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Patientenverfügung rechtlich geregelt

19.06.09 - Der Bundestag hat mit seiner gesetzlichen Regelung in der gestrigen Sitzung die Patientenautonomie gestärkt. Patienten sollten sich gut informieren und ärztlich beraten lassen.

Rund acht Millionen Menschen haben in Deutschland eine Patientenverfügung verfasst. Eine solche Verfügung soll regeln, ob und wie jemand ärztlich behandelt werden soll, wenn er seinen Willen nicht mehr äußern kann, weil er z.B. ohne Bewusstsein ist.

Bislang war völlig ungeklärt, welche rechtliche Verbindlichkeit eine solche Patientenverfügung für die behandelnden Ärzte hat. Auch die Gericht kamen hier in der Vergangenheit zu unterschiedlichen Ergebnissen, so dass es keine klare Richtschnur zur Auslegung von Patientenverfügungen gab. Ebenso taten sich die Politiker sehr schwer, hier klare Regelungen zu definieren.

Kontrovers diskutiert

Jahrelang wurde das Thema quer durch alle Fraktionen sehr kontrovers diskutiert und bis zuletzt war unklar, welcher Gesetzesentwurf sich durchsetzen würde. Diskutiert wurde dabei insbesondere, ob Patientenverfügungen auch dann gelten sollen, wenn eine Erkrankung noch nicht als unumkehrbar tödlich gilt. Außerdem sollte eine Patientenverfügung nur nach vorheriger medizinischer Beratung wirksam sein.

Der Bundestag hat in seiner Sitzung vom 18. Juni 2009 nun gesetzliche Regelungen zur Patientenverfügung beschlossen – das Patientenverfügungsverbindlichkeitsgesetz (PVVG). Es soll nach Zustimmung des Bundesrates am 1.9.2009 in Kraft treten.

Mit diesem Gesetz wird die Patientenautonomie gestärkt. Was zählt ist der schriftlich formulierte Wille des Patienten. Dieser Patientenwille ist unabhängig vom Stadium der Erkrankung zu befolgen, also auch dann, wenn die Erkrankung nicht zwangsläufig zum Tode führt. Eine aktive Sterbehilfe wird aber abgelehnt. Eine vorherige ärztliche Beratung ist im Gesetz nicht vorgesehen.

Die Regelungen im einzelnen:

  • Volljährige können in einer schriftlichen Patientenverfügung im Voraus festlegen, ob und wie sie später ärztlich behandelt werden wollen, wenn sie ihren Willen nicht mehr selbst äußern können. Künftig sind Betreuer und Bevollmächtigter im Fall der Entscheidungsunfähigkeit des Betroffenen an seine schriftliche Patientenverfügung gebunden sie müssen prüfen, ob die Festlegungen in der Patientenverfügung der aktuellen Lebens- und Behandlungssituation entsprechen und den Willen des Betroffenen zur Geltung bringen.
  • Niemand ist gezwungen, eine Patientenverfügung zu verfassen. Patientenverfügungen können jederzeit formlos widerrufen werden.
  • Gibt es keine Patientenverfügung oder treffen die Festlegungen nicht die aktuelle Situation, muss der Betreuer oder Bevollmächtigte unter Beachtung des mutmaßlichen Patientenwillens entscheiden, ob er in die Untersuchung, die Heilbehandlung oder den ärztlichen Eingriff einwilligt.
  • Eine Reichweitenbegrenzung, die den Patientenwillen kraft Gesetzes in bestimmten Fällen für unbeachtlich erklärt, wird es nicht geben.
  • Die Entscheidung über die Durchführung einer ärztlichen Maßnahme wird im Dialog zwischen Arzt und Betreuer bzw. Bevollmächtigtem vorbereitet. Der behandelnde Arzt prüft, was medizinisch indiziert ist und erörtert die Maßname mit dem Betreuer oder Bevollmächtigten, möglichst unter Einbeziehung naher Angehöriger und sonstiger Vertrauenspersonen.
  • Sind sich Arzt und Betreuer bzw. Bevollmächtigter über den Patientenwillen einig, bedarf es keiner Einbindung des Vor-mundschaftsgerichts. Bestehen hingegen Meinungsverschiedenheiten, müssen folgendschwerere Entscheidungen vom Vormundschaftsgericht genehmigt werden.

Aus Sicht des AMSEL-Sozialarbeiters

Grundsätzlich ist zu begrüßen, dass hinsichtlich der Verbindlichkeit von Patientenverfügungen nun Rechtsicherheit und Klarheit geschaffen wurde. Dies nützt dem Patienten genauso wie auch Ärzten und Angehörigen. Entscheidend ist der Wille des Patienten und dies ist zu begrüßen und entspricht im Grundsatz dem Prinzip des mündigen Patienten der selbstständig entscheidet, welche medizinische Behandlungen durchgeführt werden und welche nicht.

So klar und einfach dieser Grundsatz auch scheint, so schwierig kann die Umsetzung im konkreten Einzelfall sein. Schließlich geht es hier letztlich um die Entscheidung zwischen Leben und Tod. Bei Abfassung einer Patientenverfügung sollte man deshalb sehr sorgfältig vorgehen und sich umfassend informieren und ärztlich beraten lassen. Denn man muss sich bewusst sein, dass die in einer Patientenverfügung festgelegten Regelungen künftig umgesetzt werden müssen und zwar auch dann, wenn durchaus noch Chancen auf ein Weiterleben bestehen.

Außerdem sollte man die Patientenverfügung regelmäßig überprüfen und dem aktuellen Stand der Medizin anpassen. Dies ist auch im Gesetz vorgesehen, weshalb eine regelmäßige Bestätigung der Patientenverfügung vorgesehen ist.

 
Autor: Jürgen Heller
 

Quelle: Bun­des­mi­nis­te­ri­ums der Jus­tiz, 18.06.09

Redaktion: AMSEL e.V., 19.06.2009