MS-Erkrankte können in ihrer Aktivität eingeschränkt sein, weil sie ein Problem mit der Kraftausdauer haben, das heißt, sie sind schneller erschöpft. Dies kann eine direkte Folge der MS sein: Muskelpartien werden vom Zentralen Nervensystem nicht mehr in vollem Umfang aktiviert. Doch es kann sich auch um eine indirekte Folge handeln: Menschen mit MS sind aufgrund ihrer Krankheit – zum Beispiel während eines Schubs – nicht aktiv, und das schwächt die Ausdauerleistung. Verstärkt wird das Problem durch psycho-soziale Faktoren: Wer sich als MS-Erkrankter von vielen Aktivitäten zurückzieht, verliert durch Untätigkeit nach und nach seine Leistungsfähigkeit.
Wer keine Ausdauer hat und schnell er-schöpft ist, nimmt erhebliche Einbußen in der Lebensqualität hin. MS-Kranken mit Ausdauerdefiziten fällt es schwerer, den All-tag im Beruf oder zu Hause "durchzustehen". Manche schaffen es dann mit Mühe, ihre Arbeiten zu erledigen, haben aber oft keine Kraft mehr für Freizeitaktivitäten und das Zusammensein mit Familie und Freunden. "Ich bin total am Ende", so beschreiben MS-Erkrankte ihre Situation, wenn ihnen die Reserven fehlen, eigenen oder von außen herangetragenen Anforderungen gerecht zu werden.
Die gute Nachricht: Ausdauertraining kann diese Situation deutlich verbessern! Das Ziel besteht darin, sich ein Stück Leben zurückzuerobern, und nicht darin das Ausdauerniveau eines Leistungssportlers zu erreichen! Abhängig von der MS kann es bei dem einen darum gehen, sich einfach wieder fitter und aktiver zu fühlen, bei dem anderen, wieder mobiler zu werden. Es gibt eine Reihe von Trainingsgeräten, die vor allem dazu dienen, die Leistungsfähigkeit von Herz und Lunge zu steigern und so die Ausdauer zu verbessern.
Für das Ergometer-Training hat sich folgendes Vorgehen als geeignet erwiesen:
- Fünf Minuten warming up.
- 20 bis 30 Minuten Training. Die Wattzahl des Ergometers, also der Widerstand, passt sich automatisch einer vorgegebenen Herzfrequenz an.
- Fünf Minuten cool down.
- Pausen bei Bedarf.
- Pulskontrolle über Display oder Programmautomatik.
Der Puls beim Training sollte möglichst immer bei 70 bis 80 Prozent des Maximalpulses liegen. Das Ergometer kann so eingestellt werden, dass es sich automatisch dem richtigen Pulsbereich anpasst. Bei manchen MS-Erkrankten muss bedacht werden, dass die untrainierte Muskulatur möglicherweise schon ermüdet, bevor das gewünschte Pulsergebnis erreicht ist. Auch die Fatigue kann bewirken, dass der Trainierende vor der Zeit erschöpft ist. Deshalb kann es sinnvoll sein, die Belastungsgrenze nicht am Puls, sondern an der Borg-Skala zu orientieren. Ein wichtiger Aspekt bei MS-Erkrankten: Die Tagesschwankungen können erheblich sein, deshalb muss das Trainingsprogramm immer aktuell angepasst werden.
Vorteile: Das Fahrradergometer trainiert die Leistungsfähigkeit des Herzens und unterstützt den Muskelaufbau in den Beinen. | Bedenken: Fahrradergometer setzen eine ausreichende Gleichgewichts-fähigkeit voraus. |
Sie ruft im Zentralen Nervensystem (ZNS) fest verankerte Schreitmuster ab und ist auch für schwerer betroffene MS-Erkrankte geeignet. Die Laufbandtherapie verbessert die Gehfähigkeit. Im Einzelnen wird/werden
- die Schrittzahl erhöht,
- die Geh-Ausdauer verbessert,
- die Geh-Geschwindigkeit erhöht,
- Elemente einzelner Geh-Phasen geschult,
- die Beweglichkeit verbessert.
Das Laufband ist als Trainingsmethode besonders geeignet, da es gut dosierbar ist und individuell den Anforderungen angepasst werden kann.
Die Geschwindigkeit wird idealerweise von einem MS-erfahrenen Therapeuten oder Trainer vorgegeben. Dieser kontrolliert auch die Gehqualität. Wenn er Kompensationsmuster bemerkt – zum Beispiel einen schleifenden Fuß – kann er das Tempo möglicherweise mindern. Eine Verbesserung der Gehstrecke ist auch dann gegeben. Einen Richtwert für die optimale Leistungsanforderung gibt die Borg-Skala.
