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Zulassung von erster MS-Tablette in Europa rückt näher

Committee for Medicinal Products for Human Use gibt "Positive Opinion" für Zulassung von Fingolimod.

Novartis nimmt eine weitere Hürde zur Zulassung der ersten MS-Tablette in Europa. Das wissenschaftliche Komitee CHMP (Committe for Medicinal Products for Human Use) hat eine "Positive Opinion", also eine "positive Meinung" für die Zulassung von Fingolimod/FTY 720 in einer Dosis von 0,5 mg zur Behandlung erwachsener MS-Kranker erteilt, gibt Novartis in einer Pressemitteilung vom 21. Januar 2011 bekannt.

Mit der Zulassungsempfehlung des vorberatenden Ausschusses der European Medicines Agency (EMA) sind detaillierte Bedingungen verknüpft. Die Therapie wird nur als Einzeltherapie und allein für die schubförmige Form der MS empfohlen. Und es kommen nur MS-Patienten in Frage, die

  • entweder eine hohe Krankheitsaktivität aufweisen, obwohl sie zuvor mindestens ein Jahr lang mit Beta-Interferon behandelt worden sind und dennoch mindestens einen Schub gehabt haben
    oder
  • Patienten, deren schubförmige MS sehr schnell voranschreitet und zu zwei oder mehr Schüben pro Jahr führt.

Die endgültige Entscheidung der EMA steht noch aus, die Behörde folgt jedoch normalerweise den Empfehlungen der CHMP, so die Einschätzung von Prof. Horst Wiethölter. "In der Regel gibt die EMA ihr Urteil etwa 3 Monate nach der CHMP-Entscheidung bekannt. Trifft dies auch in diesem Fall zu, könnte damit Anfang des 2. Quartals das erste orale MS-Therapeutikum in der EU auf den Markt kommen", so Wiethölter, Mitglied des Ärztlichen Beirats der AMSEL und stellvertretender Vorsitzender des Verbandes.

Die Anwendung von Fingolimod, das unter dem Markennamen Gilenya® auf den Markt kommen wird, ist einfach. Die Dosis von 0,5 mg wird einmal täglich als Tablette eingenommen. Mögliche Nebenwirkungen (bei mehr als 1 von 10 Patienten) sind grippeähnliche Symptome, Kopfschmerzen, Durchfall, Rückenschmerzen und erhöhte Leberenzyme.

Mit Fingolimod würde eine neue Wirkstoffklasse in die MS-Therapie aufgenommen werden. Es handelt sich um einen sogenannten Sphingosin-1-Phosphat (S1P)-Rezeptormodulator, der zu einer Umverteilung der im Blut zirkulierenden Lymphozyten in die Lymphknoten führt. Der Prozess ist nach Absetzen von Fingolimod reversibel.

Laut Pressemitteilung des Herstellers Novartis konnte Fingolimod in einer bisher durchgeführten Studie (gegen Interferon beta 1a) die Schubrate innerhalb von 12 Monaten um durchschnittlich etwa 50 Prozent reduzieren. In einer weiteren Studie gegenüber Plazebo führte das Mittel zu einer signifikant geringeren Abnahme des Gehirnvolumens und ein um 30 Prozent geringeres Risiko für eine Behinderungsprogression.

Gilenya® würde als erstes orales MS-Mittel in Europa auf den Markt kommen. In den USA hatte das Präparat Ende September 2010 (wir berichteten) von der US-Gesundheitsbehörde FDA die Zulassung als Erstlinien-Therapie bei rezidivierender-remittierender MS erhalten. International betrachtet ist Fingolimod aber nicht das einzige orale MS-Therapeutikum. Merck Serono hatte im vergangenen Jahr in Russland und Australien die Zulassung für ihr Präparat Movectro® (Cladribin) erhalten (wir berichteten), die Zulassung für Europa wurde jedoch negativ beschieden (wir berichteten).

Quelle: Pressemitteilung Novartis vom 21.01.11

Redaktion: AMSEL e.V., 24.01.2011