswechsel und mit ihm die Diagnose. Nun war also klar das mein Hirn nicht mehr so recht funktioiert. Ich habe starke Einschränkungen was die kognitiven Fähigkeiten angeht.
Nachdem ich wusste was los ist konnte ich ein wenig dagegen steuern. Es ist auch schon besser aber noch nicht gut genug um Kunden zu betreuen die mehrere hunderttausend Euro für Ihre Werbung ausgeben.
Nach der Diagnose ging ich zu meinem Arbeitgeber. Hätte ich ihm nicht gesagt was mit mir los ist wäre ich nach der Probezeit geflogen. So ließ er mir noch ein paar Monate mehr zeit. Die Angst und der Druck waren zu groß. Ich konnte und wollte dort nicht mehr arbeiten. Ich war in der Firma als die größte Fehlerquelle überhaupt bekannt.

Nun bin ich aktiv auf der Suche nach einer neuen Stelle. Ich hasse es auf kosten des Staates zu leben und möchte das auch schnellstens ändern.
Leider habe ich das Problem das ich angst habe durch erneuten Stress die MS (ich nennen sie gerne “mein MistStück”) zu verschlimmern.
Jeder sagt einem das Stress das schlimmste ist was man dem Körper in dieser Situation antun kann. Alle Ratgeber, Internetseiten, Neurologen, Allgemeinmediziner, Krankenschwester und selbst Angehörige (natürlich erst nach dem man sie darüber aufgeklärt hat das es sich NICHT um Muskelschwund handelt).

Passiert euch das auch so oft? Jeder fragt: “Das ist doch Muskelschwund, oder?”
Ich glaube nicht mal das es sowas gibt. Ausgenommen dem üblichen Schwund der bei meiner ausgeprägten Abneigung gegenüber Sport und Fitness zu erwarten ist.

Mitlerweile habe ich selber panische Angst, alles zu verschlimmern. Ist eine Telzeitstelle vill besser? Was würdet ihr tun?
Bei jedem Vorstellungsgespräch stelle ich mir die Frage: “Im Rollstuhl landen für DIESE Stelle? Schafft mein verquollenes Gehirn das überhaupt?”

Ist diese Sorge berechtigt? Vermutlich nicht… Welcher Mensch führt denn ein Leben ohne Stress. Selbst Langeweile kann zu Stress führen. Vill sollte ich mein Leben in einem Wald weiterführen und mich mit Öff Öff anfreunden?!

Ich hoffe auf eure Antworten, gespickt mit bedingungsloser Ehrlichkeit. Wenn ich mich nur anstelle dann möchte ich das gerne wissen. Keine Sorge, ich kann das vertragen :slight_smile:
Vill hat noch jemand so verquer gedacht wie ich und kann mir aus unebrechtiger Sorge heruas helfen.

Ich danke euch schon mal

Liebe Grüße
Melanie

Guten Morgen, liebe Melanie!

Für mich selbst bedeutet das Grübeln den meisten Stress. Deshalb habe ich mich auch genau damit auseinandergesetzt.
Das kann man auf verschiedene Weise tun. Die einen meditieren, die anderen machen Progressive Muskelentspannung, die anderen Yoga oder autogenes Training.
Ich selbst bin Laienapostolin und habe deshalb sieben Mal am Tag Gebetszeiten, die ich einhalte, gleichgültig wo ich bin. Diese schenken mir die Ruhe, die ich für den Tag brauche.
[Funktioniert auch mit der Arbeit am/mit Menschen]

Nach meiner Erfahrung ist Stress wirklich nicht gut. Aber das ist wie mit der Angst. Es macht keinerlei Sinn Angst vor der Angst zu entwickeln, genauso wenig macht es Sinn Stress vor möglichem Stress zu entwickeln.

Versuche am besten dein Gedankenrad abzustellen. Niemand weiß was die Zukunft bringen wird, das gilt für Ms-ler wie auch für alle Anderen.
Vielleicht ist es der Rollstuhl, vielleicht wirst du mit vierzig an Krebs sterben oder von einem Bus überfahren werden oder vielleicht wirst du mit sechzig deinen Enkeln noch zeigen wie man am besten im Liegen Fahrrad fährt oder planst eine Umrundung der Ostsee mit Hilfe des Rades, oder, oder.

