Wenig Neues zu Biotin

Auch die Daten aus einer 7-Punkte-Skala sollen nach 1 Jahr einen statistisch signifikanten Vorteil des hochdosierten Vitamins bei Multipler Sklerose erbracht haben.

Gegen schubförmige Multiple Sklerose sind mittlerweile ein gutes Dutzend Wirkstoffe im Einsatz. Anders sieht es beim progredienten (schleichenden, im Englischsprachigen auch progressiv genannten) Verlauf der MS aus. Hiergegen ist "noch kein Kraut gewachsen" - was jede noch so kleine Meldung über potenziell wirksame Substanzen umso wichtiger erscheinen lässt.

Zu Biotin werden die Daten stückweise veröffentlicht (hochdosiertes Vitamin B7, Studienname MD1003, 2 Studien laufen, AMSEL.DE hatte berichtet). Zuletzt mit der großen Meldung von der amerikanischen Neurologentagung AAN über signifikant bessere EDSS-Werte gegenüber Placebo nach 9 wie nach 12 Monaten. Nun mit der vergleichsweise wenig aussagekräftigen Veröffentlichung von Daten zum persönlichen Eindruck von Arzt und Patient.

Das Unternehmen MedDay gab auf der EAN, der Tagung der European Academy of Neurology, die bis 23. Juni in Berlin stattfand, bekannt, dass es eine signifikante Verbesserung des klinischen Gesamteindruckes nach 12 Monaten Behandlung mit MD1003 beobachtet habe.

Genauer handelt es sich bei den erhobenen Daten um die Clinical Global Impression Scale of Change und die Patient Global Impression Scale of Change, eine Art Eindrucks- oder Befindlichkeitsbogen, bei dem Arzt bzw. Patient mittels einer Scala von 1 bis 7 bewerten, welcher Art die Veränderung gegenüber dem Anfangspunkt, also dem Studienbeginn ist (Clinical Global Impression Scale of Change, nur Punkt 2 des Pdf).

Gemessen an der EDSS-Skala - hierzu wurden wie erwähnt auf der AAN positive Ergebnisse zu hochdosiertem Biotin veröffentlicht -, deren Beurteilung die Untersuchung von acht Funktionsbereichen des zentralen Nervensystems notwendig macht, ist dieser knappe Eindrucksbogen sehr subjektiv und vage (für einen Berufstätigen etwa kann es eine sehr große Verschlechterung bedeuten, wenn seine Fatigue schlimmer wird, ein Rentner im Rollstuhl nimmt die zunehmende Ermüdbarkeit unter Umständen nicht als so große Verschlechterung wahr).

Die Schubrate lässt sich relativ leicht erfassen, so man einen entsprechend großen Beobachtungszeitraum ansetzt, was jedoch nur Studien zu Mitteln gegen schubförmige Multiple Sklerose zugutekommt. Möglicherweise hat man auf den Global-Impression-Test zurückgegriffen, da passende Biomarker für Neuroschutz oder Remyelinisierung fehlen. Und um diese Faktoren geht es bei Wirkstoffen gegen den progredienten Verlauf der MS.

Bei nur ca. 150 eingeschlossenen Patienten, wovon die Kontrollgruppe nur ein Drittel ausmacht, also ca. 50 Personen, würde man zumindest größer angelegte Studien fordern, um die positiven Ergebnisse dieser kleinen Studie zu bestätigen.

Quelle: MS UK, 19.06.2015, Newswire, 19.06.2015

Redaktion: AMSEL e.V., 26.06.2015