Guten Tag,

ich bin ein 22 Jahre junger Mann und habe neulich erfahren, dass ich RRMS habe. Erste Symptome habe ich vor 10 Jahren gehabt. Bisher geht es mir noch ok, aber ich habe ziemliche Angst und mache mir große Sorgen um die Zukunft. Meine Schübe haben sich weiterentwickelt in den Jahren, sind auf die andere Körperhälfte gekommen usw. Heilen tun sie gefühlt auch nicht mehr vollständig. Das was mich am meisten fertig macht ist die Fatigue.

Ich habe mich etwas in die Materie der Medikamente eingelesen, aber anscheinend gehen die Meinung sehr weit auseinander was Behandlung angeht. Besonders ist der Unterschied im Vergleich von englishsprachigen Raum zum deutschsprachigen Raum deutlich. Dort ist die Haltung gegenüber starken Medikamenten wie Tysabri und Ocrevus positiv und es wird als erstes Medikament empfohlen um die Krankheit so schnell wie möglich auszubremsen. Hier scheinen Leute aber eher skeptisch zu sein, da die Medikamente auch große Nebenwirkungen mit sich bringen können. Das macht Sinn besonders wenn man über einen Zeitraum von über 10-20 Jahren denkt. Aber wenn man wartet und die Krankheit schlechter wird ist das ja auch nicht so toll. Das Risiko das MS gravierenden Schaden anrichtet ist doch größer als die der Medikamente, oder nicht?

Das Thema macht mich kirre und irgendwie scheint jede Aktion falsch zu sein… Ich habe derzeit diese Pläne im Kopf:

  1. Tecfidera anfangen, abwarten, vielleicht wechseln. Der Zweifel: Hilft vielleicht nicht da schwächer, Flushing und tägliche Pillen sind nervig. Beim Wechsel von Tecfidera auf etwas Stärkeres ist das Risiko für PML größer als wenn man direkt mit dem Stärkeren anfängt (oder so hab ich gelesen).
  2. Tysabri. Der Zweifel: Höchstes PML Risiko. Infektionen? Krebs?
  3. Ocrevus. Der Zweifel: Viele Fragezeichen da neu. Infektionen? Krebs? Niedriger als bei Tysabri, dafür wirkt es aber auch schlechter?

Keine Ahnung. Ich denke ich tendiere zu Tec, aber ich lese sehr viele Fälle von Leuten die sagen, dass sie schon seit Jahren auf Tysabri sind und gar keine Schübe bekommen. Das hört sich wie ein Traum an. Aber das ist natürlich nicht garantiert. Gibt es irgendwelche Statistiken die ich mir anschauen kann, um die Entscheidung leichter zu machen?

Ich freue mich über jeden Rat.

die entscheidung, was für dich am geeignesten = ???

Würde nach der Aktivität meiner MS entscheiden und nicht weil es “lästig” ist.

Hallo :-),
was rät Dir denn Dein Neuro?
Man kann so schlecht was raten, denn niemand weiß, wann, wie oft, wie schwer die Schübe sein werden, welche Medis wie wirken und welche NW sie für Dich bedeuten.
Vielleicht hättest Du unter Cop auch keine Schübe mehr, oder da viele NW. Es ist ein bißchen wie Lotto und such das eigene Sicherheitsbedürfnis bzgl. Wirksamkeitsdurchschnitt (es ist und bleibt eine Durchschnittsangabe) und mögliche NWs spielt eine Rolle.
Viele Grüße
Mis
Kennst Du die Seite von tims trier? Dort findest Du noch mal eine Übersicht…

Du hast einfach zwei verschiedene Sichtweisen. Beim Angelo-amerikanischen Markt geht man schnell rein und zahlt später, wenn was schief läuft, bei uns war es genau andersrum. Inzwischen verschiebt sich das Ganze hin zum Angelo-am. Modell. Money rules the world…

Aktuell lebst Du für den Rest deines Lebens damit. Ich bin vorsichtig weil ich schon unterschiedliche Erkrankungen hinter mir habe und mich darum bemühe meine mein Leben so gut wie möglich zu leben. Es gibt kein Medi ohne Nebenwirkung. Jede Wirkung erkauft man sich mit einer Nebenwirkung bzw. mehreren…

Die Frage bei der sich die Ärzte gerne ausschweigen ist die Langzeitwirkung. In der Perspektive vieler interessiert primär die Bezahlung. Du bist derjenige, der mit den Wirkungen und Nebenwirkungen leben muß bist Du.