Mein Motto lautet: Ich tue das Beste (gesund ernähren, Medikamente, Freude in mein Leben bringen, Pausen durchsetzen und dann auch wirklich machen etc.), das Resultat aber gehört dem Himmel!

Sei lieb gegrüßt!
FraMa

wie richtig arbeiten geht, frag ich mich schonlange. ich bekomme öfters formulare, erlasse etc von der eu. früher hab ich das von links oben nach rechts unten diagonal überflogen und hatte den inhalt sofort intus.

heut sitze ich stunden vor den bürokratischen schriftstellen und dann weiß ich immer noch nicht, was jetzt zu tun ist oder nicht.

teilzeit hab ich ja schon, da teilrente, aber irgendwie wird es nicht besser. und dann sachen, die ich seit 21 jahren mache, aber jetzt krieg ich nicht malmehr das auf die reihe. reha ist beantragt und ich hoff, die können einem da tipps geben. aber ehrlich gesagt hab ich da wenig hoffnung.

das mit dem muskelschwund ist mir persönlich noch nie untergekommen. aber man kann den menschen ja auchkeinen vorwurf machen. wir können uns mit unserer ms mehr oder weniger aus, aber von anderne krankheiten weiß man auch oft nicht viel mehr

bevor du aber von dir aus weniger arbeitest, informiere dich beim sozialverband, der drv o.ä. einfach arbeitszeit reduzieren ist meist kontraproduktiv und du schneidest dir ins eigene fleisch.

Hallo Melanie,

“Das ist doch Muskelschwund, oder?” Ich glaube nicht mal das es sowas gibt.

Doch, genau das gibt es leider. Es heißt eigentlich Muskeldystrophie und ist eine ziemlich beschi**ene Erbkrankheit, die in unterschiedlichen Subtypen vorkommt und zu einem frühen Tod führt. Dagegen ist die MS (sind die MSen) relativ harmlos, daran stirbt man nur selten.
http://de.wikipedia.org/wiki/Muskeldystrophie

Wenn du mit deinem jetzigen Job gestresst und überfordert bist, dann musst du dir einen anderen suchen. Natürlich führt kein Mensch ein Leben ohne Stress und ohne Belastungen, höchstens ein ganz kleines Kind. Stress gehört zum Leben dazu, und wir sind mindestens seit der Steinzeit so konstruiert, dass wir damit fertig werden.

Aber um dem Stress zu entgehen, musst du nicht gleich mit den Wildschweinen grunzen. Außerdem haben die auch Stress, spätestens bei der nächsten Treibjagd. Vielleicht kannst du dir einen Job suchen, bei dem du nicht unter Zeitdruck arbeiten musst, und dir die Zeit einteilen kannst? Wo du nicht ständig bis an deine Grenzen gehen musst, sondern etwas darunter bleibst. Wo du häufiger eine Pause machen kannst und unter Bedingungen arbeiten musst, die es dir ermöglichen, zwischendurch mal auszuruhen?

Liebe Grüße
Renate

Hallo Renate,
wieder etwas gelernt! Vielen Dank für den Link.

Zeitsruck ist in der Werbebranche natürlich immer da … dein Rat klingt allerdings vernünftig. So etwas in der Richtung versuche ich zu finden.

Vielen lieben Dank schon mal!!!

Hallo FraMa

danke für deine Antwort.
Ich bin mir bewusst das ich mich im Moment in der Angst verrenne… Ich mache in der tat Yoga :slight_smile: aber vill sollte ich das mal etwas regelmäßiger machen.

In der Regel bin ich nicht der Typ der über Tod und Verderben nachdenkt. Ich erfreue mich jeden Tages. Aber leider hat man manchmal diese Momente in denen man zu viel Grübelt. Ich werde es versuchen abzustellen

Gruß
Melanie

Hallo Loni,

das mit dem Muskelschwund meint ja auch niemand von den Fragenden böse. Und ich gehe auch nicht davon aus das jeder sich mit MS schon mal auseinander gesetzt hat. Wie ich grade gelernt habe gibt es Muskelschwund wirklich… das ist furchtbar. Auch ich weis nicht alles.
Ich hatte mich nur gefragt wie die Leute genau darauf kommen… Es ist mir jetzt schon sehr sehr oft passiert. Ich wunderte mich nur darüber.

