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Schmerzen und Multiple Sklerose (2)

Im zweiten Teil von "Schmerzen und Multiple Sklerose" beschreibt Professor Dr. med. Horst Wiethölter, welche Möglichkeiten Sie haben, Schmerzen gezielt zu behandeln.

Voraussetzung für eine zielgerichtete Therapie ist eine klare Beschreibung und Einordnung der Schmerzen. Hilfreich dazu ist z.B. eine schriftliche Aufzeichnung von Dauer, Intensität, evtl. Begleitsymptomen und auslösenden Situationen, die dem Arzt vorgelegt werden kann.

Da insbesondere chronische Schmerzen einem Zusammenspiel aus körperlichen, seelischen und sozialen Einflüssen unterliegen, gilt es, auch diese mit abzuklären. Die Behandlung bedarf häufig eines kombinierten, aufeinander abgestimmten Verfahrens aus verschiedenen Methoden.

  1. Medikamentöse Therapie:
    • Antidepressiva (ursprünglich gegen Depressionen eingesetzt, wirken aber in geringer Dosierung gut gegen bestimmte Schmerzen)
    • Antiepileptika (Medikament gegen epileptische Anfälle)
    • Analgetika (Schmerzmittel)
    • Antirheumatika (Mittel gegen Rheumabeschwerden)
  2. Krankengymnastik:
    • Manuelle Therapie mit und ohne Hilfsmittel
    • physikalische Therapie
  3. Optimierung der Hilfsmittel (Schienen, Rollstuhl)
  4. Ergänzende Therapie:
    • Hydrotherapie, Akupunktur, Massage
    • Ergotherapie
    • TENS-Verfahren (spez. Schmerztherapie mit leichten Stromreizen)
    • chirurgische Verfahren (z.B. kontinuierliche Gabe von Schmerzmitteln in das Nervenwasser über eine Pumpe)
  5. Psychosoziale Behandlung: Entspannungstherapie, kognitive Verhaltenstherapie

Paroxysmale neuropathische Schmerzen (Trigeminusneuralgien, einschießende Extremitätenschmerzen und Lhermitte-Schmerzen) sprechen am besten auf Antiepileptika (Medikamente zur Behandlung von epileptischen Anfällen) an (z.B. Carbamazepin, Gabapentin, Pregabalin, Phenytoin). Manche der paroxysmalen Schmerzen bedürfen keiner medikamentösen Therapie und können durch Vermeidung von Auslösefaktoren (z.B. Berührungen, bestimmten Bewegungen) ausreichend kontrolliert werden.

Chronisch neuropathische Schmerzen werden mit Antidepressiva (z.B. Amitriptylin, Duloxetin) und antiepileptischen Präparaten (z.B. Carbamazepin, Oxcarbazepin, Gabapentin, Pregabalin) behandelt. Gelegentlich sprechen die Schmerzen auch auf klassische schmerz- und entzündungshemmende Medikamente (z.B. Paracetamol, Ibuprofen, Diclofenac) an.

Nozizeptive Schmerzen (also Schmerzen, die durch Spastik und infolge fehlhaltungsbedingter Überlastung an Gelenken, Muskeln und Bändern entstehen) werden mit physiotherapeutischen Anwendungen und Optimierung der Hilfsmittelversorgung angegangen. Medikamentös lassen sich Schmerzen durch ausgeprägte Spastik oder Spasmen mit Antispastika (Spastik lösenden Medikamenten wie Baclofen, Tizanidin, evtl. auch Kortison direkt in den Rückenmarkskanal) behandeln.

Schmerzen durch therapeutische Maßnahmen (Interferone und Glatirameracetat) lassen sich lokal an der Einstichstelle durch Kühlung lindern. Die grippeähnlichen Symptome sprechen gut auf Schmerzmittel (z.B. Paracetamol, Ibuprofen) an.

 

Nicht alle Schmerzen können beseitigt werden, es gilt aber, alles daran zu setzen, sie zumindest bis auf ein erträgliches Maß zu lindern.

Ein Problem stellen die chronischen, insbesondere kombinierten Schmerzen dar, die "multimodal" (d.h. mit verschiedenen Strategien) angegangen werden müssen.

Im ersten Teil von "Schmerzen und Multiple Sklerose" können Sie die unterschiedlichen Schmerzformen und -ursachen nachlesen.

Quelle: Magazin Together 01/12; Prof. Dr. med. Horst Wiethölter

Redaktion: AMSEL e.V., 30.04.2012