Hallo Zusammen,

ich bin neu hier im Forum. Ich habe aber die Möglichkeit genutzt, mich durch einige Posts der letzten Tage durchzulesen und ich bin beeindruckt von der freundlichen und hilfsbereiten Community. Daher wollte ich gerne um eure Einschätzung bzw. Hilfestellung bitten.

Im Alter von 19 Jahren wurde bei mir in 2012 MS diagnostiziert. In 2012/2013 hatte ich 3 Schübe und ca. 30 Herde in Hirn und Rückenmark, seit 2013 - toi, toi, toi - ist die Krankheitsaktivität unter Behandlung mit Avonex, Plegridy und nun Vumerity ruhiger geworden. Laut Einschätzung meiner Neurologin liegt mein EDSS bei 1,0.

Trotz des ‘guten Zustands’ habe ich lange unter den massiven Nebenwirkungen von Avonex/Plegridy gelitten. Zusätzlich nimmt die Symptomatik der Fatigue bei mir mehr und mehr zu. Ich brauche wesentlich mehr Schlaf als noch vor 10 Jahren und auch die Konzentrationsfähigkeit ist reduzierter. Mein Job ist auch sehr fordernd (lange Arbeitszeiten und mit viel Reisetätigkeit verbunden), sodass ich oft das gesamte Wochenende brauche, einfach nur um mich für die neue Woche zu erholen. Trotzdem macht mir mein Job viel Spaß und ich möchte ihn so lange ausüben wie möglich.

Nun zu meinem Anliegen: Nach Rücksprache mit meiner Neurologin habe ich einen Antrag auf Schwerbehinderung beim LaGeSo (Berlin) eingereicht und letzte Woche einen GdB 20 zugesprochen bekommen. Meine Ärztin hatte - trotz meines Großteils ‘guten Zustands’ - einen GdB 30 (Diagnose MS) für realistisch gehalten. Ich hatte gehofft, durch einen GdB 30 (bei erfolgreicher Gleichstellung), von dem ‘besonderen Kündigungsschutz’ zu ‘profitieren’, der mir vielleicht etwas Druck im Arbeitsalltag nehmen würde.

Ich habe nun die Möglichkeit des Widerspruchs zur Feststellung und wollte euch um Erfahrungswerte bitten, was ich hier anführen könnte/sollte um für einen GdB 30 zu ‘argumentieren’? Habt ihr hier Tipps für mich? Jeder Erfahrungswert von euch würde mir sehr in der Formulierung meines Widerspruchs helfen.

Vielen Dank!

–Spreesurfer

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Hallo Spreesurfer .
Geh in Widerspruch. Kost ja nix . Bei mir war es so das sich das Amt noch mal Infos vom Hausarzt geholt hat und dann noch mal neu bewertet hat .
Schreib in den Widerspruch einfach die Adresse von deinem Neurologen rein .
Vielleicht holen die sich dann Info von dem .

Hallo Spreesurfer,

hier wird ganz gut beschrieben, wie der GDB ermittelt wird. Die einzelnen Einschränkungen werden nicht addiert.

Wie wird der GdB festgelegt?

“Der Grad der Behinderung wird auf Antrag durch ärztliche Gutachter bemessen. Liegen mehrere Beeinträchtigungen vor, wird ein Gesamt-GdB ermittelt.
Es werden hier allerdings nicht die einzelnen Behinderungsgrade mehrerer Beeinträchtigungen einfach zusammengerechnet und addiert, wie manchmal vermutet wird. Die Festlegung ist komplexer: Entscheidend für den Gesamt-GdB ist, wie sich einzelne Funktionsbeeinträchtigungen zueinander und untereinander auswirken.”

“Die Behinderungen und ihre Auswirkungen werden also insgesamt betrachtet, nicht als voneinander isolierte Beeinträchtigungen. Bei der Beurteilung wird vom höchsten Einzel-GdB ausgegangen, dann wird im Hinblick auf alle weiteren Funktionsbeeinträchtigungen geprüft, ob das Ausmaß der Behinderung dadurch tatsächlich größer wird.”

“Liegen mehrere Beeinträchtigungen vor, wird der GdB nach den Auswirkungen der Beeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung der wechselseitigen Beziehungen festgestellt. Es erfolgt keine Addierung von Einzel-GdB. Dabei richtet sich das Versorgungsamt beziehungsweise die feststellende Behörde nach den sogenannten ‘Versorgungsmedizinischen Grundsätzen’. Es ist also wichtig, beim Antrag bereits die Auswirkungen und damit verbundenen Beeinträchtigungen im Alltag möglichst zu beschreiben und durch ärztliche Atteste und dergleichen mehr bestätigen zu lassen.”

