Cladribin

Wirkstoff:

Der Wirkstoff Cladribin zählt zur Stoffgruppe der Zytostatika. Er ist von der organischen Verbindung Purin abgeleitet (Purin-Analogon) und unterscheidet sich von den bisher verfügbaren Zytostatika im Wesentlichen dadurch, dass er die hierfür empfindlichen Zellen, wie Lymphozyten oder Monozyten, nicht nur in ihrer Wachstumsphase, sondern auch in der Ruhephase angreifen und zerstören kann.

Handelsname:

Mavenclad®

Indikation:

RRMS, hochaktive Erkrankung

Cladribin ist zur Behandlung von Erwachsenen mit schubförmiger Multipler Sklerose und hoher Krankheitsaktivität* zugelassen, sofern diese durch klinischen Befund oder Bildgebung bestätigt ist.

Zulassung:

2017

Wirksamkeitskategorie:

2

Verabreichungsform:

Tablette, oral

Patienten nehmen Cladribin oral als Tablette mit je 10 mg Wirkstoff in zwei aufeinander folgenden Jahren an bis zu 20 Tagen als tägliche Einmaldosis ein. Die empfohlene kumulative Dosis beträgt 3,5 mg/kg Körpergewicht, das heißt pro Jahr eine Behandlungsphase von 1,75 mg/kg – bei einem Körpergewicht von 70 kg entspricht das zwei Zyklen à 60 mg. Jede Behandlungsphase besteht aus zwei Behandlungswochen im Abstand von einem Monat mit vier oder fünf Tagen, an denen Cladribin verabreicht wird.

Wirkweise:

Cladribin ist ein Präparat für die orale Kurzzeittherapie. Es greift selektiv eine bestimmte Gruppe von weißen Blutkörperchen an, die T- und B-Lymphozyten. Diese sollen maßgeblich am Krankheitsgeschehen von MS quasi 'als immunologisches Gedächtnis' beteiligt sein. Der Wirkstoff stört unter anderem die Synthese der Erbsubstanz (DNA) bei der Zellteilung, so dass die betroffenen Zellen zugrunde gehen. Cladribin vermindert die Häufigkeit der Schübe und soll so das Fortschreiten der Krankheit verzögern. Es gibt zunehmend Daten, dass nach den zwei Therapiejahren über 5–7 Jahre ein Großteil der Patienten keine andere Immuntherapie braucht.

Nicht geeignet bei/für:

Immungeschwächte Patienten und Patienten, die eine immunsuppressive oder myelosuppressive Therapie erhalten, Schwangere und Stillende, Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff oder einen der Bestandteile, aktiven chronischen Infektionen (HIV, Tuberkulose oder Hepatitis), aktiven malignen Erkrankungen, mittelschweren oder schweren Einschränkungen der Nierenfunktion (Kreatinin-Clearance < 60 ml/min)

Nebenwirkungen:

Lymphopenie (vor und während der Behandlung mit Cladribin muss in regelmäßigen Abständen die Lymphozytenzahl des Patienten bestimmt werden), moderate Verringerung der Neutrophilenzahl, Infektionen, Hautausschläge, Herpes Zoster (Gürtelrose), Kopfschmerzen, Übelkeit, mögliches erhöhtes Risiko für maligne Erkrankungen. Cladribin sollte nur in Zentren eingesetzt werden, die Erfahrung in der Behandlung der MS und in der Gabe der Substanz haben und das erforderliche Sicherheitsmonitoring sicherstellen können.

Wissenswertes:

  • Die Post-hoc-Analyse der zweijährigen Phase-III-Studie CLARITY zeigte, dass Cladribin-Tabletten bei Patienten mit hoher Krankheitsaktivität die jährliche Schubrate um 67 Prozent im Vergleich zur Plazebogruppe senkten. Das Risiko einer bestätigten EDSS-Progression sank in einem Zeitraum von sechs Monaten um 82 Prozent im Vergleich zu Placebo. Laut der Erweiterungsstudie CLARIT EXTENSION hält diese Wirkung über drei bis vier Jahre an.
  • Wenn keine Immunität besteht, ist es notwendig, sich vor Behandlungsbeginn gegen Herpes / Varizella-Zoster impfen zu lassen.

*Patienten mit einem Schub im vorausgegangenen Jahr und > einer T1-Gd+-Läsion oder > neun T2-Läsionen unter Behandlung mit anderen Basistherapeutika ODER Patienten mit > zwei oder mehr Schüben im vorausgegangenen Jahr unabhängig von einer erfolgten Basistherapie.

Letzte Änderung: 21.01.2021