Was tun bei niedrigen Immunglobulinwerten? Professor Mathias Mäurer antwortet auf alle Fragen rund um Immunglobulin Spiegel und B-Zell-depletierende Wirkstoffe ausführlich in einem Video Interview.
Der Anlass für die ausführlichen Berichte und das Interview sind Ergebnisse aus Nachbeobachtungsstudien zu Ocrelizumab und Ofatumumab (beide Medikamente, ihren Wirkungsgrad und ihre Wirkweise, erklärt die AMSEL-Plattform "MS behandeln"). Diese zeigten nämlich, dass es bei einigen Patienten, im Fall von Ocrelizumab waren es nach sieben Jahren 7,7 %, zu einem signifikanten Absinken der Immunglobulinwerte kommen kann.
Immunglobuline regelmäßig messen
Immunglobuline, allen voran das Immunglobulin G (IgG), sind ein wichtiger Teil unseres Immunsystems. Daher werden die Level von Immunglobulinen vor der Therapie einmal und während der Therapie im halbjährlichen Abstand gemessen.
Dass sie kontinuierlich absinken können unter Ocrelizumab und Ofatumumab, bringt theoretisch ein erhöhtes Infektrisiko mit sich. Da beide Wirkstoffe noch nicht sehr lange erprobt werden, ist davon auszugehen, dass sie bei noch längerer Anwendung die Immunglobulin-Spiegel noch weiter senken könnten.
Es ist ohnehin bekannt, dass B-Zell-Depletierer eine erhöhte Infektgefahr mit sich bringen können. Jedoch haben die Immunglobulinwerte allein wenig Aussagekraft. Erst im Zusammenhang mit vermehrten, vor allen Dingen auch schwereren bakteriellen Infekten, gerade der Atemwege, sollte gemeinsam mit dem Neurologen besprochen werden, was zu tun ist.
Auf schwere bakterielle Infekte achten
In der Praxis allerdings zeigte sich, dass diejenigen Patienten, bei denen mehr Infekte auftraten, meist gar nicht erniedrigte Immunglobulinspiegel aufwiesen. Auch das zeigt den eher theoretischen Wert von niedrigen Immunglobulinspiegeln und daher sollten sie auch nicht zu Panik führen.
Für den Fall, dass bei individuellen Patienten vermehrt schwere bakterielle Infekte auftreten, also etwa Lungenentzündungen oder langwierige Nebenhöhleninfekte mit anschließender Pneumonie, und sollte ein Zusammenhang mit der MS-Therapie nicht ausgeschlossen werden können, kann die bisherige MS-Therapie überdacht werden. Ein im Wirkungsgrad ähnliches Mittel wäre hier Natalizumab. Es gibt außerdem die Möglichkeit, Immunglobulin G per Infusion zuzuführen.
Professor Mathias Mäurer wünscht sich Studien, welche die Wirksamkeit von Ocrelizumab und Ofatumumab in einem verlängerten Dosierungsintervall prüfen. Auch dies wäre eine Möglichkeit, die Immunglobuline stabiler zu halten. Der MS-Docblog-Autor setzt zudem auf neue Therapien der Multiplen Sklerose in der Pipeline, welche die B-Zellen nicht zerstören, sondern nur verändern.
Quelle: MS-Docblog.de, 14.12.2022.
Redaktion: AMSEL e.V., 15.12.2022