Was Medis anbelangt gehöre ich eher zu den Minimalisten. Warum soll ich mich jetzt schon mit allem zudröhnen… Abhängig ist der Verlauf etc. deine Risikobereitschaft. Es kann Dir eigentlich sagen, wie Dein Körper reagiert…

Ich habe mir von Anfang an Gedanken darüber gemacht in Bewegung zu bleiben. Meine Defizite zu bearbeiten.

Sorry, jetzt bin ich müde…
Idefix

Hallo cicek,

Statistiken und Studien nützen dem einzelnen Patienten für seine Entscheidung einstweilen noch nichts, weil er ja nicht wissen kann, zu welcher Gruppe er gehört. Was nützt es dir, wenn bei einer Studie herauskommt, dass 37 von 100 Patienten das Ergebnis 1 erzielt haben, und 63 von 100 das Ergebnis 2?

Die Subtypisierung der MSen müsste weiter voran getrieben werden, damit man z.B. anhand von Genuntersuchungen bestimmen kann, welches Medikament für welchen Patienten passt. Meine MS hängt nach meiner Überzeugung mit Herpes-Infektionen zusammen, die ich in der Pubertät hatte: ganz dicht hintereinander Pfeiffersches Drüsenfieber und Windpocken . (EBV und VZV gehören beide zu den Herpesviren.)

Daher habe ich mir schon vor meiner Diagnose ein Medikament ausgesucht, das immunstimulierend gegen Viren wirkt: Beta-Interferon. Interferone werden auch sonst zur Behandlung schwerer Virusinfektionen eingesetzt, z.B. gegen Hepatitis B und C. Interferon-beta kann auch das Wachstum einiger Krebsarten hemmen (https://www.gesundheitsstadt-berlin.de/warum-interferon-beta-das-krebswachstum-bremsen-kann-3022/ ).

Für mich war die Entscheidung für eine antivirale Therapie die richtige. Interferone können die Leber schädigen, haben sie bei mir aber nicht getan. Depressionen habe ich davon auch nicht bekommen (allerdings esse ich dagegen genug Schokolade g).

Liebe Grüße
Renate

Hallo cicek,
wurde Deine MS überhaupt als hochaktiv eingestuft?
Nur in dem Fall käme für Dich Tysabri und Ocrevus in Frage.
Des weiteren wären da auch noch Gilenya und Mavenclad zu nennen.

Was sagt Dein Neuro und hast Du bislang komplett auf Medikamente verzichtet?

Darüber hinaus kannst Du nicht davon ausgehen, dass Deine Fatigue durch die BT/ ET verschwindet. Wobei manche durchaus von einem positiven Nebeneffekt berichten.

Bei mir hat Gilenya die Fatigue sogar noch verstärkt und Mavenclad hat darauf bei mir überhaupt keine Auswirkung…
Wenn Dir die Fatigue das Leben schwer macht, solltest Du auch darüber mit Deinem Neuro reden…mir hilft übrigens Modafinil

Hallo idefix,

das stimmt, die Langzeitnebenwirkungen machen mir Sorgen. Aber ich kann irgendwie nichts Konkretes finden. Soweit ich weiß, gibt es keinen richtigen Beweis das Ocrevus z.B. die Krebschance erhöht, oder? Es basiert auf Rituxan welches es schon seit über 20 Jahren gibt und da ist auch nichts besonderes rausgesprungen. Wovor genau haben wir Angst bei Ocrevus/Rituxan oder Tysabri? Ist es einfach nur das Nichtwissen? Kann nicht das Argument gemacht werden, dass das MS selber mehr Schaden anrichtet wenn nicht früh genug verlangsamt? Das sind so die Fragen die mir durch den Kopf gehen.

