…habe ich den Salat.

Moin in die Runde,

ich bin neu hier, lese aber schon eine Weile mit. Ich habe noch keine endgültige Diagnose, aber mein MRT hat Läsionen im Gehirn und wahrscheinlich auch im Rückenmark angezeigt. Meinen ersten Schub hatte ich sehr wahrscheinlich vor 15 Jahren, meine Ärztin hat jedoch alle Anzeichen ignoriert und alles auf meinen Stress geschoben den ich während des Studiums hatte (Blasenprobleme, Nervenschmerzen am gesamten Oberkörper, Schwierigkeiten mein rechtes Bein zu heben). Nach einiger Zeit ging es mir besser, meine Blasenfunktion war seit dem aber nie wieder wie vorher.

Ich bin nach dem Studium ins Ausland gegangen und war seit dem recht erfolgreich im Beruf. Meine Gangschwierigkeiten nahmen vor ca. 5 Jahren immer mehr zu, was ich auf Rückenprobleme geschoben habe. Mein Arzt war anderer Meinung und hat mich umgehend zum Neurologen geschickt und nun habe ich Gewissheit.

Die Frage ist nun, wie ich damit umgehe. Ich habe in letzter Zeit gehäuft Probleme mit Einschlafzuckungen (kennt das jemand?) und Kribbeln in den Armen und Fuessen. Ansonsten fühle ich mich fit. Ich habe noch nie Fatigue gehabt oder anderweitige kognitive Probleme (außer das ich sehr schnell weine). Mein Partner hatte vor ein paar Jahren eine Gehirnblutung, was die Sache natürlich nicht einfacher macht. Ich sitze hier und weine, weil ich davon ausgehe, dass ich in Kürze behindert sein werde und meinen geliebten Beruf aufgeben muss. Ich definiere mich sehr stark über meine Karriere, wenn das wegfallen würde, wäre ich finanziell und vor allem psychisch erledigt.

Meine Frage an euch: Ist es realistisch, eine Karriere mit MS haben? Ich will in absehbarer Zeit Führungskraft werden und habe gute Chancen das auch zu erreichen. Gibt es das? MS und Karriere? Ich lese nur davon, dass sich MS Patienten beruflich umorientieren sollen. Das will ich aber nicht. Ich bin da wirklich bockig, aber auch nur weil es mir noch gut geht.

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Eine zeitlang kann das wohl klappen, aber du hast jetzt auch die Möglichkeit/Chance, dir mal zu überlegen, welche Alternativen es gäbe, mit denen du dich auch anfreunden kannst, bevor du vielleicht dazu gezwungen wirst. Du bist doch bestimmt mehr als dein Job genau so wie er jetzt grade ist oder in deinem direkten Ziel aussieht.
Bei mir haben Veränderungen oft auch ganz neue Türen aufgemacht und mein Motto “Es ist alles für irgendwas auch gut” hat sich bestätigt. Manchmal kam die Erkenntnis scheller, manchmal sogar erst nach Jahren.

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Danke für deine Antwort. Eine Alternative zu meinem Beruf gibt es leider nicht. Immerhin arbeite ich im Homeoffice, das gibt mir schon einmal ein wenig mehr Freiheiten. Vielleicht schränkt mich die MS in der Zukunft auch gar nicht ein. Immerhin lebe ich schon seit 15 Jahren damit ohne das es mich stark eingeschränkt hätte. Gut, ich kann nicht mehr so gut laufen, aber egal :slight_smile: Ich habe nur Angst vor kognitiven Ausfällen, dann habe ich ein echtes Problem.

Warum sollte bei dieser Krankheit irgendetwas NICHT realistisch sein? Es gibt allgemeine Prognosen und Wahrscheinlichkeiten, sonst nichts. Dazwischen ist noch genug Platz für Individuelle Verläufe und Lebenspfade, die nahezu komplett von den speziellen Umständen abhängen.

Ich lese von dir bisher motorische, urologische Probleme und Neuropathische Schmerzen. Das sind Symptome, die sich durchaus abmildern könnten wenn du mal eine korrekte Diagnose hast und auf eine effektive Prophylaxe eingestellt werden konntest.

Auf welchem Gebiet hast du vor, „Karriere“ zu machen? Welche Anforderungen würden auf dich zu kommen? Bist du motorisch gefordert oder ist das eher ein Bürojob? Wirst du viel reisen müssen?

Wenn du dich lieber umorientieren willst, bist du ja aktuell noch flexibel, solltest dann aber bald die möglichen beruflichen Anforderungen mit deinen potentiellen Einschränkungen abgleichen.

