Progressive Muskelentspannung

Konzept der Progressiven Muskelentspannung:

Die Progressive Muskelentspannung (PM) lockert durch die bewusste An- und Entspannung bestimmter Muskelgruppen den Körper. Nacheinander werden einzelne Muskelpartien zunächst angespannt, um die Spannung kurz zu halten und anschließend zu lösen.

Die Progressive Muskelentspannung (PM) wurde zu Beginn des 19. Jahrhunderts von dem amerikanischen Arzt Edmund Jacobson (1885–1976) entwickelt. Im Laufe der Jahre verfeinerten die PM-Trainer die Methodik, was die PM auch im deutschsprachigen Raum als eigenständiges Verfahren zunehmend bekannter machte.

Ziel der Progressiven Muskelentspannung:

Die Progressive Muskelentspannung als leicht zu erlernende Entspannungstechnik zielt auf die bewusste Entspannung der Körpermuskulatur. Die Muskelspannung soll aufgrund einer verbesserten Körperwahrnehmung unter das normale Niveau des Einzelnen verringert werden.

Beschreibung der Progressiven Muskelentspannung:

Bei der Progressiven Muskelentspannung richtet sich die Konzentration auf den Wechsel zwischen Anspannung und Entspannung und auf die unterschiedlichen Empfindungen, die damit einhergehen.

Jacobson fand heraus, dass mit allen Gefühlen von Unruhe und Erregung eine deutliche Erhöhung der Muskelspannung verbunden ist. Als Reaktion auf diese Entdeckung entwickelte er die Methode der Muskelentspannung. Sie baut auf der Erkenntnis auf, dass die Muskulatur nach einer besonders starken Anspannung eine Eigentendenz zur Entspannung aufweist. Die intensive Anspannung der Muskeln und nachfolgende Entspannung erhöhen insgesamt die Entspannungsfähigkeit eines Menschen und haben vielfältige, positive Auswirkungen.

Die Progressive Muskelentspannung (PM) ist als Entspannungstechnik leicht zu erlernen. Es gibt keine spezielle PM für MS-Erkrankte, aber jeder Kursleiter, der mit MS-Kranken arbeitet, kann sich auf die individuellen Möglichkeiten und Einschränkungen der Teilnehmer einstellen. Es wird ein ‚Muskelsinn“ entwickelt, um eine bewusste Körperwahrnehmung zu erlernen und die muskuläre Entspannung durch systematisches An- und Entspannen zu erreichen.

Die Entspannungsübungen sind leicht zu erlernen und der Übende erlangt sehr bald ein angenehmes Entspannungsgefühl, das sich durch Wärme oder Schwere bemerkbar machen kann.

Die Übungen dauern im Regelfall etwa 20 Minuten und sollten regelmäßig, am besten zwei- bis dreimal in der Woche, ausgeübt werden. Dabei ist bei der Durchführung der Übungen zu beachten:

  1. Die Übenden können jede Muskelgruppe entweder einmal anspannen und nach der Entspannungsphase auf die nächste Muskelgruppe übergehen. Oder jede Muskelgruppe zweimal nacheinander an- und entspannen.
  2. Die Übungen können im Sitzen, Sessel oder Stuhl, oder auf dem Rücken liegend, Bett oder Boden, durchgeführt werden.
  3. Die Augen sollten während der Übung geschlossen sein, man sollte an nichts anderes denken, um ungestört die Entspannung wahrzunehmen und zu genießen.
  4. Die Atmung sollte gleichmäßig und ruhig mit Bauch- und Brustkorbatmung sein, und es sollte auf eine entspannte Gesamtmuskulatur geachtet werden.
  5. Die Muskeln nicht nur körperlich anspannen, sondern sich auch bewusst auf die An- und Entspannung konzentrieren
  6. Am Schluss der Übungen sollte eine Fantasiereise stehen, die Sinneswahrnehmungen wie Hören, Sehen, Riechen und Schmecken anspricht, um den Entspannungszustand noch intensiver genießen zu können.

Übungen der PM können selbständig durchgeführt werden. Ein erster Kursbesuch, um die Technik gut zu lernen, ist hilfreich.

 

Wissenswertes:

Übungen der PM lassen sich unkompliziert den Umständen anpassen. Je nach vorhandener Zeit und Ort können Länge und Intensität der Übungen variiert werden. Geübt werden kann beispielsweise im Wartezimmer eines Arztes, im Stau, am Arbeitsplatz und stets als Antwort auf heftige Symptome der Multiplen Sklerose.

Die PM trainiert den Beckenboden, kann helfen, Schmerzen zu lindern, Schlafprobleme zu lösen, Angstzustände zu reduzieren. Durch die PM wird die Durchblutung angeregt und der Blutdruck normalisiert. Energie- und Adrenalinüberschüsse werden abgebaut und dadurch Stresssituationen oftmals besser verarbeitet.

Für MS-Erkrankte ist die Anpassungsfähigkeit der Progressiven Muskelentspannung ein entscheidender Vorteil gegenüber anderen Entspannungstechniken, da auf Beschwerden kurzfristig reagiert werden kann. Es gibt konkrete Belege, dass PM positive Auswirkungen auf die Gesundheit des Praktizierenden hat. So konnte Edmund Jacobson durch Untersuchungen zeigen, dass die Imagination bestimmter Armbewegungen mit einer Zunahme der EMG-Aktivität – also der elektrischen Muskelaktivität – der Bizepsmuskulatur einherging. Es ist bekannt, dass von einem autonomen Nervensystem gesteuerte
Reaktionssysteme durch mentale Prozesse beeinflusst werden können.

Durch die Kassenzulassung ist die PM in der Bundesrepublik Deutschland im Jahr 1987 zum Bestandteil der psychosomatischen Grundversorgung in allen Krankenkassen geworden.

Für die erfolgreiche Anwendung der PM muss der Ausübende lediglich in der Lage sein, sich eine bestimmte Zeit auf die Muskeln seines Körpers zu konzentrieren, um einzelne Muskelgruppen systematisch anspannen und lockern zu können.

Letzte Änderung: 21.01.2021