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Anbau von Cannabis zu therapeutischen Zwecken

Auch MS-Patienten können von einem aktuellen Gerichtsurteil profitieren: Unter bestimmten Voraussetzungen ist der Eigenanbau von Cannabis zur therapeutischen Behandlung demnach erlaubt.

Am 22.7.2014 hat das Verwaltungsgericht Köln in seinem Gerichtsurteil entschieden, dass der Eigenanbau von Cannabis zur therapeutischen Behandlung erlaubt ist - unter bestimmten Voraussetzungen.

Cannabis wird insbesondere zur Behandlung von chronischen Schmerzen und Spastik eingesetzt, wie sie z.B. auch bei Multipler Sklerose auftreten können. Fünf Patienten, die unter chronischen Schmerzen leiden, haben gegen das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) geklagt, das die Anträge der Kläger auf Zulassung des eigenen Anbaus von Cannabis abgelehnt hatte. In drei der fünf Fälle hat das Gericht den Klägern Recht gegeben, in zwei Fällen wurde die Klage abgewiesen.

Alle fünf Kläger besitzen eine Erlaubnis zum Erwerb und therapeutischen Konsum von Cannabisblüten. Die Kosten für Cannabis aus der Apotheke können monatlich 1.000 Euro übersteigen. Die Kläger können diesen Betrag nicht aus eigener Tasche finanzieren und auch die Krankenkassen haben eine Kostenübernahme abgelehnt. Die Kläger hatten deshalb beim BfArM Anträge auf Zulassung des eigenen Anbaus von Cannabis gestellt, was allerdings abgelehnt wurde.

Urteil kein Freischein

In seiner Begründung wies das Gericht darauf hin, dass die Voraussetzungen für die Zulassung des Eigenanbaus in jedem Fall eingehend und individuell zu prüfen seien. Ein Freischein für alle (Multiple Sklerose-) Patienten ergibt sich aus dem Urteil also nicht. Eine Zulassungsvoraussetzung ist, dass alle zumutbaren Behandlungsmöglichkeiten ausgeschöpft sind. Des Weiteren muss gewährleistet sein, dass in der eigenen Wohnung ein sicherer Anbau möglich ist und insbesondere ein Zugriff Dritter auf die Pflanzen und Produkte hinreichend sicher ausgeschlossen werden kann. Die genauen Modalitäten des Anbaus könnten durch Auflagen bestimmt werden.

In drei Fällen waren die Voraussetzungen gegeben. In einem Fall hat das Gericht den Antrag wegen fehlender geeigneter Räumlichkeiten abgelehnt, im zweiten Fall wurde bemängelt, dass noch nicht alle Behandlungsalternativen ausgeschöpft seien.

Wirksame Therapie sollte Vorrang haben

Das Urteil ist eindeutig zu begrüßen. Es ermöglicht den Zugang zu wirksamen Therapien ohne die Patienten zu kriminalisieren. Das Gericht hat dem Interesse der Patienten nach wirksamen Therapien Vorrang vor der Frage der Legalität eingeräumt. Das ist gut so. Denn es ist nicht nachvollziehbar, warum Patienten auf wirksame Therapien verzichten und unter ständigen Schmerzen leiden sollen, nur weil das BfArM aus allgemeinen Rechtserwägungen heraus, die zum großen Teil wohl ideologisch motiviert sind, von seiner sturen Auffassung "illegal ist und bleibt illegal" nicht abrückt.

Das BfArM und damit letztlich der Staat wird sich wohl entscheiden müssen. Entweder er akzeptiert den Eigenanbau von Cannabis zu therapeutischen Zwecken oder er sorgt dafür, dass die Patienten den Zugang zu Cannabis über die Apotheken erhalten und die Kosten von den Kassen übernommen werden.

Allerdings ist wohl damit zu rechnen, dass das BfArM Berufung gegen die Urteile einlegen wird und eine Entscheidung vor dem Bundesverwaltungsgericht anstrebt. In diesem Fall müssen sich die Patienten weiter in Geduld üben.

  • Stattgebende Urteile: 7 K 4447/11, 7 K 4450/11 und 7 K 5217/12
  • Abweisendes Urteil (Wohnsituation): 7 K 4020/12
  • Abweisendes Urteil (Behandlungsalternativen): 7 K 5203/10

Anfang Juli 2011 wurde Sativex als erstes Cannabis-Präparat zur Behandlung der Spastik in Europa zugelassen. Es ist ein Cannabisderivat und hat keine oder kaum die bewusstseinsbeeinflussende Wirkung von Cannabis selbst. Auch wirkt es nicht bei jedem Patienten gegen Spastik oder Schmerz, beides sehr häufig auftretende Symptome bei Multipler Sklerose. - AMSEL.DE hatte berichtet.

Autor: JH
Quelle: Pressemitteilung des Verwaltungsgerichts Köln
www.vg-koeln.nrw.de/presse/pressemitteilungen/14_140722/index.php

Redaktion: AMSEL e.V., 24.07.2014