Sowas wie Dachdecker, Paketzusteller oder Landschaftsgärtner sollte man vermutlich kategorisch ausschließen. Jobs mit viel Reisetätigkeit könnten schwierig werden. Bürojobs mit Telekonferenzen sollten aber eigentlich gut machbar sein wenn man wenig kognitive Einschränkungen oder Fatigue hat.

Es gibt viele Beispiele von solchen, bei denen es auch geklappt hat.

Ich war mal vor Jahren einen Monat mit einer anderen Patientin auf Reha, die ähnliche Einschränkungen hatte wie du. War so ziemlich unscheinbar ausser dass man Sie aus der Politik kannte. Sie ist später nicht nur zur Ministerpräsidentin von RLP gewählt worden sondern hat den Job 10 Jahre später auch immer noch.

Dabei macht sie mW nichts anderes als das was andere hier im Forum auch so machen. Sie war damals einfach wahnsinnig motiviert bei den Gruppenübungen und hat immer 120% gegeben. So ist sie bestimmt auch heute.

Und das schaffst du bestimmt auch.

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Danke Marc, solche Beispiele geben mir ein wenig Auftrieb und Motivation. Ich glaube, dass Schlimmste an MS ist die Unsicherheit. Es gibt Tage, wo ich das Thema MS einfach ignoriere und weitermache und dann Tage wie der heutige wo ich nur ein Häufchen Elend bin. Ich habe als ,Pluspunkt" das ich in einem Umfeld von chronisch kranken und behinderten Menschen aufgewachsen bin und lebe. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass man sich mit jeder Krankheit irgendwie arrangieren kann, auch wenn es sehr schwierig ist. Malu ist auch mein Vorbild, wobei MS macht was sie will. Ich habe einen reinen Bürojob, bei dem ich nur gelegentlich reisen muss.

Guten Morgen, alles ist möglich! Ich bin Anfang 30, habe meinem Arbeitgeber direkt nach der Diagnose von meiner Krankheit erzählt. Später habe ich es zunächst bereut, weil ich das Gefühl hatte, jetzt keine Karrierechancen mehr zu haben.

Aber siehe da, trotz der Kenntnis über meine Krankheit habe ich nun eine Weiterentwicklungsmöglichkeit bekommen. Und habe dieses Jahr drei Fortbildungen machen können, die mir mein Arbeitgeber finanziert hat.

Ich denke es kommt auch immer ganz stark auf die eigene Einstellung an. Ich verlege meine Krankenhaustage auch gerne mal in meinen Urlaub. Ist vielleicht aus Sicht mancher nicht so clever, aber ich wollte schon vor meiner Diagnose niemals durch eine Anhäufung von Fehlzeiten glänzen….

Vergesslicher geworden bin ich schon, was ich aber durch Alles-sofort-aufschreiben so ausgleiche, dass ich auch nicht mehr vergesse als andere… :blush:

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Malu Dreyer ist doch ein gutes Beispiel und da gibt es Viele.
Leben und Leben lassen.

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Was bedeutet Karriere für Dich?

Selbst wenn ich bei mir “von kognitiv so ungefähr-selektiv OK” ausgehe, sind Reisebereitschaft / Reisefähigkeit nicht vorhanden. Meine ertragbare Stress- und Belastungsfähigkeit sind begrenzt.

Krank war ich “dank” Progression fast nie.

Nein. Der Versuch, der nicht 100% zum Scheitern verurteilt ist, ist der eigenen Gesundheit abträglich.

Umorientieren in “fremden Gefilden” muss aber auch nicht sein.

Ich habe gesund in meiner Firma angefangen, über Teilzeit + Teilrente (später im Rollstull, wobei da für mich einige infrastrukturtechnische Gimmicks realisiert wurden) bis aktuell in einer geringfügigen Beschäftigung.

Thematisch hat sich natürlich mein Aufgabenbereich verändert. Das was ich heute mache, würde ich auch machen wollen, wenn ich nochmal neu anfangen könnte.

Na ja die sache ist die . solange die ms nur mild zuschlägt kann man sich immer wieder neu motivieren . Aber wehe wenn die ms hart zuschlägt . Dann musst du immer wieder aufs neue abstriche machen . Letztenendes wird dir die ms sagen wie es weitergeht mit dir . Die ms ist immer stärker als du selbst . Bei manchen geht es noch eine ganze weile gut und man kann noch planen . Man kann ja leider nicht in die zukunft schauen . Ich habe ppms und sitze im rollstuhl . Ich habe 2018 selbst herausgefunden das ich ppms habe und im internet gesehen das man die ms sehr gut grafisch in einem diagramm darstellen kann . So ein diagramm habe ich gezeichnet von meiner ms . Das kann man da einfach in die zukunft weiterzeichnen in die zukunft und hat da einen anhaltspunkt wie es in der zukunft mit einem weitergehen könnte . In meinem fall hat sich leider so ziemlich alles bestätigt was mir das diagramm in der zukunft offenbart hat . Ich kann aktuell fast nichts mehr machen . Arbeite noch ein paar stunden im callcenter im homeoffice . Das geht noch . Aber zu hause kann ich fast nichts mehr machen . Überall gravierende einschränkungen die immer noch sehr langsam schlechter werden .

