Hallo Paps,
in der Anfangszeit der MS-Therapie mit Interferonen hieß es, sie seien nur bei Personen zwischen 18 und 50 Jahren getestet worden, daher seien sie auch nur für diese Altersgruppe zugelassen. Damals las man auch ständig den Lehrsatz von der “häufigsten neurologischen Erkrankung junger Erwachsener”.
“Junger”! Entsprechend war auch die Laienliteratur fast nur für die Zielgruppe “junge Frauen” bestimmt. Die bekamen ihre Schübe, nachdem sie von ihrem Lover versetzt worden waren, oder, weil die Chefin sie zusammengestaucht hatte. Ich bekam meine Schübe ohne jegliche “seelische Belastung”, aus dem Alter war ich mit Ende 40 schon seit Jahrzehnten raus.
Darum verwarf ich auch bald die AnfängerInnenliteratur, die nach meinem ersten Eindruck nur das Ziel hatte, Nocebo-Effekte zu schüren, mit Erzählungen von belastenden Nebenwirkungen usw. usf.
Ich denke z.B. an das verantwortungslose Geschreibsel der promovierten Nichtmedizinerin Dr. phil. Brigitte Judith Lang in ihrem Selbstverlags-Book on demand: MS ist heilbar. Sie hat bei ihrem Germanistikstudium nicht mal eine fehlerfreie Rechtschreibung gelernt, ködert aber mit ihrem nichtmedizinischen Dr.-Titel Leichtgläubige.
Pharma-Bashing berührte mich schon damals nicht, egal, ob es von meiner Schwester kam oder aus der Anfänger-Literatur, da ich damals schon zwei Jahre lang unter den Folgen meiner undiagnostizierten und unbehandelten MS litt.
Ich sagte mir, dass keine Nebenwirkung eines MS-Medikaments so schlimm sein konnte wie die Symptome meiner unbehandelten MS, z.B. die Schmerzen. Ich warf zuletzt pro Tag 8 bis 10 Aspirin ein, weil ich vom Kreuz bis in die Füße nur noch aus Schmerzen bestand.
Als meine MS sich bemerkbar machte, hatte ich allen Stress längst hinter mir. Meine Eltern waren längst verstorben, die Schulden vom Studium abbezahlt, ich hatte längst meinen finalen Wohnsitz bezogen (um meine damals rund 6.000 Bücher eigenhändig umzuziehen, hatte ich 1 Monat gebraucht) und beglückwünsche mich öfter mal zu der Entscheidung, zehn Jahre vor der MS-Diagnose in ein Haus mit Aufzug gezogen zu sein. Zwar in einem hässlichen Gewerbegebiet am AdW, aber dafür erschwinglich.
Am meisten beglückwünschte ich mich dazu, mir keinen Ehemann/ Schwiegereltern/Kinder aufgehalst zu haben. Ich wäre dieser Belastung nicht gewachsen gewesen. Als die MS bei mir manifest wurde, lebte ich seit 15 Jahren stressfrei und ohne jegliche Belastung. (@ W.W.: Tut mir leid für Ihre “Belastungs-Theorie”!)
Die MS-Therapien haben den Zweck, die Arbeitsfähigkeit möglichst bis zum Rentenalter zu erhalten, sie amortisieren sich dadurch, dass patient den Sozialkassen als Beitragszahler erhalten bleibt, solange es geht. Daher sollten Rentner sie ursprünglich nicht mehr bekommen. Bei mir ist das egal, ich war nie sozialversichert und kriege darum ohnehin keine Rente. (Ich zehre von der Substanz.)
Bei Unwirksamkeit soll die BT abgesetzt werden, d.h., wenn im Verlaufskontroll-MRT eine Schrankenstörung festgestellt wird. Darum will meine KV von mir alljährlich ein MRT, zum Nachweis der Wirksamkeit meiner BT. Wenn bei mir eine Schrankenstörung festgestellt wird, hat es sich ausgespritzt.
Wie das bei gesetzlich Versicherten gehandhabt wird, weiß ich nicht, und auch nicht, wie lange die -mabs erstattet werden. Sie sind noch nicht lang genug auf dem Markt, und kosten schon mal das Dreifache der ollen Interferone.
Dass ich mit 65 mit Spritzen aufhören will, liegt einfach daran, dass ich seit 11 Jahren keine Veränderung im MRT habe, keine Hirnatrophie, keine Black holes, nichts, obwohl bei mir vor Diagnose und Therapiebeginn eine Menge kaputt gegangen ist.
Außerdem muss ich mich in der 2. Hälfte meines 7. Lebensjahrzehnts um andere Gefahren kümmern, vor allem um den Krebs, der schon ein paar nahe Blutsverwandte getötet hat (Großeltern mütterlicherseits, Mutter, Schwester). Ich bin die nächste, wenn ich nicht aufpasse. Dagegen ist die MS peanuts.
Liebe Grüße
Renate