Volles Haus am Bahnhof

Welt MS Tag: Alle Führungen und Vorträge rund um das begehbare Gehirn waren ausgebucht. Etliche hundert Menschen haben die Chance genutzt, und sich am AMSEL-Stand über die Krankheit Multiple Sklerose informiert, darunter auch einige Schulklassen.

Biologie-Unterricht am Hauptbahnhof - wie geht das denn ? Nun, ganz einfach: Heute ist Welt Multiple Sklerose Tag, die AMSEL präsentiert ein begehbares Gehirn am Stuttgarter Hauptbahnhof und die Klasse 11 des Mörike-Gymnasiums reiste mit ihrer Biologie-Lehrerin von Ludwigsburg in die Landeshauptstadt, um sich die MS bei dieser Aktion erklären zu lassen.

"So gut veranschaulicht"

Eigentlich weiß die Klasse 11 bereits, was Multiple Sklerose ist, doch "Der Prof. Wiethölter hat das so gut veranschaulicht," findet die 17-jährige Franzi. Dass eine Nervenzelle nicht neu entstehen kann, wenn sie einmal kaputt ist, jedenfalls nicht mit den gleichen Funktionen, und wie die MS das Leben der Betroffenen beeinflusst, welche Symptome entstehen können von den Sehstörungen über Gehschwäche bis hin zu Fatigue.

Prof. Horst Wiethölter erklärt aber mehr als nur die MS: Wie sich das Gehirn aufteilt, welcher Bereich welche Funktion hat, was es noch für neurologische Erkrankungen gibt und wie lang der Weg ist, den ein Nervenreiz zurücklegen muss von der Nervenzelle bis hin zur Hand, die sich bewegen soll. "Ich bin jetzt die Nervenzelle", erklärt der Professor, "und mein Arm ist die Nervenleitung." Wie lange ist das wohl von der Zelle bis zum Ziel, wie lang müsste mein Arm sein, wenn ich die Nervenzelle bin ?

Nervenreiz auf der B27

Ein Meter ? 5 Meter ? Ein Million Kilometer ? - Die Schüler raten. 50 Kilometer lang ist diese Leitung, löst der ehemalige Direktor des Bürgerhospitals das Rätsel. So weit, wie von hier nach Tübingen auf der B27. Und da kann man sich vorstellen, wie sich das auswirkt, wenn die Leitung gestört ist und nicht alles blitzschnell funktioniert, oder ?

Bei Iven und Florian, beide 15 Jahre alt und aus dem Mörike-Gymnasium in Stuttgart, kam MS sogar als Frage in einer Klassenarbeit vor: "Was passiert im Körper bei Multipler Sklerose ?" lautete diese. Sie hatten im Rahmen von Gehirn und Nervensystem auch Erkrankungen dieser Organe durchgenommen. Es gab ein Referat zur MS und sie haben auf Youtube einen Film gemeinsam angeschaut, in dem ein MS-Erkrankter über seine Diagnose rappt.

"Ich dachte, dass die Leute mit MS kränker aussähen," gibt Iven zu. Jetzt weiß er es besser, genauso wie viele Passanten und absichtliche Besucher des begehbaren Gehirns: Neben dem hauptamtlichen Team waren eine Menge ehrenamtliche Helfer mit am Stand und erklärten und erzählten von sich und ihrer MS.

"Man erkennt's nicht"

Multiple Sklerose zeigt sich oft gar nicht nach außen. Die wenigsten MS-Erkrankten sitzen im Rollstuhl, und wenn dann selten dauerhaft. Unsichtbare Symptome wie Blasenstörungen und Fatigue erschweren einem das Leben aber oft viel mehr als beispielsweise lahme Beine. Doch diese Patienten haben manchmal sehr große Probleme, bloß "Man erkennt's nicht", wie Iven heute weiß.

Nebenbei - und neu an diesem Stuttgarter Welt MS Tag - konnten interessierte Passanten nachfühlen, wie es ist, MS zu haben. Präparierte Brillen aufsetzen, die einem die Sicht verschleiern, und damit eine Broschüre lesen. In Winterhandschuhe schlüpfen und so versuchen, einen wirklich großen Knopf zuzumachen. Alles nicht ganz einfach.

Aber wirkungsvoll. Denn, so lautet eine alte Indianerweisheit: "Urteile nie über einen Menschen, bevor du nicht sieben Meilen in seinen Mokassins gegangen bist."

Mit weiteren Führungen, Vorträgen und einem gemütlichen Get-Together geht in diesen Stunden der Welt MS Tag am Stuttgarter Hauptbahnhof zu Ende. AMSEL e.V. bedankt sich bei allen interessierten Menschen, bei den Schulklassen, den vielen ehrenamtlichen Helfern und Neurologen. Übrigens: 2015 ist der Welt MS Tag am 27. Mai - immer am letzten Mittwoch im Wonnemonat.

Großer Dank geht auch an die DAK Gesundheit, die diesen Welt MS Tag gefördert hat.

Redaktion: AMSEL e.V., 28.05.2014