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"Weltkongress zur Behandlung und Forschung bei Multipler Sklerose", erster Tag

25.09.08 - Nahezu 5.200 Kliniker und Wissenschaftler aus der ganzen Welt trafen sich vom 17.-20. September in Montreal zum größten internationalen MS-Kongress in diesem Jahr.

Der Bundesverband der DMSG berichtet über WCTRIMS, das World Committee for Treatment and Research in Multiple Sclerosis, in Montréal:

Der diesjährige "Weltkongress zur Behandlung und Forschung bei Multipler Sklerose" war das erste gemeinsame Meeting von ACTRIMS (Americas Committee on Treatment and Research in Multiple Sclerosis) und den entsprechenden Vereinigungen aus Europa und Lateinamerika (ECTRIMS= European Committee for Treatment and Research in Multiple Sclerosis und LACTRIMS = Latin Americas Committee for Treatment and Research in Multiple Sclerosis).

Das Meeting, das die geballte Kraft der weltweiten MS-Forschung repräsentierte, fand in Montreal, in der kanadischen Provinz Quebec, statt. Wir informieren Sie über die wichtigsten Ergebnisse und Präsentationen der einzelnen Veranstaltungstage.

Am ersten Veranstaltungstag standen vor allem junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler mit ihren Ergebnissen im Vordergrund.

Ist der Verlauf der MS vorherzusagen?

Der Verlauf der MS ist immer noch nicht vorhersehbar. Einige Patienten erleben einen gutartigen Verlauf mit nur leichten Behinderungen – aber immer noch kann man nicht voraussagen, wie die Erkrankung weiterhin verlaufen wird. Dr. Emilio Portaccio aus Florenz, Italien, und seine Kollegen haben es einmal versucht. Das Team untersuchte 63 Personen mit gutartiger MS (definiert als minimale Behinderung nach einer Krankheitsphase von 15 Jahren) und verfolgte ihren Verlauf über weitere fünf Jahre. Es fand heraus, dass eine Verschlechterung der kognitiven Fähigkeiten, ein männliches Geschlecht und Gewebezerstörungen in der Hirnrinde die hauptsächlichen Voraussagefaktoren dafür waren, dass Patienten vom gutartigen zu einem aktiveren Verlauf wechselten.

Wie kann man Reparaturvorgänge "ankurbeln"?

Das zentrale Nervensystem hat prinzipiell die Eigenschaft, sich selbst zu reparieren – aber diese Eigenschaft fehlt oft bei MS. Warum das so ist und wie man dieses beeinflussen könnte, steht ebenfalls im Fokus der Wissenschaft.

Dr. Jin Nakahara aus Tokio, Japan, und Kollegen untersuchten, warum unreife Hirnzellen, die eine Reparatur fördern können, dieses bei MS nicht tun. Das Team untersuchte Hirngewebe von 10 MS-Patienten und fünf Kontrollen nach Autopsie. Die Ergebnisse zeigen, dass ein Molekül, TIP30 genannt, diese Zellen hemmen kann. Diese Forschungen zeigen nicht nur einen Weg zur Entwicklung von Reparaturstrategien – sie zeigen auch die Bedeutung von Gewebebanken für derartige Forschungen auf.

MS und die Psyche

Kognitive und emotionale Probleme sind bei MS-Erkrankten häufig zu finden. Sie sind der Hauptgrund dafür, dass MS-Erkrankte ihren Job nicht mehr ausüben können, Schwierigkeiten in der Schule oder im sozialen Leben haben. Forschungen, wie diese Probleme identifiziert und behandelt werden können, laufen weltweit.

Dr. Audrey Henry aus Reims, Frankreich, und ihre Kollegen untersuchten, ob Menschen mit MS Schwierigkeiten mit der "Theory of mind" haben – dieser Begriff bezeichnet in der Psychologie und anderen Kognitionswissenschaften die Fähigkeit, eine Annahme über Bewusstseinsvorgänge in anderen Personen vorzunehmen, also in anderen Personen Gefühle, Bedürfnisse, Absichten, Erwartungen und Meinungen zu vermuten – und diese von ihren eigenen zu unterscheiden. Eine Gruppe von 70 MS-Patienten wurde diesbezüglich mit 30 Kontrollpersonen verglichen. Verwendet wurden spezielle "Theory of mind"-Tests und ein Test, in dem es den Gesichtsausdruck anderer Personen zu deuten galt. MS-Erkrankte erreichten im Ergebnis eine deutlich geringere Punktezahl als die Kontrollpersonen. Dr. Henry`s Team glaubt, dass diese Defizite ein Grund für Schwierigkeiten sind, die MS-Erkrankte oft im sozialen Leben haben.

Die bildgebende Technologie entwickelt sich stürmisch weiter und bietet neue Möglichkeiten herauszufinden, an welchen Stellen im Gehirn eine MS bei deren Schädigung kognitive Probleme hervorrufen kann. Kyle Kern und seine Kollegen von der University of California, Los Angeles untersuchten mittels hoch auflösender Magnet-Resonanz-Tomografie (MRT) die Struktur des Hippocampus, einer Gehirnregion, die für den Erinnerungsprozess wichtig ist, bei 26 Patienten mit schubförmiger bzw. progressiver MS sowie bei 19 Kontrollpersonen. Sie machten MRT-Bilder, während die Versuchspersonen verbale Memory-Tests ausführten und fanden heraus, dass bei MS-Patienten veränderte Aktivierungsmuster im Hippocampus während der Lern- und Erinnerungsvorgänge abliefen.

Quelle: Research News, National MS Society, USA - 17.09.2008; Übersetzung: DMSG Bundesverband

Redaktion: AMSEL e.V., 25.09.2008