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Weniger "Hängepartie" dank neuer Diagnose-Kriterien

Multiple Sklerose ist zunächst oft nicht leicht zu diagnostizieren. Geänderte McDonald-Kriterien sollen die Diagnose erleichtern und damit mehr Klarheit schaffen, auch für Patienten.

Noch sind sie nicht beschlossen, wurden auf dem ECTRIMS-Kongress Ende 2024 aber schon vorgestellt: die neuen McDonald-Kriterien. Diese alle circa 5 bis 7 Jahre revidierten Diagnose-Kriterien stellen Empfehlungen eines internationalen Zusammenschlusses von Wissenschaftlern dar, um eine Multiple Sklerose zu diagnostizieren – nach dem aktuellsten Stand der Wissenschaft und den technisch möglichen Diagnosemethoden. Benannt sind sie nach dem Neurologen William Ian McDonald, der sie 2001 einführte und den internationalen Wissenschaftlerstab zunächst geleitet hat.

Schnellere Diagnose dank neuer Diagnose-Kriterien

2017 war die letzte Aktualisierung; die nächste erfolgt noch in diesem Jahr. Auf dem ECTRIMS-Kongress wurden Änderungen bereits vorgestellt, wie Prof. Mathias Mäurer auf MS-Docblog beschreibt. Demnach gewinnt das MRT (Magnetresonanzsonografie), also die "Biologie", mehr Gewicht: Es genügen weniger Läsionen an verschiedenen Regionen im Gehirn, um eine Diagnose MS zu stellen. Der Sehnerv wird künftig zu diesen Regionen hinzugezählt. Unter bestimmten (sehr engen) Umständen genügen allein MRT-Aufnahmen, um eine Diagnose MS zu begründen, ohne die übliche räumliche und zeitliche Verteilung.

Vor allem die zeitliche Verteilung von Läsionen hat eine Diagnose mitunter bisher (logischerweise) in die Länge gezogen und stellt für manchen Patienten eine Hängepartie dar, weil Monate, mitunter Jahre vergehen, bis weitere Läsionen im MRT zu sehen sind, die (bisher immer) nötig waren, um eine MS zu diagnostizieren.

Allerdings sind die (technischen) Anforderungen an solche RIS (Radiologisch Isolierte Syndrome) als Kriterien für eine MS-Diagnose sehr hoch. Denn MRT-Techniken, um das „Central Vein Sign“ (CSV) oder auch die „Paramagnetic Rim Lesion“ (PRL) zu verbildlichen, sind in die gängige MRT-Praxis noch nicht integriert.

Mehr Fokus aufs MRT, mehr Fokus aufs Auge

Da jedoch Sehprobleme, diagnostiziert als Optikusneuritis, oft zu den Erstsymptomen einer MS gehören, wird schon die Aufnahme von Sehnervschäden den erneuerten Kriterien zufolge als mögliche Voraussetzung für eine räumliche Verteilung bei MS so manche Diagnose beschleunigen:

  • Sind zwei von fünf Regionen betroffen (Läsion oder Sehnervschäden), braucht es oft nur noch eine weitere Läsion in zeitlichem Abstand.
  • Sind vier der fünf räumlichen Regionen betroffen, braucht man in einigen Fällen gar keine zeitliche Verteilung abzuwarten.
  • Treten CSV oder PRL auf, kann mitunter sogar auf zeitliche und räumliche Verteilung ("Dissemination") verzichtet werden.
  • Der Nachweis freier kappa-Leichtketten wird gleichgesetzt mit oligoklonalen Banden (bei Liquorentnahme), um eine chronische Entzündung des Zentralen Nervensystems (ZNS) zu zeigen.

Klar: Kritiker sehen dank der "gelockerten" Kriterien Fehldiagnosen, möglicherweise Fehlbehandlungen auftreten. Der Vorteil an einer schnelleren MS-Diagnose ist zum einen jedoch schneller Klarheit über mögliche Symptome zu haben und außerdem (sofern der Patient es wünscht) schneller behandeln zu können. Damit vergrößert sich das sogenannte Therapiefenster bei Multipler Sklerose, will sagen: Es verrinnt weniger kostbare Zeit, in der man die MS einbremsen und somit den Krankheitsfortschritt verlangsamen kann.

Bei Multipler Sklerose stehen heute, neben symptomatischer Therapie, Schubtherapie und Rehabilitation nämlich eine große Menge mitunter sehr wirkungsvoller prophylaktisch wirksamer Medikamente zur Verfügung: die sogenannten Immunmodulatoren bei MS. Je früher man sie einsetzt, desto stärker kann man die MS und ihre Folgen einbremsen.

Quelle: MS-Docblog, 14.01.2025.

Redaktion: AMSEL e.V., 10.02.2025