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Rechtsansprüche durchsetzen – Recht auf Beratung

Die Anspruchsvoraussetzungen für einzelne Leistungen sind in zahlreichen Gesetzen, Verordnungen, Richtlinien etc. geregelt. Um aber die eigenen Ansprüche durchsetzen zu können, muss man zunächst einmal wissen, welche Ansprüche man überhaupt hat. Die mehrteilige „together“-Serie „Rechtsansprüche durchsetzen“ gibt einen Überblick über die Rechtsansprüche MS-Erkrankter.

Leistungsträger sind verpflichtet, über ihre jeweiligen Leistungen zu informieren und bei Bedarf einzelne Personen individuell und umfassend zu beraten (§ 13 SGB I). Die Information erfolgt zumeist über Broschüren oder das Internet. Individuelle Beratungen werden häufig nicht oder nur unzureichend angeboten. Oftmals hören Betroffene, sie sollen einfach mal einen Antrag stellen, man werde dann sehen, welche Leistungen ihnen zustehen würden. Besteht man dennoch auf einer persönlichen Beratung, wird häufig nur das beantwortet, wonach gefragt wird. Wichtige Dinge fallen buchstäblich unter den Tisch. Zudem ergibt sich teils der Eindruck, dass nicht immer eine objektive Beratung im Sinne der Interessen des Ratsuchenden stattfindet, sondern dass es darum geht, Ansprüche möglichst abzuwiegeln. Vertrauen ist wichtig. Doch Wissen ist mehr. Gerade, wenn es um Ihr persönliches Recht geht.

Neutrale Beratungsstellen als Erst- oder Zweitansprechpartner

Eine neutrale Beratungsstelle kann helfen. Sie berät objektiv, fachgerecht und ohne zeitlichen Druck. Eine solche Beratung kann auch als Möglichkeit zu einer Zweitmeinung genutzt werden, um sicher zu gehen, dass tatsächlich alle relevanten Dinge thematisiert wurden. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales hat mit Inkrafttreten des Bundesteilhabegesetzes sogenannte „ergänzende unabhängige Teilhabeberatungsstellen“ (kurz EUTB) ins Leben gerufen (§ 32 SGB 9). Dort können bereits im Vorfeld einer Antragsstellung neutrale Informationen zu Rehabilitations- und Teilhabeleistungen nach dem SGB 9 eingeholt werden. Häufig erfolgt die Beratung durch selbst von Behinderung betroffene Menschen.

Wichtig zu wissen

Barrierefreiheit der Beratungs- und Informationsangebote: 

Nach dem Behindertengleichstellungsgesetz ist behinderten Menschen der selbstständige Zugang zum Informations- und Beratungsangebot öffentlicher Einrichtungen zu ermöglichen und sind die dafür erforderlichen Hilfen entsprechend den individuellen Erfordernissen bereitzustellen.

Prozesskosten- und Beratungshilfe:

In Einzelfällen ist die Sachlage so kompliziert, dass die Beratung durch einen Rechtsanwalt sinnvoll ist. Doch nicht jeder ist in der Lage, die hierfür entstehenden Kosten selbst zu tragen. Um dennoch seine Rechte wahrnehmen zu können, besteht die Möglichkeit der Beratungs- bzw. Prozesskostenhilfe.

Beratungshilfe kann erst nach Ablehnung eines Widerspruchs in Anspruch genommen werden. Hier räumt der Gesetzgeber die Möglichkeit ein, durch die Beratung eines Fachanwaltes die Rechtslage zu prüfen und die Erfolgsaussichten einer Klage zu klären bzw. eine Klage abzuwenden.

Ein Antrag auf Beratungshilfe kann vom Ratsuchenden selbst beim Amtsgericht gestellt werden. Das Amtsgericht überprüft die Einkommens- und Vermögensverhältnisse genau. Entsprechende Belege und Nachweise sollten unbedingt zum Termin gleich mitgebracht werden. Der Rechtspfleger des Amtsgerichtes hat auch zu beurteilen, ob die Inanspruchnahme der Beratungshilfe nicht mutwillig erscheint. Um die Notwendigkeit der Beratung durch einen Fachanwalt deutlich machen zu können, sollten möglichst umfassende Unterlagen und Informationen zum Sachverhalt sowie vorhandene ärztliche Atteste dem Amtsgericht zur Beurteilung vorgelegt werden.

Beratungshilfe kann auch noch bis vier Wochen nach der Beratung durch den Rechtsanwalt in Anspruch genommen werden. Eine Sicherheit zur Kostenübernahme durch die Beratungshilfe besteht dann jedoch nicht. Um das Kostenrisiko zu vermeiden, sollte möglichst vor der Beratung durch den Rechtsanwalt die Beratungshilfe geklärt werden.

Prozesskostenhilfe kann beantragt werden, wenn man sich zu einer Klage entscheidet. Der Antrag wird in der Regel vom Anwalt selbst beim zuständigen Gericht gestellt und begründet. Einkommen und Vermögen sind auch hier, soweit zumutbar, einzusetzen. Im Gegensatz zur Beratungshilfe kann das Gericht vier Jahre lang nach Beendigung des Verfahrens vom Antragsteller eine Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse verlangen. Bei höherem Einkommen steigt auch die Kostenbeteiligung des Antragstellers. Kommt der Antragsteller diesen Mitteilungspflichten absichtlich oder grob fahrlässig nicht nach, kann die Prozesskostenhilfe nachträglich aufgehoben werden.

Wertneutrale, allgemeine Beratungsstellen

  • Ergänzende unabhängige Teilhabeberatung (www.teilhabeberatung.de)
  • Unabhängige Patientenberatung Deutschland – UPD (www.patientenberatung.de)
  • Bürgertelefon des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (www.bmas.de/DE/Service/Buergertelefon/buergertelefon.html)
  • Bürgertelefon des Bundesministeriums für Gesundheit (www.bundesgesundheitsministerium.de/service/buergertelefon.html)
  • kostenlose Rechtsberatung der jeweiligen Amtsgerichte

Bei Fragen zum Recht auf Beratung und weiteren Themen rund um die MS hilft auch gerne das Beratungsteam der AMSEL weiter! Tel. 0711 697860, E-Mail: beratungsteam[at]amsel.de

Quelle: together 01.19

Redaktion: AMSEL e.V., 31.10.2019