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Das Corona-Virus: FAQ zu Arbeitsrecht und Multiple Sklerose

Hier eine Zusammenstellung konkreter Beispiele von MS-Betroffenen aus dem AMSEL-Expertenchat.

FAQ aus dem AMSEL-Expertenchat zum Thema Arbeitsrecht und MS in Zeiten von Corona [Stand: 24.03.2020]

Hier ein Auszug mit wichtigen Fragen und Antworten aus dem AMSEL-Expertenchat. Auffällig oft wurde danach gefragt, ob man sich im Zuge von Corona als Multiple-Sklerose-Erkrankter outen muss. Die Antwort lautet eindeutig: nein.

Beachen Sie bitte, dass aufgrund der Dynamik der Ereignisse mit ständigen Entwicklungen und Änderungen zu rechnen ist. Wir bitten Sie daher, auf den entsprechenden Seiten der Bundesregierung und der Ministerien die aktuelle Entwicklung nachzuverfolgen. Auch erhebt dieser Beitrag keinen Anspruch auf Vollständigkeit und kann keinesfalls eine rechtliche Beratung im Einzelfall ersetzen. 

Janine: Guten Abend, mein Mann nimmt Gilenya, gehört damit ja zur Risikogruppe. Er ist als Dachdecker ganz normal berufstätig. Besteht die Möglichkeit das er sich zu seinem Schutz krank schreiben lässt? Wenn ja, für welchen Zeitraum und welcher Arzt könnte das machen Hausarzt oder Neurologe? Vielen Dank im voraus

Maximilian von Gaisberg: Hallo, eine Krankschreibung kann grundsätzlich bei Symptomen erfolgen. Das geht sowohl über den Hausarzt als auch über den Neurologen. Da es hier ein Sonderfall ist, kann eher der Neurologe helfen. Aber man kann auch den Hausarzt fragen. Ich würde es einfach probieren. Eine Krankschreibung kann faktisch unbegrenzt erfolgen. Aktuell aber pro Krankschreibung 14 Tage mit der Möglichkeit von Folgebescheinigungen. Wobei man nach 6 Wochen aus der Lohnfortzahlung fällt.

 

Stela: Sehr geehrte Frau Fleischmann, sehr geehrter Herr von Gaisberg, meine Fragen: Wie lange kann mich mein Hausarzt oder Neurologe krankschreiben? Mein Arbeitgeber weiß bis dato nichts von der MS, ich habe bisher nur gesagt, dass ich aufgrund einer Vorerkrankung ins Homeoffice möchte, da ich im Büro nicht wirklich die Möglichkeit hatte Sicherheitsabstände etc. einzuhalten. Ich hatte zu große Sorge vor dem Schubrisiko bei Virusinfektionen. Ich nehme aber keine immunsuppressive MS-Medikamente und gehöre auch nicht zur klassischen Risikogruppe. Ich werde in den kommenden Tagen mit meinen Chefs sprechen; ich gehe davon aus, dass Sie Verständnis haben werden. Es ist eine sehr familiäre Situation (kleiner Betrieb). Derzeit bin ich jetzt erstmal krank geschrieben. Was muss ich beachten wenn ich mich jetzt "oute".

Maximilian von Gaisberg: Eine Krankschreibung kann quasi unbegrenzt erfolgen. Zur Zeit kann bis zu 14 Tage mit einer Bescheinigung krank geschrieben werden. Dieser Zeitraum kann mit einer Folgebescheinigung dann wieder verlängert werden. Wobei nach 6 Wochen wegen der gleichen Erkrankung der Lohnfortzahlungszeitraum endet. Wenn Sie sich outen, müssen Sie nichts beachten. Es darf Ihnen daraus kein Nachteil entstehen.

 

Dorothee: Guten Abend wenn mein Arbeitgeber meint ich solle zu Hause bleiben, muss ich da Urlaub nehmen oder Überstunden abbauen?

Maximilian von Gaisberg: Wenn Ihr Arbeitgeber Sie quasi freistellt, kann er auch anordnen, dass Überstunden abgebaut werden. Wobei Sie dem Wunsch der Freistellung nicht folgen müssen.

 

Mona: Sehr geehrter Herr von Gaisberg, ich wende mich mit einer Bitte bzw. Frage an Sie: ich bin MS - Patientin und spritze seit vielen Jahren Avonex. Nun arbeite ich an 3 Vormittagen in der Woche als Therapeutin in einer logopädischen Praxis und in einer Kita. In der logopädischen Praxis lässt sich ein sehr enger Kontakt mit den Patienten nicht vermeiden. Wir arbeiten am und im Mund des Patienten und zwangsläufig kommt man mit Speichel in Kontakt. Nun kann meine Chefin ihrer Fürsorgepflicht nicht nachkommen, da es keinen Mundschutz mehr im Handel gibt und uns ebenso das Sterilium ausgeht. Da ich Mini Jobberin bin kann ich nicht in Kurzarbeit gehen. Mein Neurologe kann mich nicht krank schreiben, da ich momentan symptomfrei bin. Haben Sie einen Rat für mich, wie ich mich schützen kann? Vielen Dank für Ihr Engagement und herzliche Grüße

