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Themen auf der AAN 2006 (3)

26.04.06 (aktualisiert) - Studienberichte über Multiple Sklerose von der American Academy of Neurology: Orales MS-Mittel ist im Kommen.

Einmal im Jahr treffen sich Neurologen der ganzen Welt bei der Tagung der American Academy of Neurology, um die Erkenntnisse der zurückliegenden zwölf Monate zusammenzufassen.

Nicht zuletzt geht es auf der 58. Jahrestagung der Amerikanischen Neurologen-Akademie auch um MS-Studien. In den folgenden Tagen stellen wir hier einige der Ergebnisse zusammen, über welche die Neurologen vergangene Woche in San Diego berichtet haben.

1. Phase-II-Studie mit oralem Medikament:
FTY720 oder "Fingolimod" (aktualisiert)

Dr. Paul O'Connor (St. Michaels Hospital, Toronto) und Kollegen fassten die Ergebnisse einer klinischen Phase-II-Studie zu dem oralen FTY720, auch "Fingolimod" genannt (Novartis), bei schubförmiger MS zusammen. 281 Erkrankte nahmen an der internationalen, doppelblinden, placebo-kontrollierten Studie teil (wir haben berichtet am 28.11.05 und am 28.06.05).

Bereits zuvor hatten die Forscher nach sechs Monaten signifikant reduzierte Entzündungstätigkeit gegenüber der Placebogruppe sowohl in der 1,25 mg-dosierten Gruppe wie auch in der mit 5-mg-Dosis festgestellt. Die Nicht-Placebogruppen blieben außerdem länger schubfrei.

Nun berichteten die Forscher über die sechsmonatige dosierungsblinde Erweiterung zu der Originalstudie mit insgesamt 227 Probanten, in welcher die Patienten der Behandlungsgruppen ihre Dosierung fortsetzten und die Patienten aus der vormaligen Placebogruppe entweder 1,25 mg oder 5 mg FTY720 erhielten. Die Schubrate der Placebogruppe mit nun 1,25-mg-Dosis wurde um 70, die der 5-mg-Gruppe um 86 Prozent reduziert. In den Gruppen, die weiterhin FTY720 einnahmen, blieben die Schubrate und aktive Herde reduziert.

In der 5-mg-Gruppe kam es häufiger zu Nebenwirkungen (Infektionen, höherer Blutdruck, abweichende Leberwerte...) als in der niedriger dosierten Gruppe. Umfassendere Studien sind geplant, um den Nutzen für Multiple-Sklerose-Patienten zu bestätigen.

Laut Bericht der Ärztezeitung vom 26.04.06 hatten die beiden Patientengruppen, die 1,25 mg und 5 mg Fingolimod oral einnahmen, in den ersten sechs Studienmonaten eine Reduktion ihrer in Jahre umgerechneten Schubrate um 50 Prozent im Vergleich zu Placebo. Die Langzeitdaten belegten, dass die geringe Schubrate in der folgenden zwölfmonatigen Phase erhalten blieb.

2. Benefit-Studie zu Betaseron

Dr. Mark Freedman von der Universität in Ottawa präsentierte die Ergebnisse der BENEFIT-Studie, welche die Fähigkeit von Betaseron® (das Interferon beta-1b von Berlex Inc., der amerikanischen Vertretung von Schering), den Beginn einer Multiplen Sklerose zu verzögern, bei Menschen mit nur einem "klinisch isolierten Syndom" (CIS, also ein einziger Vorfall von Demyelinisierung, welcher die Wahrscheinlichkeit, später eine MS zu entwickeln, verstärkt). - Wir haben berichtet am 05.10.05 und am 17.01.06.

Insgesamt 487 Patienten erhielten entweder Betaseron (250 Mikrogramm) oder Placebo, und zwar solange, bis eine MS diagnostiziert wurde, jedoch maximal 24 Monate lang. Die Behandelten hatten ein 50 Prozent geringeres Risiko, eine MS zu entwickeln. In der Betaseron-Gruppe verzögerte sich die Entwicklung einer MS um 365 Tage. Signifikante Verbesserungen ergaben sich ebenfalls aus den MRT-Bildern.

3. Frühstudie zu "BHT-3009" und Lipitor®

Forscher berichteten ebenso über eine Frühphasenstudie zu "BHT-3009" (Bayhill Therapeutics) und Lipitor® (atorvastatin, Pfizer, Inc.) bei schubförmig-remittierendem sowie sekundär-progressivem Verlauf.

"BHT-3009" ist ein DNA-Konstrukt, das genetisches Material enthält, welches Zellen dazu anweist, Myelin-Basisprotein (MBP) zu produzieren, und damit eine Komponente des Myelin, das bei MS attackiert wird. Lipitor, ein cholesterinsenkendes Mittel, wird hinsichtlich seiner Wirkung auf das Immunsystem bei MS untersucht.

Dr. Timothy Vollmer (Barrow Neurological Institute, Phoenix) und Kollegen ordneten insgesamt 30 Probanten mit schubförmig-remittierendem Verlauf per Zufallsgenerator vier verschiedenen Gruppen zu: BHT-3009 (intramuskuläre Injektionen in den Wochen 1, 3, 5 und 9) oder Placebo und and Lipitor (80 mg pro Tag, orale Kapseln) oder Placebo über 13 Wochen hinweg.

Die Behandlung erschien in dieser Studie sicher und deutete darauf hin, dass sie die Immunantwort gegen MBP senkte.

In einer separaten Präsentaton berichtete Dr. Amit Bar-Or (Montreal Neurological Institute), dass die Daten einer Untergruppe von Patienten anzeigten, dass "BHT-3009" die Produktion von Boteneiweißstoffen reduziere, die mit der Gewebezerstörung bei MS in Zusammenhang stehen.

Weitere Studien müssen die Wirksamkeit der Mittel klären. Momentan trägt die Forschergruppe Patienten für eine Phase-II-Studie ein.

Quelle: National MS Society (05.04.06, englisch)

Redaktion: AMSEL e.V., 26.04.2006