Hallo Mia,

die Trier Seite habe ich mir angeschaut. Inwiefern kann ich diese Statistik verstehen?
http://ms-stiftung-trier.de/wp-content/uploads/2019/07/Medikamentenbroschüre2019_07.pdf
Demnach ist Tecfidera deutlich effektiver als Ocrevus, was ja nicht ganz richtig sein kann. Vielleicht weil Ocrevus erst bei schweren Fällen gegeben wird, in denen das MS schon fortgeschritten ist? Das wäre ja ein unfairer Vergleich.
Zudem sind die Prozentzahlen für Erfolg allgemein niedriger als ich gedacht habe…

Hallo cicek,

Werde gleich zu meinen Eltern gefahren für 2 Wo.
Wenn ich da bin melde ich mich später.
Nur kurz zu Ocrevus, das wird gerade in Markt gedrückt. Es ist 10,5 Fach stärker als Rituxi und gehört in die Antikörpertherapie.
Ich habe oft das Gefühl, daß nach dem Motto verfahren wird viel hilft viel… Gehört zu dem aktuellen Ansatz Hit Hard and Early… darüber streiten sich die Experten…

Bis später
Idefix

Hallo Idefix,

dass Ocrevus soviel stärker sein soll überrascht mich. Ich dachte, es wäre fast das Selbe wie Rituxan? Eine Quelle hierzu würde mich sehr interessieren wenn du die Zeit findest.

Ist nicht das selbe, sehr ähnlich!

Wer sagt das du eine B?-Zellen Therapie benötigst?

Hallo Cicek,

angesichts deines jugendlichen Alters wäre vielleicht ein Medikament angezeigt, das schon länger auf dem Markt ist und bei dem man deshalb über viel Erfahrung verfügt, so dass du beim Ansprechen der Behandlung die Sicherheit hast, dass du es auch über viele Jahre einsetzen kannst.

Ich glaube unter diesen Gesichtspunkten würde ich für mich ein Medikament zur Basistherapie auswählen.

Kennst du deinen Vitamin D Spiegel?

LG

Hallo cicek,

ich habe Angst vor Natalizumab - Ocrelizumab - Rituximab, weil 4 nächste Blutsverwandte von mir an Krebs gestorben sind: Großeltern mütterlicherseits, Mutter, Schwester, und man noch nicht weiß, was die -mabs bei jemandem anrichten, der, wie ich, den Krebs in den Genen hat.

Ich hatte ihn schon in der Gebärmutter (Endometriumkarzinom). Daher mache ich einen Bogen um Medikamenten-Neuheiten wie die -mabs. Mit den Interferonen hat man seit 1993 Erfahrungen und weiß, dass sie das Wachstum von Tumoren hemmen können.

Unter der Behandlung mit Tysabri kann es zu einer Reaktivierung des John-Cunningham-Virus und damit zu einer potentiell tödlichen PML kommen. Bis Dezember 2017 konnte man bei der “Chefarztfrau” den aktuellen Stand nachlesen. (https://chefarztfrau.de/?page_id=418 )

Hi cicek,

Ich würde die TIMS Zahlen nur mit Abstand verwenden da bei vielen Zahlen der Kontext nicht mitgeliefert wird. Vermutlich war der Grund dafür, dass eine prägnante plakative Übersicht entstehen sollte, die dem Wust der Pharma Zulassungsstudien entgegen stehen sollte.
Dabei ist halt die Genauigkeit der Aussagen etwas auf der Strecke geblieben.

Zu Diskutieren wäre z.B. aus welchen Studien die jeweiligen Schubreduktionszahlen exakt kommen. Welche Einschluß/Auschlusskriterien bestanden. Ob diese dann zwischen Medikamenten überhaupt vergleichbar wären. Ob berücksichtigt wurde, dass mit Medikamenten die Schübe idR. weniger heftig sind…

Bei der Behinderungsprogression ist die Frage auf welchen Horizont solche Werte gemessen wurden bzw. ob der Horizont überhaupt aussagekräftig ist. Neuere Studien mit einem großen Patientenregister (5000+ Daten) und längerem Horizont (4+ Jahre) g ben mittlerweile recht eindeutige Hinweise zur Nutzung von Therapien. In weiteren 5 Jahren werden diese Zahlen wohl noch klarer ausfallen.

Bei den Nebenwirkungen fällt auf, dass überhaupt keine Aussagen zur Häufigkeit der NW gemacht werden. Es tauchen beispielsweise NW auf, einmalig bei einer Studie beobachtet wurden und dazu noch nicht mal dem Medikament zugeordnet werden konnten.