Es tut mir leid das du so arge Probleme hast. Und ich hoffe die Reha wird dir helfen. Ich versuche mich einfach zusammenzureißen und beim Arbeiten aufzupassen. Nur ist das natürlich auf dauer auch keine Lösung wenn ich jeden Arbeitsschritt dreimal neu mache. Dann sitze ich Ostern noch an den Kampagnen für Weihnachten :slight_smile: Ich muss wohl einfach etwas organisierter werden.

Danke auch dir für deine Antwort.

Grüße
Melanie

Hallo,
es gibt auch positiven Stress. Ich persönlich glaube nicht das sich dies dann negativ auf die MS auswirkt. Ich würde dir wünschen das du eine Arbeitsstelle bekommst die deiner MS gerecht wird. Ich selber bin schon im Rentenalter und konnte dank meines Schwerbehindertenausweises schon mit 63 in Rente gehen.
Ich habe die sogenannte schleichende MS also weniger Schübe. Da ich weite Strecken mit meinem Rollator nicht mehr laufen kann muss ich dafür einen E-Rollstuhl benutzen. Mit ihm bin ich in der Lage Dinge zu unternehmen die ich davor lange nicht machen konnte. Z.B. fährt meine Freundin mit dem Fahrrad und ich mit dem E-Rollstuhl. So machen wir kleine Ausflüge.

Hallo Melanie,

ich bin ein “alter MS-Hase”, habe seit 30 Jahren MS. Damals Sekretärin des Chefs einer großen Firma, mit viel Verantwortung. Schon 1 Jahr vor dem 1. großen Schub konnte ich mich nicht konzentrieren (später wurde mit MRT festgestellt: Das Kleinhirn hat eine Läsion), wurde fahrig, war immer müde. So habe ich mich durchgeschleppt, bis die rechte Seite gefühllos und dann MS festgestellt wurde. Es folgten 6 Wochen Krankenhaus mit Cortison-Therapie und eine 3-monatige Reha. Die leichte Lähmung ging zurück und ich dachte: Und weiter wie bisher. Ein 10-Stunden-Tag mit Verantwortung. Nach 4 Wochen kam der nächste Schub. Wieder in die Arbeit, 3 Wochen später kam der nächste Schub. 10 Stunden Streß konnten weder durch Yogaübungen noch autogenem Training aufgefangen werden. Dadurch wurde mein Tag noch länger mit Aufgaben, die “erfüllt” werden mußten. Gesunde Küche, ja! Ich stand selbst in der Küche und setzte abends dann noch um, was ich in der Reha gelernt hatte: Alles frisch, viel Vitamine. Es gab soviel zu tun! Es gab noch mehr zu tun: Zum Beruf zusätzlich alles für die Gesundheit. Es war dann ein 14 Stunden-Tag!
Bei mir hat dies nicht funktioniert. Zum Schluß machte ich Fehler, der Chef konnte mir wegen der Krankheit und dem Schwerbehindertenausweis nicht kündigen. Ich merkte, ich konnte die Stelle nicht mehr ausfüllen und war nur noch geduldet.
Das war für mich emotional das Schlimmste und das wollte ich nicht.
Als Chefmanagerin gibt es keine Teilzeitstelle! Das ist Utopie!
Ich habe mich damals für folgendes entschieden: Ich habe meine Rente eingereicht, nach dem 2. Anlauf auch bekommen. So hatte ich einen finanziellen Ausgangspunkt und konnte mir nebenher die Stellen raussuchen, mit Abstrichen: Von der Managerin zur Bürokraft. Ich mußte mir nicht mehr beweisen, wie gut ich bin, das wußte ich ja. Aber ich konnte auf 400-Euro-Basis hier und da Chefs bei der Büroorganisation immer wieder helfen. Ich entdeckte andere Bereiche, die mir auch Spaß machten: Promotion, Werbeberatung auf Messen am Wochenende. So hatte ich immer noch genügend Zeit für mich. Endlich konnte ich reisen, Malen, Lesen, alles dies was ich immer schon tun wollte, nie die Zeit dafür hatte und das verschüttet war. Es war das Beste das ich tun konnte!
Seitdem sind die Schübe weniger geworden, die Zeit zwischen den kleineren Schüben wurde immer länger, seit 8 Jahren hatte ich keinen Schub mehr. Finanziell ging dies 20 Jahre gut. Eingeholt hat mich das Alter, denn jetzt bin ich 60 Jahre alt. Da meine Rente seit 20 Jahren nicht viel höher geworden ist war ich auf den Zusatzverdienst (wurde einfach bar ausbezahlt und zwar viel mehr als die 400 Euro) angewiesen. Ich konnte mir so meine Träume verwirklichen: Die Berge, mit dem Hund stundenlang durch den Wald streifen, im Café sitzen, während die anderen arbeiteten. In diesen Stunden kamen mir viele Gedanken: Warum bin ich da? Was will ich erleben, bevor ich im Rollstuhl sitze? Was will ich noch tun?

