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Zukunft der Multiple Sklerose Therapie

Von der EAN: Sobek-Preisträgerin Prof. Lubetzki ging auf der europäischen Tagung der Frage nach, wie weit die neuen Ansätze sind und wie ihr Wirkungs-Nebenwirkungs-Profil aussehen könnte.

Multiple Sklerose war ein großes Thema auf der Tagung der European Academy of Neurology (EAN) dieses Jahr vom 20.-23. Juni in Berlin. So zum Beispiel im Vortrag von Prof. Catherine Lubetzki, Sobek-Preisträgerin 2010, zur Zukunft der MS-Therapie.

Stand heute

Die aktuell zugelassenen krankheitsmodifizierenden Therapien gegen Multiple Sklerose - also die Immunmodulatoren oder Immunsuppressiva als Mittel der 1. und 2. Wahl (Interferone, Glatirameracetat, Dimethylfumarat, Teriflunomid, Mitoxantron, Natalizumab, Fingolimod und Alemtuzumab) - haben die MS-Behandlung deutlich verändert. Diese Wirkstoffe haben unterschiedliche Wirksamkeitsgrade. und Sicherheitsprofile. Zusätzlich ist teils wichtig, ob ein Patient Responder oder Nicht-Responder ist. Allen gemein ist: Diese Therapien verringern die Schubrate durch unterschiedliche Mechanismen an der entzündlichen Komponente der Erkrankung.

Trotz ihres tiefgreifenden Einflusses auf das adaptive Immunsystem fehlt diesen Medikamenten noch eine klare Wirkung auf das Fortschreiten von Behinderungen, das aus irreversiblen neuronalen / axonalen Schäden und Gewebeverlusten resultiert. Dies deutet darauf hin, dass zusätzlich zu einem (frühen) immungetriebenen Gewebeschaden, auf den Immuntherapien ausgerichtet sind und wodurch sie schubbedingte Schäden reduzieren können, während des Krankheitsverlaufs ein (später ?) degenerativer Prozessteilweise unabhängig von der aktiven Entzündung stattfindet, der ganz ohne Schübe zu einem Fortschreiten der Behinderung beiträgt.

Zukunft der MS-Therapie

Neuronalen und axonalen Schaden unabhängig oder abhängig von einer Entzündung zu schützen ist derzeit die große Herausforderung der MS-therapeutischen Strategie. Für die entzündungsgetriebenen Schäden sind Studien derzeit im Gange bzw. es liegen auch schon Studienergebnisse vor (Laquinimod und die monoklonalen Antikörper Daclizumab und Ocrelizumab). Andere Ansätze sind noch in der Frühphase ihrer Entwicklung mit dem Ziel die Wirkungs-Nebenwirkungs-Bilanz zu optimieren.

Ebenso wird die optimale Behandlungschronologie für Patienten nach wie vor debattiert. Hier stehen früher aggressive Therapie contra spätere Eskalation für Patienten, bei denen die erste Therapie nicht anschlägt zur Debatte. In diesem Zusammenhang fehlen derzeit schlicht die Faktoren, genauer Prädikatoren, um die Schwere des Verlaufs einer individuellen Multiplen Sklerose frühzeitig zu erkennen und so gleich aggressiv dagegen vorgehen zu können.

Neuroprotektion und Re-Myelinisierung

Für nicht-akute, entzündungsunabhängige Gewebeschäden werden derzeit mehrere therapeutische Wege eingeschlagen: Viele der präklinischen oder frühen klinischen Studien zielen auf die Neuroprotektion, also den Schutz der Nerven (etwa Ibudilast, Phenytoin, Amiloride, EPO, Biotin).

Andere präklinische Ansätze zielen darauf ab, den axonalen Schaden durch gesteigerte Re-Myelinisierung kleinzuhalten. Dazu gehören Studien zur Stammzelltransplantation, aber auch Wirkstoffe wie Retinsäure, Olesoxim, antikolinerge Arzneimittel,

Auch Anti-LINGO - hier ist eine Studie zur Optikusneuritis bereits abgeschlossen, eine weitere läuft derzeit noch (AMSEL.DE hatte berichtet) - zählt zu den remyelinisierenden Ansätzen der MS-Behandlung. Hier soll die Remyelinisierung durch beschleunigte Oligodendrozytenreifung gestärkt werden.

Marker für Remyelinisierung und Nervenschutz gesucht

Weil noch vieles offen ist bezüglich der derzeit untersuchten Therapieansätze, lässt sich auch keine einfache Antwort auf die Fragen finden: Wann kommt was und wie sicher ist es ? Die zeitliche Frage hängt jedoch im wesentlichen davon ab, ob es sich bei dem jeweils neuen Ansatz um eine Immuntherapie oder eine remyelinisierende Therapie handelt.

Während es verschiedene Marker gibt, um den inflammatorischen Prozess der Multiplen Sklerose zu überprüfen - und nur so können die Erfolge oder Misserfolge einer Therapie beurteilt werden -, ist man derzeit noch auf der Suche nach passenden Markern, um Neuroprotektion (bzw. -schaden) und Remyelinisierung (bzw. bestehende Demyelinisierung) zu überprüfen. Das erschwert es schon, entsprechende Studiendesigns aufzusetzen.

Quelle: Veröffentlichung der EAN - European Academy of Neurology, Juni 2015

Redaktion: AMSEL e.V., 23.06.2015