Maximilian von Gaisberg: Bezüglich Schutzmaßnahmen kann ich Ihnen nicht helfen. Ich würde eine Krankschreibung über den Hausarzt versuchen oder das Problem mit dem Arbeitgeber besprechen. Wenn er den Schutz nicht gewährleisten kann, muss er handeln

 

Nicole35: Ich arbeite in einer Behörde mit knapp 2000 Mitarbeitern. Viele von denen arbeiten als Telekräfte, also Homeoffice, z.B. Aufgrund Kindererziehung, weite Wegstrecken. Diese haben die Pflicht 1 bis 2 mal die Woche in der Hauptverwaltung zu erscheinen. Denen wurde aber jetzt gesagt, dass sie ganz zuhause bleiben sollen. Das heißt, deren analogen akten müssen von den arbeitskräften mitgemacht werden, die keine möglichkeit zum homeoffice haben, so wie ich, die eigentlich zur Risikogruppe mit der MS gehört, sich extra krank schreiben lassen muss um geschützt zu sein. Ist sowas gerecht und rechtens?

Maximilian von Gaisberg: Gerecht nein, aber das ist leider keine juristische Begründung. Der Arbeitgeber kann die Arbeit verteilen oder Gruppen ins Homeoffice schicken. Sie müssen aber nicht mehr als Ihre Arbeitszeit arbeiten.

 

Lulu: Hallo, ich arbeite in einem ambulanten Pflegedienst. Wir haben keine Schutzkleidung, Mundschutz oder ähnliches. Ich nehme Gilenya (Immunsuppresiva) ein und habe Asthma, bin also ein Risikopatient. Mein Hausarzt empfiehlt, mich freistellen zu lassen, ich kann aber nicht auf den Verdienst verzichten. Urlaub oder Überstunden möchte ich dafür nicht einsetzen. Was kann ich tun? Vielen Dank, Lulu

Maximilian von Gaisberg: Sie können den Arbeitgeber auf seine Fürsorgepflicht hinweisen und das Problem ansprechen. Es gibt noch die vorübergehende Dienstverhinderung gem. § 616 BGB, aber die hilft nur kurzfristig

 

Anymay: Hallo Herr von Gaisberg, muss ich mich denn jetzt bei meinem Arbeitgeber outen, wenn ich weiß das durch mein Medikament das Risiko erhöht ist? Mein AG weiß nichts von meiner MS. Wenn ja, was kann ich machen, wenn mir dadurch Nachteile entstehen, auch wenn das nicht der Fall sein dürfte?

Maximilian von Gaisberg: Outen müssen Sie sich nicht. Sie können auch darauf verweisen, dass Sie eine Risikogruppe angehören. Wenn Ihnen Nachteile entstehen, bitte dokumentieren und einen Anwalt aufsuchen

 

UB: Ich habe eine Schwerbehinderung von 50% und somit einen "leidensgerechten Arbeitsplatz", kann mich mein Arbeitgeber einfach an eine andere Stelle versetzen? (Ich arbeite als Krankenschwester in der Ambulanz) meine Sorge ist das ich auf eine Intensivstation versetzt werde

Maximilian von Gaisberg: Ihr Arbeitgeber kann Sie im Rahmen des vertraglich vereinbaren auf andere Stellen versetzten, die Ihrem Ausbildungsstand entsprechen und zumutbar sind. Soweit Sie eine Schwerbehinderung hat, muss der Arbeitsplatz natürlich dies berücksichtigen.

 

Daniela: Guten Abend, Ich habe vom meinem Neurologen ein Attest bekommen mit einem Beschäftigungsverbot. Ich arbeite Für den Vorstand der Metro am Empfang. Wir haben zu 90 prozent gäste aus dem Ausland. Nach abstsprache mit dem Betriebsrat die richtige entscheidung,da ich zur Risiko gruppe gehöre. Nun akzeptiert mein Arbeit geber das attest nicht da ein beschäftigungsverbot angeblich nur für Schwangere und Minderjährige gelten Würde. Wie sol ich mich verhalten? Bin noch bis Zum 09.04 Krank geschrieben.

Maximilian von Gaisberg: In diesem Fall gibt es kein gesetzliches Beschäftigungsverbot. Dies wäre zu den vom Arbeitgeber genannten noch die Erkrankung an Corona oder ähnlichem. Ich würde mich krankschreiben lassen

 

Katharina: Mein Arbeitgeber weiß von meiner MS. Nicht aber welches Medikament ich nehme und somit auch nicht, ob ich zur Risikogruppe gehöre. Ich bin auch nicht verpflichtet, dies auf Nachfrage zu beantworten, richtig? Zudem habe ich bei Einstellung angegeben, dass mein Schwerbehindertenausweis aktuell im Widerspruch ist. Muss ich meinem AG das Ergebnis des Widerspruchs mitteilen. Ich habe nun GdB 40. Vorab vielen Dank!

Maximilian von Gaisberg: Einen Anspruch auf medizinische Daten hat der Arbeitgeber nur, wenn es beschäftigungsrelevant ist. Sie also durch die Erkrankung den Betrieb gefährden oder aber sich selbst gefährden. Einen Anspruch auf Mitteilung einer Schwerbehinderung hat er nicht.

Quelle: AMSEL-Expertenchat, 24.03.2020

Redaktion: AMSEL e.V., 27.03.2020