Es ist richtig, dass insbesondere bei B-Zellen supprimierenden Therapie vermutlich langfristig eine erhöhte Brustkrebs Gefahr bestehen könnte. Bisher liegen dazu aber keine Hinweise darauf. Selbst bei Therapien wie Rituximab die schon länger verabreicht werden.

Die Entscheidung starke Therapien gleich am Anfang ist schwer und sollte nur bei Betrachtung deiner individuellen Situation einvernehmlich mit deinem Arzt erfolgen. Ein Biomarker wie deine Neurofilament Werte kann dir eine gewisse Klarheit geben, wie stark die Krankheit in dir wütet, selbst wenn du sie aktuell nicht bemerkst. Wenn du dass feststellen solltest, wäre ein weiteres Abwarten oder Nutzung von weniger effektiven Therapien nicht ausreichend da man leider immer noch festhalten muss, dass zerstörte Nervenbahnen und Gehirnmasse idR. Nur unzureichend nachwächst, wenn überhaupt…was fort ist ist fort…

Hallo cicek,
ich finde die Übersicht insofern gut, als dasses etwas Orientierung gibt. Wie gesagt, selbst, wenn die Wirkungsrate nur 13 Prozent sind, dann bedeutet es ja nicht, dass nur 13 Prozent der Schübe aufgehalten werden, sondern, dass es auch bei einigen super wirkt und bei anderen gar nicht.
Es ist Dein eigenes Gefühl, leider auch manchmal ein ausprobieren und das Wissen Deines Neuros.
LG
Mia

Sorry hier geht gar nix außer meinem Handy. Hab das von LucyS. Sie dürfte es bei TIMS gelesen haben. Das Ganze Erinnert mich an den Hype mit Chemos. Sorry die Neuros fahren ab haben aber nicht wirklich Ahnung. Ich frag immer meinen Onkodoc, der ist superfit Da bekomm ich meine Infos Kurz und prägnant.

Bei Ocrevus frag ich mich wie ein total geplättetes Immunsystem reagiert. Ab vierzig wird es interessant mit den netten Zipperlein wie Krebs, Herzkreislauf und ähnlichem. Da schweigen sich die Profs aus und die andern Zucken mit den Schultern.

Für mich ist ein Medi der Eingriff in einen Biochemischen Kreislauf, wie der aber funktioniert weiß man nicht, da kommen immer individuelle Faktoren dazu…

Bspw. Gewichtsabnahme, was beim einen klappt geht beim nächsten nicht … Stoffwechsel. Bei Medis ist es ähnlich Wirksamkeiten bei 30% …
Nachti

Hallo, mittlerweile bin ich seit 10 Jahren im Verein, habe Copaxone, Tecfider, nichts, Plegridy durch.

Ohne BT hatte ich Schübe, mit BT, egal welcher, aber keine. Deshalb hänge ich momentan noch immer an der Plegridy Nadel. Den monoklonalen Antikörpern trau ich auch nicht über den Weg; meine Tochter hatte eines bekommen (nicht wegen MS, sondern chronische spontane Urtikaria) und es hat sich massiv verschlechtert.

Meine Neuro hatte mir zuletzt Daclizumab nahegelegt, das nach einem Jahr auch wieder vom Markt genommen wurde. Zum Glück hab ich mir damals eine Zweitmeinung eingeholt und da wurde mir entweder das neue Copaxone oder Plegridy empfohlen. Copaxone wollte ich nicht nochmal, wg NW. Also Plegridy, ein Interferon.

Auch hier verstärken sich bei mir aber die NW mit zunehmender Zeit, nichts mit Gewöhnung an das Medikament!, aber noch sind sie halbwegs akzeptabel für mich.

Eigentlich wollte meine Neuro, die welche mir Daclizumab nahegelegt hatte, angeblich gar nichts von Plegridy erwähnen, wegen der NW und weil in ihrer Praxis sehr viele nach kürzester Zeit abbrechen.

An Statistiken kenne ich nur die aus Trier. Und da ist von den ganzen Medis kaum mehr als eine Schubvermeidung von max 50% zu erwarten.