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Studien sollen sich stärker am MS-Patienten orientieren

Eine Arbeitsgemeinschaft aus Forschern und Ärzten untersuchte zulassungsrelevante MS-Studien und stellte fest, dass Symptome dabei meist zu kurz kommen.

Wissenschaftliche Untersuchungen, und darunter fallen auch Studien an Patienten, orientieren sich gerne an objektiven und genau messbaren Werten. Die Aktivität einer Multiplen Sklerose lässt sich beispielsweise sehr gut anhand von MRT-Bildern messen. Läsionen können genauso erkannt werden wie (im Verlauf) gesteigerte Hirnatrophie.

Das gleiche gilt für das Auftreten klinischer Schübe, wobei die Fallzahl je Jahr – zum Glück – sehr klein ausfällt und daher innerhalb kurzer Studienzeiträume für den einzelnen Patienten nicht unbedingt aussagekräftig sein muss. Das zeigt sich auch in der Praxis, wenn ein Patient einen neues Medikament ausprobiert. Hier muss einige Zeit gewartet werden, um zu zeigen, ob weitere Schübe durch den Wirkstoff ausbleiben oder zumindest in ihrer Zahl geringer werden. Man geht davon aus, dass die objektiv messbaren Ergebnisse mit den tatsächlichen Einschränkungen korrelieren.

Vom Patienten selbst berichtete Einschränkungen, die etwa per Fragebogen erfasst werden, sind hingegen subjektiv geprägt. Das macht sie auf den ersten Blick weniger interessant für Wissenschaftler als objektive Daten.

Multiple Sklerose aus Sicht des Patienten und seiner Symptome

Es ist nachvollziehbar, dass die Forschung objektive Parameter zum Messen der Wirkung eines Medikamentes heranzieht. Eine Arbeitsgruppe der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (AkdÄ), des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) sowie der Charité-Universitätsmedizin möchte nun bewirken, dass die Perspektiven der Patienten mit MS künftig stärker in klinischen Studien berücksichtigt werden.

Neben der Häufigkeit und dem Ausmaß von Schüben spielen für den Patienten Symptome wie Fatigue und Lebensqualität allgemein eine sehr große Rolle. Die Analyse der Arbeitsgruppe ergab jedoch, dass die wenigsten der 29 untersuchten Phase-III-Studien diese Werte überhaupt berücksichtigten. Neben der Fatigue gibt es noch weitere Symptome, welche für den MS-Patienten ungemein wichtig, dafür aber oft nur subjektiv messbar sind, etwa:

  • Sehkraft,
  • kognitive Einschränkungen,
  • Schlafstörungen,
  • Depressionen,
  • Spastik oder
  • Schmerzen.

Dass Schmerzen für sehr viele MS-Betroffene eine Rolle spielen, zeigte auch der jüngste Post der AMSEL zu diesem Thema auf Facebook.

Eine weitere Forderung der Arbeitsgruppe ist es, die Studienteilnehmer länger zu beobachten, um später eintretende Nebenwirkungen zu erkennen, dies auch vor dem Hintergrund, dass MS-Medikamente in der Regel sehr langfristig eingenommen werden.

Quelle: EPMA Journal, 22.09.2020.

Redaktion: AMSEL e.V., 10.02.2020