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Nachgehakt: Sonnenlicht und Interferone

Sonnenlicht mindert nicht nur das MS-Risiko sondern mildert auch den Verlauf einer Multiplen Sklerose. Die AMSEL-Onlineredaktion hat bei Prof. Nicholas Schwab nachgehakt, was es mit Sonne und den Interferonen auf sich hat.

Anhand großer Patientendaten zu zeigen, dass Sonenlicht nicht nur das Risiko, eine MS zu entwickeln beeinflusst - das ist schon lange bekannt -, sondern obendrein auch den Verlauf einer MS-Erkrankung mildern kann, ist ein Durchbruch (amsel.de hatte berichtet).

Doch was hat es mit der Entdeckung auf sich, dass die MS von Patienten mit einer Interferontherapie nicht weiter vom Einfluss der Sonne profitiert? - Die AMSEL-Onlineredaktion sprach mit Studienleiter Univ.-Prof. Dr. rer. nat. Nicholas Schwab von der Klinik für Neurologie/ dem Institut für Translationale Neurologie:

  1. Der positive Effekt der Sonne blieb bei MS-Patienten unter Interferonen in der Studie aus. Lässt sich daraus ein Umkehrschluss ziehen: Kann man die Therapie mit Interferonen weglassen, wenn man ausreichend Sonnenlicht bekommt?

    Ein Medikament abzusetzen, sollte natürlich immer geklärt werden in Absprache zw. Arzt und Patient, aber unsere Studie suggeriert, dass der Effekt von immunmodulierenden Therapien weitaus stärker ist als der Effekt der Sonne und man diesen alleine durch Sonnenlicht wohl leider nicht ersetzen kann.
     
  2. Kann man vielleicht die Interferontherapie weglassen, wenn man Vitamin D nimmt?

    Unsere Studie bestätigt zwar, dass Patienten mit einem höheren Vitamin D-Spiegel weniger Krankheitsaktivität haben und man kann statistisch auch einen Effekt außerhalb des reinen „Sonnenlicht-Stellvertreters“ sehen, aber auch hier ist der Effekt in unserer Einschätzung längst  nicht so stark wie der einer Therapie mit zugelassenen Wirkstoffen. Wir haben außerdem nicht untersucht, wie die Einnahme von Vitamin D die MS beeinflusst, sondern tatsächlich das selbst generierte Vitamin D durch Sonne. 
     
  3. Haben die Interferone also eine Wirkung über die des Sonnenlichtes hinaus?

    Das haben wir nicht untersucht, es ist aber stark davon auszugehen.
     
  4. Was ist mit den anderen krankheitsmodifizierenden MS-Mitteln?

    Wir haben in unserer Studie nur unbehandelte oder Interferon-behandelte Patienten untersucht, über andere Medikamente können wir an dieser Stelle  nur wenig aussagen.
     
  5. Wie oft sollte man als MS-Patient raus ins Sonnenlicht und wie lange? Reicht auch jeden zweiten Tag oder sollte man täglich raus?

    Die generelle Faustregel lautet 30 min pro Tag sollten reichen, um den Vitamin D Bedarf zu decken, man muss im Falle einer Sonnenempfindlichkeit natürlich immer an Sonnenschutz denken. Es ist jedoch leider auch so, dass wir in Deutschland im Winter nur sehr wenig Sonneneinstrahlung haben und selbst mit deutlich mehr als 30 min nur schwer den Vitamin D-Bedarf gedeckt bekommen, aber das kann man nicht ändern. Zumindest ist im Winter die Gefahr eines Sonnenbrandes in Deutschland so niedrig, dass man auch eine Empfehlung für längere Aufenthalte im Freien geben kann. Für potentielle Supplementierung von Vitamin D gibt die DGE hier sehr gute weiterführende Empfehlungen: https://www.dge.de/wissenschaft/referenzwerte/vitamin-d/?L=0

[Anm.d.Red.: Vitamin D zu supplementieren bedeutet, es im Rahmen der Ernährungsempfehlungen zu ergänzen. In der Regel wird hier nach Rücksprache mit dem Arzt der Vitamin-D-Wert anhand des Blutes gemessen und entsprechend in definierten Maßen ergänzt. Das hat nichts mit der Einnahme von hochdosiertem Vitamin D zu tun. Vitamin D ist ein Hormon und kann in zu hoher Dosierung Schäden anrichten.]

Redaktion: AMSEL e.V., 25.01.2021