Der Welt MS Tag 2018 im Herzen Stuttgarts

Gute Gespräche und ein Glücksrad, das selten still stand - das erlebten die Besucher der AMSEL-Aktionsfläche tagsüber in den Königsbaupassagen am Schlossplatz. Wenige Meter weiter begeisterten vier Referenten am frühen Abend im Haus der Katholischen Kirche rund 200 Gäste. - Mit Bildergalerie.

Klar, so ein Welt Multiple Sklerose Tag soll in erster Linie die breite Masse aufklären. Darum gehen Verbände wie Privatleute, Firmen wie Vereine an diesem Tag auch gern in die Öffentlichkeit, eben dorthin, wo man die Leute trifft. Eine Einkaufspassage im Herzen der Schwäbischen Metropole eignet sich da denkbar gut.

Manche nehmen den AMSEL-Stand im Erdgeschoss der Königsbau Passagen nur im Vorübereilen wahr. Andere bleiben stehen, drehen am Glücksrad, vertiefen sich in eine Broschüre oder in ein Gespräch mit den zahlreichen Ehren- und Hauptamtlichen. Neben dem Laufpublikum ist der Welt MS Tag aber immer wieder auch Magnet für MS-Betroffene, die bisher wenig mit der AMSEL zu tun hatten.

"Ich stehe gerade an einem sehr schönen Punkt im Leben," erzählt zum Beispiel Apollonia, 27. Sie sei eben ausgezogen, in eine eigene Wohnung sogar, die auch behindertengerecht ist, falls es so weit kommen sollte. #weiterkommen trotz und mit Multipler Sklerose - das diesjährige Motto zum Welt MS Tag - passt sehr gut zu der jungen Frau.

Junger Hüpfer und alter Hase

Trotz ihres jungen Alters hat Apollonia schon einiges mitgemacht, weiß nicht zuletzt darum auch zu schätzen, was sie heute an Lebensqualität wieder hat. Erste Anzeichen gab es bereits 2007. Die Diagnose 2014 im Stuttgarter Bürgerhospital hat die Key-Account-Managerin recht gelassen hingenommen. Doch mit dem schweren Schub 2016 kam der Schock: Sie konnte nicht mehr sehen, nicht mehr schreiben, nicht mehr laufen, sich kaum noch die Zähne putzen. - Und hat sich dann wieder aus dem Schub herausgekämpft. Zurückgeblieben sind "eigentlich nur ein paar Missempfindungen."

Gemeinsam mit ihrer Mutter sitzt die Böblingerin auf einer Bank in den Königsbaupassagen, zwischen einem Elektronikfachhandel und Feinkostladen. Ihnen gegenüber Ralf. Er hat sein Sitzmöbel selbst mitgebracht: einen Rollstuhl, den er jedoch nicht immer braucht.

Ob er auch den schubförmigen Verlauf habe, fragt Francesca, Apollonias Mutter. Nein, er sei chronisch progredient mit aufgesetzten Schüben. Fragezeichen in den Gesichtern gegenüber. Ralf, "alter Hase" in Sachen MS, ehrenamtlich bei der AMSEL und zudem als Experte für barrierefreies Wohnen tätig, erklärt ganz locker: "Heißt: Man kriegt halt manchmal eine vor den Latz geknallt." Ob er Cortison nehme. Ja, das überlagert bei ihm die Schubsymptome und puscht. Er habe zum Glück keine Nebenwirkungen davon.

Freudentränen, weil die Familie so eine tolle Stütze ist

Was sie selbst denn andern raten würde, die jetzt neu betroffen seien? Da hat die junge und doch schon lebenserfahrene Frau gleich drei gute Ratschläge:

  • "Sich nicht verrückt machen und auch nicht verrückt machen lassen von außen."
  • "Sich die Zeit nehmen, sich damit auseinanderzusetzen."
  • Und, ganz wichtig: "Sich jemanden suchen, auf den man sich verlassen kann."

Bei ihr sei das ihre Familie, vor allem ihre Mama. Und da die neben ihr sitzt, fließen auch schon die Tränen. Das seien Freudentränen, beruhigt sie ihre Gesprächspartner, aber was ist, wenn einer niemanden hat, sorgt sie sich zugleich.

Ralf weiß da guten Rat. Vielen MS-Betroffenen helfe gerade in der Anfangsphase ein Psychologe. Und natürlich: andere Betroffene, Gleichgesinnte.

Lockere Atmosphäre, ernstes Thema

Bisher war Apollonia nur über Facebook mit der AMSEL in Kontakt getreten und hatte 2015 schon mal auf dem Welt MS Tag vorbeigeschaut. Das war vor ihrem schweren Schub.  Jetzt sucht sie Kontakt - und hat ihn gefunden. In lockerer Atmosphäre, ganz unverfänglich in einem Einkaufszentrum. Nachdem ihr Ralf von den Jungen Initiativen der AMSEL in Stuttgart berichtet hat, will sie da auch unbedingt mal hin.

Nach dem Besuch am AMSEL-Stand geht es wieder nach Hause für Apollonia: Ein Freund kommt vorbei und hilft ihr Löcher zu bohren für die Vorhangstangen in ihrer neuen Wohnung. Ralf und die anderen Mitarbeiter ziehen dann ein paar Meter weiter ins Haus der Katholischen Kirche an der Königstraße, wo vier Referenten vor 200 Gästen die Therapie der Multiplen Sklerose aus dem Blickwinkel von #weiterkommen vorstellen.

AMSEL e.V. bedankt sich bei der DAK für die freundliche Unterstützung zum Welt MS Tag 2018.  

Redaktion: AMSEL e.V., 05.06.2018