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Der Joint als Heilmittel ?

02.02.05 - Freispruch für MS-kranken Drogenkonsumenten. Auch der Anbau ist in Einzelfällen erlaubt.

Der Abbau und der Besitz von Cannabis als Medizin können im Einzelfall straffrei bleiben. Dies befand das Mannheimer Schöffengericht am 19. Januar 2005 im Fall eines 41jährigen Multiple Sklerose-Erkrankten. "Warum gönnen wir Juristen einem Menschen mit so einem schweren Schicksal nicht ein paar schöne Tage", fragte sich Richter Ulrich Krehbiel und sprach den Haschischkonsumenten frei.

Seit den 80er Jahren leidet der Frührentner an einer Ataxie als Folge seiner MS-Erkrankung: Krämpfe, gestörte Motorik und Sprachvermögen zählen zu den Symptomen. Um seine Beschwerden zu lindern, konsumiert der Mannheimer Haschisch und Marihuana. Die Drogen baut er in seiner Wohnung an, wo die Mannheimer Polizei mehrere hundert Gramm Cannabis beschlagnahmt hatte.

Eigentlich genügt die Menge als Verbrechensstraftatbestand. Da es gegen die Ataxie kein zugelassenes Heilmittel gibt, wie der Heidelberger Neurologe Hans-Michael Meinck deutlich machte, das verbotene Cannabis hingegen in 30 Prozent der Fälle die Symptome lindern können - so auch beim Angeklagten -, war für Richter Krehbiel der Fall klar: "Cannabis hilft dem armen Menschen." Raucht der Angeklagte kein Marihuana, dann verschlechtert sich sein inzwischen stabiler Gesundheitszustand. Er sei daher so zu behandeln, als hätte er ein zugelassenes Medikament genommen, befand Krehbiel.

Ein Persilschein für alle Zukunft ist dieser Richterspruch, gegen den womöglich noch die Berufung der Staatsanwaltschaft erfolgen wird, allerdings nicht: Der MS-erkrankte Rentner muss auch künftig mit Wohnungsdurchsuchungen rechnen. Zwar gibt es ein legales Präparat auf dem Markt, das den Cannabis-Wirkstoff THC enthält, jedoch übernehmen die Kassen nicht die Kosten für "Dronabinol". 500 Euro kostet ein Fläschchen davon: Weit mehr als der Eigenanbau von Cannabis und zuviel für den Angeklagten, der mit 860 Euro Rente im Monat auskommen muss.

Quelle: Badisches Tagblatt vom 20.01.2005

Redaktion: AMSEL e.V., 28.08.2007