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Schlüsselmolekül identifiziert

Nürnberger Forscher entdecken im Fc-Rezeptor einen Auslöser für Autoimmunerkrankungen. Die AMSEL-Onlineredaktion sprach mit Prof. Dr. Falk Nimmerjahn.

Forschern der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) ist es gelungen, ein Eiweißmolekül zu identifizieren, das Autoimmunreaktionen auslöst. Die Ergebnisse der Arbeitsgruppe um Prof. Dr. Falk Nimmerjahn, Inhaber des Lehrstuhls für Genetik, könnten Einfluss haben auf die Entwicklung neuer Therapien zur Bekämpfung von Autoimmunerkrankungen wie Rheumatoide Arthritis oder Systemische Lupus Erythematodes (SLE) und zumindest teilweise auch auf Multiple Sklerose, wie die AMSEL-Onlineredaktion erfuhr. Die Resultate in Proceedings of the National Academy of Sciences (PNAS) veröffentlicht.

Fehlgesteuert

Das menschliche Immunsystem ist in der Lage, Bakterien und Viren, die in den Körper eingedrungen sind, effizient zu bekämpfen und so den Organismus vor lebensbedrohlichen Infektionen zu schützen. Kommt es jedoch zu einer Fehlsteuerung im Immunsystem, kann dies dazu führen, dass die Antikörper gesundes Gewebe angreifen. Schwere Entzündungen und im schlimmsten Fall chronische Erkrankungen sind die Folge.

Die Wissenschaftler um Prof. Nimmerjahn haben nun gemeinsam mit Experten der Hautklinik des Universitätsklinikums Erlangen und der Rockefeller Universität in New York einen möglicherweise erfolgversprechenden Therapieansatz gefunden. Dabei konzentrieren sie sich auf Fresszellen: Als Teil des Immunsystems sollen Fresszellen eigentlich alle Substanzen im Körper zerstören, die ihnen fremd vorkommen, also Bakterien und Viren – dadurch schützen sie den Menschen. Im Falle von Autoimmunerkrankungen beginnen sie jedoch, gesundes Gewebe zu zerstören.

Ursache Fc-Rezeptor

Ursache dafür ist das von den Forschern identifizierte Eiweißmolekül, ein so genannter Fc-Rezeptor. Es befindet sich auf der Oberfläche der Fresszelle und erkennt Autoantikörper, die an gesundes Gewebe gebunden sind. Das setzt eine fatale Reaktion in Gang: Sobald der Fc-Rezeptor die Autoantikörper erkannt hat, werden die Fresszellen aktiviert und greifen zum Beispiel gesunde Nerven- oder Gelenkzellen an. Die genaue Funktion der Autoantikörper ist unbekannt, jedoch treten sie immer im Zusammenhang mit Entzündungen im Körper auf.

In Versuchen mit Mäusen stellten die Wissenschaftler um Prof. Nimmerjahn fest, dass Autoantikörper nicht mehr in der Lage waren, ihre zerstörerische Wirkung zu entfalten, wenn den Fresszellen der Fc-Rezeptor fehlte. Selbst in Anwesenheit hoher Mengen von Autoantikörpern kam es nicht mehr zu Entzündungen und Organschädigungen. Eine Blockade dieses Rezeptors könnte die fatale Wirkung von Autoantikörpern im Rahmen verschiedener Autoimmunerkrankungen stoppen. Zukünftige Studien können sich nun darauf konzentrieren, Medikamente zu identifizieren, die gezielt diese Eiweißstoffe blockieren.

Auch bei Multipler Sklerose ?

Und wie sieht das im Falle von Multipler Sklerose aus?, fragte die AMSEL-Onlineredaktion. Die Ergebnisse seien durchaus auf MS übertragbar, erklärt Prof. Falk Nimmerjahn, da hier Autoantikörper auch eine wichtige Rolle spielen. "Allerdings bleibt zu beachten, dass auch von Autoantikörpern unabhängige pathologische Effekte bei der MS wichtig sind, die unabhängig von unseren Befunden weiterhin bestehen bleiben", so der Genetiker weiter. Das heißt: "Man würde hier also partielle Effekte erwarten, aber bei MS wäre dies sicherlich auch hilfreich." Für Autoantikörper vermittelte Zerstörung peripherer Nerven hätten die Befunde höchste Relevanz, da hier wahrscheinlich Autoantikörper die dominierende Rolle spielen.

Quelle: Pressemitteilung der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg

Redaktion: AMSEL e.V., 23.11.2010