Kann man leider so nicht verallgemeinern.

  • Wer hat schon im Alltag ein Heer von “Helferleiin” an seiner Seite…

Uwe

  • Der 8 Jahre lang alles ignoriert hat und beruflich erst dann sein “coming-out” hatte, als es absolut nicht mehr zu verbergen war.

  • Würde ich alles GENAU SO wieder machen

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Das mit dem Diagramm ist eine interessante Idee. :+1:

Dafür sehe ich die Verläufe zu unterschiedlich.
Ich habe Freunde, deren Verlauf ist über Jahrzehnte stabil.

Das stimmt.

Wobei man sich als Führungskraft durchaus gut einrichten kann …

Meine damals akuten Probleme konnte ich nicht lang verbergen. Die Werbeagentur, für die ich arbeitete, brachte medizinische Zeitschriften raus. Die Chefs waren also im Bilde und wussten fast noch vor mir, was Sache ist. Kurzerhand kickten sie mich gleich mitsamt meiner Bandscheiben-Kollegin durch die Hintertür, indem sie offiziell die jeweilige Abteilung auflösten. Zur Gerichtsverhandlung konnte ich sogar ohne Anwalt gehen, so klar war die Sache. Für Kollegin und mich gabs eine Abfindung. Wer will unter solchen Umständen auch noch dort weiterarbeiten. Später traf ich mal einen der Chefs zufällig beim einkaufen und er berichtete frei raus, dass sie dem Abteilungsleiter gekündigt hatten, weil, als wir Weibsen weg waren erst klar wurde, wer die schnöden Arbeiten erledigt hatte. O-Ton: “Da wusste ja keiner, was der den ganzen Tag tut.” Ahaaaaaa! :laughing:

Das stimmt. Ich würde den Job einer Führungskraft definitiv nicht per se als stressiger betrachten. Da kann man es sich durchaus auch bequem einrichten😃

Mein Ziel war immer eine fachliche Weiterqualifizierung, die möglichst gefragt auf dem Markt sein sollte.

In meinem Umfeld habe ich das Gefühl, dass immer weniger junge Menschen eine Führungsrolle anstreben.

Ansonsten kann ich es nur bestätigen: jede MS verläuft anders. Kenne ebenfalls Betroffene, die seit Jahrzehnten ohne Einschränkungen berufstätig sind. Und andere, die bereits nach einem Jahr Krankheit in Rente gehen.

Je nach innerer Einstellung kann Müßiggang und aussitzen auch psychischer Stress bedeuten.

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Hey,
hast du denn schon eine Tendenz, ob du Medikamente nehmen möchtest?
LG

@Minifratze: Ja, die Grafik kenne ich. Sie ist leider nicht sehr motivierend, aber so ist nun einmal die Realität. Ich will jetzt nicht schreiben, dass mir deine Situation leid tut. Das willst du bestimmt nicht hören (dennoch: es tut mir leid). Darf ich fragen, wie alt du bist? Das Alter scheint eine sehr wichtige Rolle beim Krankheitsverlauf zu spielen. Ich bin 39 und heute kann ich recht gut laufen (gestern weniger), aber es kribbelt gewaltig in den Armen und Beinen. Ich finde es seltsam, wie bewusst mir die Symptome plötzlich sind, vorher hätte ich mich nicht darum geschert. Derzeit leide ich mehr unter den psychischen Auswirkungen der Diagnose als unter den Symptomen selbst.

Ich habe am kommenden Dienstag eine abschließende Untersuchung und im kommenden Monat ein Gespräch mit meiner Neurologin. Ich bin der Auffassung: ,Jagt mir alles rein, hauptsache es hilft". Ich lebe in Schottland, da sind die Regeln etwas anders als in Deutschland. Aber meine Neurologin scheint sehr fähig zu sein. Ich werde alle Geschütze auffahren die es gibt.

Das kommt ganz darauf an :slight_smile: Ein wahrer Segen ist für mich Chat GPT. Das Programm kann Emails und weitere Dinge für mich formulieren, ohne das ich mich groß anstrengen muss. Damit fällt schon einmal ein Teil meiner Arbeit weg. Ich arbeite im Bereich Analyse/Research und Sales und beides funktioniert noch wunderbar. Ich lebe schon seit 15 Jahren mit dieser Krankheit, ohne das sie mich stark eingeschränkt hätte. Ich habe ab und zu kognitive Probleme, die ich aber eher mit Stress in Verbindung bringe.

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