Inzwischen weiß man längst, dass neben den T-Zellen auch die B-Zellen eine Rolle bei der Multiplen Sklerose spielen. Mit Ocrelizumab und Ofatumumab sind zwei monoklonale Antikörper gegen MS zugelassen, die zu den sogenannten B-Zell-Depletierern gehören. Die Wirkstoffe erkennen die abzutötenden B-Zellen an einem bestimmten Oberflächenprotein: CD20. Darum nennt man diese Wirkstoffe auch Anti-CD20-Antikörper. Sehr anschaulich zeigt dies auch die AMSEL Wirkstoff-Animation dazu.
Deutlich weniger B-Zellen bedeutet für Menschen mit Multipler Sklerose deutlich weniger Angriffe auf die Myelinscheiden in ihrem zentralen Nervensystem. Nicht zuletzt werden durch die B-Zell-Depletion weitere Mechanismen des Immunsystems, unter anderem die T-Zellen, daran gehindert, gegen das eigene Gewebe vorzugehen und somit autoimmun zu reagieren.
Zuckerkettendesign für mehr Wirkung
Allerdings bleiben vor allem die Vorläuferzellen der B-Zellen im Knochenmark erhalten. Dieser Teil des Immunsystems wird also nicht komplett oder gar für immer ausgeschaltet, sondern für einen längeren Zeitraum behindert. Bricht man die Behandlung mit dem Wirkstoff ab, werden neue B-Zellen ausgebildet.
Beim aktuell untersuchten Anti-CD20-Antikörper Ublituximab, Thema unter anderem auf der Neurologentagung AAN 2022, ist die Wirkweise der B-Zell-Depletion noch verstärkt. Das liegt am sogenannten Glyco-Design, einem wissenschaftlichen Design von Zuckerketten. Durch diesen Trick – der Y-Fuß des Antikörpers wurde künstlich verändert – gelang es den Wissenschaftlern, die Wirkung dieses B-Zell-Depletierers gegenüber seinen Vorgängern noch zu verstärken.
Die Anti-CD20-Antikörper finden in aller Regel bei hochaktiven Verläufen der Multiplen Sklerose ihre Anwendung. Sie bringen gegenüber einigen der anderen MS-Therapien einen höheren Wirkungsgrad (Wirksamkeitskategorie 3) auf der einen, mitunter schwerere Nebenwirkungen auf der anderen Seite mit sich. Ob allerdings Ublituximab gegenüber seinen Vorgängern unter den Anti-CD20-Antikörpern eine erhöhte Nebenwirkungsrate haben wird, müssen Studien erst genauer zeigen.
Prof. Mathias Mäurer berichtet ausführlich auf MS-Docblog:
Quelle: MS-Docblog, 11.04.2022.
Redaktion: AMSEL e.V., 12.04.2022