Den “besonderen Kündigungsschutz” sollte man nicht überschätzen. Das kann ich dir aus eigener Erfahrung sagen. Es hat den Arbeitgeber nur etwas mehr Nerven, Zeit und Geld gekostet.

VG
cran

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Das hier trifft es auch ganz gut:

“Bei Multipler Sklerose richtet sich der GdB/GdS laut den Versorgungsmedizinischen Grundsätzen “vor allem nach den zerebralen (das Gehirn betreffenden) und spinalen (das Rückenmark betreffenden) Ausfallserscheinungen . Zusätzlich ist die aus dem klinischen Verlauf sich ergebende Krankheitsaktivität zu berücksichtigen.” Das bedeutet, dass die Zahl und Schwere der MS-Schübe und die sich hieraus ergebenden Folgen individuell berücksichtigt werden und es kein festes Schema gibt.”

Hallo Spreesurfer,

Ergänzend zu Deiner Strategie

musst Du mit einkalkulieren, dass dies kein Selbstläufer ist. Dein Arbeitgeber wird dazu gehört und muss quasi “zustimmen”

Siehe Absatz:
“Wenn Sie den Antrag auf Gleichstellung zur Sicherung Ihres Arbeitsverhältnisses stellen, ist es zur Aufklärung des Sachverhalts darüber hinaus erforderlich, Ihren Arbeitgeber und – so-
weit vorhanden – Betriebs- bzw. Personalrat sowie die Schwerbehindertenvertretung zu Ihrer
Arbeitsplatzsituation zu befragen”

Liebe Grüße Schnuff

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Du schreibst ganz stolz
“EDSS bei 1,0”

Du scheinst keine/ganz wenige Einschränkungen/Probleme zu haben.

Sei doch froh.

Der GdB bemisst sich letztlich nach gesundheitlichen Einschränkungen im Vergleich zu Menschen deines Alters.

Der Kündigungsschutz steht zwar auf dem Papier, verlassen würd ich mich nicht drauf. Ist übrigens auch abhängig von der Größe der Firma/Anzahl der Mitarbeiter.

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Hallo Spreesurfer,

auf jeden Fall in den Widerspruch gehen und mehr auf die Auswirkungen Deiner Einschränkungen eingehen. Mit Fatigue und Konzentrationsschwierigkeiten ist es immer etwas schwieriger, weil: sieht man eben nicht. Aus eigener Erfahrung weiss ich, was es heisst, das gesamte Wochenende nur dafür zu brauchen, sich für die Arbeitswoche wieder „hochzufitten“. Massive Einschränkung des Soziallebens und der Teilhabe. Solche Folgen müssen mit rein. Vorzeitige Ermüdung etc.
Sollte es dann mit GdB 30 klappen, wäre es für einen Gleichstellungsantrag hilfreich, den AG mit ins Boot zu kriegen, der hat nämlich auch etwas davon, z. B. die Möglichkeit eines Lohnkostenzuschusses. Dazu müssen aber tatsächlich Einschränkungen gegenüber der vollen Arbeitsfähigkeit bestehen.
Ich würde es auf jeden Fall probieren. Vor Kündigung schützt das nicht, aber es hebt auch auf Arbeit mehr ins Bewusstsein, dass Du halt ne schwere Erkrankung hast. Und alleine das entlastet mental schon.
Alles Gute für Dich.
MiaH

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Ich bin 25 und habe irgendwie von der MS Ambulanz einen EDSS von 2,5 erhalten, obwohl ich auch wirklich keine Einschränkungen im Alltag habe, keine Einzige und keine Auffälligkeiten bei den Untersuchungen.

Habe als erstes GdB20 erhalten, dann 30. Ich versuchs jedes Jahr aufs neue höher zu kommen :smiley: kostet ja nichts.

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Ich habe nix bekommen
Nicht 1%
Wie andere schon schrieben sei doch „froh“
Einen Antrag zu stellen macht immer Anfang eines neuen Jahres Sinn habe ich mal gehört
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Ich werde einen erneuten Antrag Anfang 2024 stellen

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Hallo in die Runde! Ein kurzes Update zum Ausgang. Nach beinahe einem Jahr Schriftwechsel mit dem LaGeSo und mehrmaligem hin-und-her inklusive Widerspruch, wurde mir ein GdB von 30 (Anfangs 20) bewilligt. Ich möchte daher hier jede Person ermutigen, in den Widerspruch zu gehen und für sich einzustehen.

Danke für die vielen konstruktiven Beiträge und Ratschläge hier in der Community!

Lieber Gruß
Spreesurfer

Hallo - es ging hier nicht um ‘stolz’. Es ging um eine sachliche Beschreibung der Situation auf Grund der Einschätzung meiner Neurologin. Natürlich wird der EDSS im Rahmen der Bewertung des GdB zur Berücksichtigung herangezogen.

Mit freundlichen Grüßen
Spreesurfer