Eine Schwangerschaft schützt bei Multipler Sklerose weitgehend vor Schüben. Das gilt vor allem ab dem zweiten Schwangerschaftsdrittel. Viele Frauen machen sich dennoch Sorgen um Schübe während und vor allem nach der Schwangerschaft. Es ist bekannt, dass die Schubrate nach einer Schwangerschaft wieder zunimmt, die MS gewissermaßen "nachholt", was sie bis zur Geburt nicht "ausgelebt" hat.
Eine weitere Sorge: Dass die immunmodulatorische Dauertherapie das Kind schädigen könnte, wenn man schwanger wird, bevor man es abgesetzt hat.
Tatsächlich: Nur ein Teil der immunmodulatorischen MS-Therapie kann im Einzelfall während einer Schwangerschaft weiter eingenommen werden (MS-Docblog hatte ausführlich dazu berichtet), und wenn ja, dann oft nur für einen Teil der Schwangerschaft. Bei einigen Mitteln muss sogar aktiv Empfängnisverhütung betrieben werden, um eine Schädigung eines Ungeborenen zu verhindern (Teriflunomid und Fingolimod). Oder auch der Wirkstoff bei unbeabsichtigtem Schwangerschaftseintritt ausgewaschen werden.
Aufatmen für Wunschmütter unter Ocrelizumab
Umso erstaunlicher ist es, dass die Studienergebnisse zu einem der wirksamsten MS-Medikamente grünes Licht zu geben scheinen für Schwangerschaft und gleichzeitige MS-Therapie. Ocrelizumab gehört zur Wirksamkeitskategorie 3, verhindert damit Krankheitsaktivität sehr effizient, bremst als erstes, gegen primär progrediente MS zugelassenes Mittel sogar die Krankheitsprogression um 24 % (nachzuschauen auf der AMSEL-Seite zu Ocrelizumab). Und, wie mehrere auf dem letztjährigen ECTRIMS-Kongress vorgestellte Studien zeigten, Prof. Mathias Mäurer berichtet, kommt es typischerweise auch nicht zu einem "Nachholeffekt" der Schübe unter Ocrelizumab nach der Schwangerschaft.
Noch besser: Der Fötus nimmt keinen Schaden, wenn die Mutter Ocrevus einnimmt. Jedenfalls zeigte sich weder im Nabelschnurblut noch im Serum von Neugeborenen besorgniserregende Rückstände von Ocrevus. Auch waren die B-Zellen der Kinder nicht reduziert. Das Gleiche gilt im Rahmen der Studien, wenn Mütter mit Ocrevus therapiert wurden, während sie stillten.
Noch sind die Zulassungen nicht erweitert worden. Allemal können Frauen mit MS und Kinderwunsch unter Ocrelizumab schon jetzt aufatmen: Eine Schwangerschaft unter Ocrelizumab scheint kein Risiko für werdende Mütter und Wunschkinder darzustellen. Es bleibt jedoch weiterhin ein Abwägen und eine Einzelfallentscheidung von Patientin zu Patientin. Je aktiver der MS-Verlauf einer Wunschmutter oder werdenden Mutter ist, desto eher wird man eine MS-Therapie während der Schwangerschaft fortsetzen wollen.
Quelle: MS-Docblog, 26.02.2025.
Redaktion: AMSEL e.V., 27.02.2025