Das Laufbandtraining ersetzt nicht das Laufen auf dem Boden – und doch hat es einige Vorteile: Die Anzahl der Schritte (Wiederholungen) ist größer, die Bewegungsabläufe können vom Therapeuten oder Trainer kontrolliert und Steigungen sowie Gefälle simuliert und angepasst werden.
Plus: Laufbandtraining ruft im ZNS verankerte Schreitmuster ab und verbessert die Gehfähigkeit. Es ist auch für schwerer Betroffene geeignet. | Minus: Wenn eine stärkere Spastik oder Gleichgewichtsstörungen vorliegen, muss eine Gurtentlastung eingesetzt werden. |
Hintergrund des Konzeptes: Die Schaltungen für Schreitmuster sind fest im Zentralen Nervensystem etabliert, werden aber bei den betroffenen Menschen nicht mehr angesprochen. Wenn das Gehen jedoch immer wieder geübt wird, ist es möglich, erneut auf die Muster zurückzugreifen.
Die Praxis zeigt jedenfalls, dass die Betroffenen mit Hilfe des Gangtrainers ihre Gehfähigkeit wieder erlangen oder die Gehstrecke erweitern können. Auch die Qualität des Gangbildes verbessert sich. Das Gangtraining wird auf einem Laufband absolviert, auf dem beispielsweise der Lokohelp Pedago® installiert ist. Die Füße des Trainierenden stecken in speziellen Überschuhen, und ein Gurtsystem entlastet ihn von einem Teil des Körpergewichts. Die Beine werden vom Gerät gesetzt, das eine Geschwindigkeit von maximal zwei km/h zulässt. Die Übung ist sehr anspruchsvoll und kann nur mit einem Therapeuten durchgeführt werden. Der Lokohelp Pedago® ist auch hilfreich, wenn Patienten Probleme mit einzelnen Gehphasen haben.
Plus: Durch das Training auf dem Lokohelp Pedago® können MS-Erkrankte, deren Gehfähigkeit verloren gegangen ist, wieder gehen lernen. | Minus: Das Training ist sehr anstrengend und die allgemeine Belastbarkeit des Patienten muss entsprechend hoch sein. |
Dabei werden Arme und Beine gleichzeitig eingesetzt, dadurch können ihre Leistungen und die des Rumpfes verbessert werden.
Neben dem Gehen auf dem Boden und dem Training auf dem Laufband bietet der Crosstrainer eine gute Übungsmöglichkeit. Wie bei jedem Lauftraining kommt es vor allem auf wiederholtes und regelmäßiges Üben an. Ein gesunder Mensch macht im Schnitt 10.000 Schritte am Tag, ein schwer betroffener MS-Erkrankter vielleicht 100. Vor diesem Hintergrund wird deutlich, dass Gehtraining gerade für schwerer Betroffene unerlässlich ist, um die Gehfähigkeit wiederzuerlangen oder zu erhalten.
Vorteile: Die Gehfähigkeit wird geübt, wobei bei Bedarf die Arme mithelfen können. Die Konstruktion des Crosstrainers bewirkt auto-matisch den Gegenschwung der Arme zu den Beinen und fördert damit die Rotationsbewegung im Oberkörper. | Bedenken: Für MS-Erkrankte, die Schwierigkeiten mit dem Stehen und Gleichgewicht haben, ist der Crosstrainer weniger geeignet. |
Dadurch können Spastik, Schwäche und Lähmungen deutlich verbessert werden. Der Trainierende sitzt auf einem Stuhl mit Rollen oder in seinem eigenen Rollstuhl und fährt damit an den Bewegungstrainer heran.
Der Bewegungstrainer trainiert die Muskeln, hält die Gelenke beweglich und mildert Verspannungen. Die passiven Bewegungen der Beine helfen, Spastiken zu lösen. Wer schneller als der Motor tritt und den Widerstand erhöht, wird aktiv und trainiert seine Ausdauer und Muskulatur. Die Geräte verfügen über eine spezielle Spastikschaltung und stoppen, wenn sie auf hohen Widerstand treffen. Über ein Display können die Nutzer ihre Aktivitäten kontrollieren. Zum Beispiel lässt sich erkennen, ob beide Beine gleichmäßig arbeiten oder eines vernachlässigt wird.
Vorteile: Der Bewegungstrainer trainiert Ausdauer und Beweglichkeit bei MS-Erkrankten, die nicht auf dem Fahrradergometer sitzen können. Er hilft außerdem, Spastiken zu lösen. | Bedenken: Wenn die Gelenkbeweglichkeit sehr eingeschränkt ist, ist das Gerät nicht geeignet. |
Letzte Änderung: 29.04.2020