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Mehrbedarf für Krankenkost bei Grundsicherung gestrichen

29.06.09 - Ab sofort müssen MS-betroffene AGL II- und Sozialhilfeempfänger in den sauren Apfel beißen - vorausgesetzt sie können sich den noch leisten.

Bezieher von Leistungen zur Grundsicherung im Rahmen des Arbeitslosengeldes II oder der Sozialhilfe, konnten bislang bei einer MS-Erkrankung einen Mehrbedarf wegen kostenaufwendiger Ernährung geltend machen. Nach Vorlage einer ärztlichen Bescheinung wurden von den Leistungsträgern bei MS rund 25,00 € im Monat anerkannt.

Hintergrund dieser Regelung war eine Empfehlung des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge e.V. aus dem Jahre 1997. Diese Empfehlung wurde nun in Zusammenarbeit mit der Deutschen Gesellschaft für Ernährung überarbeitet. Eine Arbeitsgruppe aus Juristen und Medizinern überprüfte die bisherigen Regelungen. Als Vergleichsparameter wurden dabei die im Regelsatz enthaltenen Lebensmittelkosten im Rahmen einer vollwertigen Ernährung herangezogen. Es wurde dann überprüft, bei welchen Krankheiten nach aktuellem Stand der schulmedizinischen Wissenschaft eine solche Vollkost nicht ausreichend ist.

Dies wurde von der Arbeitsgruppe nur bei Bestehen einer Niereninsuffizienz oder einer Zöliakie anerkannt. In diesen Fällen wird auch zukünftig ein Ernährungsmehrbedarf gezahlt. Bei allen anderen Erkrankungen wird die Vollkost als ausreichend angesehen. So auch bei einer Multiplen Sklerose.

 
 
BMI
 
 
Der Body Mass Index oder Körpermasseindex ist eine Maßzahl zur Bewertung des Körpergewichtes eines Menschen. Das Normalgewicht liegt bei einem BMI von 18,5 – 25. Ein BMI über 25 gilt als Übergewicht, ein BMI unter 18,5 als Untergewicht. Der BMI wird nach folgender Formel berechnet: BMI = Masse in Kilogramm /
Größe in Metern2 

Allerdings kann sich auch bei MS ein erhöhter Ernährungsaufwand ergeben, wenn es sich um einen schweren und verzehrenden Krankheitsverlauf mit gestörter Nahrungsaufnahme oder mangelhafter Nährstoffverwertung handelt. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn der Body Mass Index, kurz BMI, (Käschtlestext siehe unten) als Folge der Erkrankung unter 18,5 liegt und/oder ein schneller krankheitsbedingter Gewichtsverlust (über 5% des Ausgangsgewichts) vorliegt.

Für die meisten MS-betroffenen Grundsicherungsempfänger bedeutet dies wohl das Aus für die Ernährungszulage, zumal auch Ausgaben für Nahrungsergänzungsmittel bei dieser Regelung unberücksichtigt bleiben.

Die Änderung der Empfehlung kann man im Hinblick auf die MS-Erkrankung in soweit nachvollziehen als MS keine ernährungsbedingte Erkrankung ist und bei MS von medizinischer Seite auch keine Diät zwingend vorgeschrieben ist. Dennoch ernähren sich viele MS-Erkrankte besonders gesundheitsbewusst und achten bei der Auswahl ihrer Lebensmittel auf hochwertige und natürliche Produkte. Diese sind erfahrungsgemäß deutlich teuerer als Standardprodukte aus dem Supermarkt. Für Empfänger von Grundsicherungsleistungen wird es nach der Streichung der Ernährungszulage zukünftig noch schwieriger sein, sich gesundheitsbewusst zu ernähren, ganz einfach weil sie sich bestimmte Lebensmittel nicht mehr leisten können.

Jürgen Heller, Sozialarbeiter der AMSEL

Redaktion: AMSEL e.V., 30.06.2009