Über Stress und Multiple Sklerose wurde schon viel geschrieben. Oft ist der Tenor, Stress schade nicht. Das mag auch mit der Definition von Stress zusammenhängen: Wo fängt er an, wann hört er auf und gibt es auch gesunden Stress?
Den umgekehrten Beweis, nämlich, dass Stress-Management einen positiven Einfluss auf das Krankheitsgeschehen der Multiplen Sklerose hat, erbrachten nun Wissenschaftler aus Chicago. An der nationalen klinischen Studie nahmen 121 Multiple-Sklerose-Patienten teil, zwei Drittel davon Frauen. Sie wurden per Zufall entweder der Therapiegruppe zugeteilt oder der Kontrollgruppe. Die Therapiegruppe erhielt über einen Zeitraum von 24 Wochen insgesamt 16 Kursstunden, in denen die Patienten ihre Fähigkeit verbesserten, sowohl
- stressbehaftete Situationen zu vermeiden, als auch
- mit stressbehafteten Situationen besser umzugehen.
Ein 24-wöchiges Follow-Up begleitete die Patienten. Der Erfolg wurde nicht etwa mittels Fragebögen zur seelischen Befindlichkeit gemessen, sondern anhand von MRT-(Kernspintomografie-) Aufnahmen.
Zwei Arten von Läsionen waren in der Stress-Management-Gruppe deutlich reduziert: gadolinium-anreichernde Läsionen und T2-Läsionen, also diejenigen Läsionen, die auch wieder verschwinden können und solche, die eher permanenter Natur sind. Genauer traten in der Therapiegruppe nur bei 55 % neue gadolinium-anreichernde Läsionen auf, während es bei der therapiefreien Gruppe 77 % waren. Die MS-Patienten mit Stress-Management hatten 43 % neue T2-Läsionen, während in der Kontrollgruppe 70 % neue T2-Läsionen auftraten. Und: Die reduzierte Läsionszahl war unabhängig davon, ob die Patienten immunmodulierende Medikamente einnahmen oder nicht (wie z.B. Beta-Interferone oder Glatirameracetat).
Stress-Management kann den Krankheitsverlauf dieser Studie zufolge also positiv beeinflussen. Ernüchternd allerdings ist die Tatsache, dass der Effekt nur so lange anhält, wie man Stress-Management betreibt: Nach der Stresstherapie erhöhte sich auch die Läsionsrate unter den Kursteilnehmern wieder.
Weitere Untersuchungen sind nötig, genauso wie nachhaltigeres Stressmanagement.
Quelle: Pressemitteilung der Northwestern University, 11.07.2012
Redaktion: AMSEL e.V., 17.07.2012