Es waren wunderschöne 20 Jahre und ich habe mich damit gerettet! Ich laufe noch!

Aber: Als alter MS-ler ist meine Kraft doch weniger geworden! 3 Tage auf einer Messe zu stehen, zu beraten, zu verkaufen, damit hat ein GESUNDER 60-jähriger schon Probleme. Auch davon mußte ich mich vor 3 Jahren verabschieden. Gut, das Geld wird dadurch weniger, aber ich laufe noch! Die neue Ära: Ich bin jetzt Tiersitter, betreue eine ältere Dame 2 Tage in der Woche und muß mich durchwursteln. Aber ich habe dadurch Zeit für mich, die ich brauche, um MICH selbst noch zu spüren.
Für mich war es nicht das Yoga und das autogene Training um weiterhin “zu existieren”.

Ich bin überzeugt: Nur deshalb laufe ich noch!

Es gibt ein posting von mir von gestern (Arbeiten bis zum Umfallen ) zu diesem Thema: Was tun, wenn eine MS-lerin nicht mehr kann und die Rente nicht reicht? Mir wurde empfohlen, statt eine teure 2-Zimmer-Wohnung in der Stadt zu finanzieren in eine 1-Zimmer-Wohnung auf dem Land zu ziehen. Der Ratschlag war nicht schlecht: Denn von der günstigeren 1-Zimmer-Wohnung auf dem Land kann ich, mit meiner kleinen Rente, raus: Laufen, radeln, Natur genießen, MICH spüren…ich lebe. Und es gibt überall viel zu tun - mit Menschen zu reden, Erfahrungen weitergeben, überall…!

Ich habe die Diagnose MS für mich als einen Wendepunkt gesehen:
Keine Perfektion mehr!
Kein “MUSS” mehr!
Für mich hat die Diagnose bedeutet zu hinterfragen:
Was will ich in meinem Leben?
Was will ich noch genießen?
Wohin will ICH?
BEVOR ich im Rollstuhl sitze!
Und: Ganz wichtig: Welche Sehnsüchte habe ich noch außer der ARBEIT? Was will ich tun? Dies habe ich hinterfragt und umgesetzt und dies tue ich bis heute. Es muß auch für Dich Sehnsüchte außer der Arbeit geben. Erfülle sie Dir, das ist das Wichtigste.
Ich liebäugle damit, mir einen Wohnwagen zu kaufen, den ich am Bodensee auf einem Campingplatz fest abstellen kann, vielleicht sogar darin günstig wohnen? Dies wäre ein guter Ausgangspunkt zum Radeln, laufen, Natur genießen und zu mir selbst finden.

Das war meine Geschichte.

Nimm Dir Melanie, davon, was Du brauchst.

Ganz liebe Grüße und alles Gute für Dich
von Karin

Ich habe mich dann entschieden

Du wolltest schonungslose Offenheit: Ich habe damals erkannt, daß ich diesen

Ich glaube Sonnenschein ist der perfekte Nickname für dich.
Ich danke dir Karin. Danke für deine Offenheit und für dieses kleine Bild von der Zukunft die auch die meine sein könnte.

Bei mir sind die Schübe körperlich wieder zurückgegangen (bis auf taube Hände aber damit lässt sich leben). Das manko ist mein Hirn… ich werde versuchen ein neues zu beantragen :slight_smile:

Du warst mir auf jedenfall eine Inapiration