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Propionate, um Tregs zu fördern und Multiple Sklerose zu bremsen

Auf der AAN stellten deutsche Forscher nun erste Ergebnisse von Studien am Menschen vor. Die das Immunsystem ausgleichenden Tregs nahmen um rund ein Viertel zu.

Propionate könnten einen günstigen Einfluss auf Multiple Sklerose haben. Propionate sind die Salze der Propionsäure, einer kurzkettigen Fettsäure. Sie kommen zum Beispiel in Emmentalerkäse vor, werden aber auch im Darm gebildet. Über erste Erfolge mit der Propionsäure in Vitro und am Tiermodell hatte AMSEL.DE bereits berichtet. Die Salze gibt es als Nahrungsergänzungsmittel.

Nun stellten deutsche Wissenschaftler erste Ergebnisse aus der Therapie mit MS-Patienten auf der derzeitigen 68. AAN-Tagung (American Academy of Neurology) in Vancouver vor. Ziel war es, die Wirkung der Propionate auf die regulatorischen T-Zellen im Menschen zu zeigen. Und sie konnten beweisen, dass die sogenannten Tregs nach der Gabe von 1 g täglich tatsächlich erhöht war, und zwar um ca. 25-30 %.

Tregs dienen dazu, überschießende Immunreaktionen der T-Zellen zu verhindern. Genau die sind es nämlich, die sich bei der Autoimmunerkrankung Multiple Sklerose gegen das eigene Körpergewebe richten: Sie greifen die Myelin-Ummantelung der Nerven in Gehirn und Rückenmark an und verändern bzw. verhindern die Weiterleitung von Nervenreizen. Findet keine körpereigene Remyelinisierung statt, dann kann der ganze Nerv, genauer das Axon, also der Nervenfortsatz, zugrunde gehen.

Das Gehirn selbst reagiert in gewissem Umfang flexibel, "baut" sozusagen "Umleitungen" um die beschädigten Stellen herum. Im Extremfall entstehen an den beschädigten Stellen Sklerosen, also Vernarbungen, oder sogar schwarze Löcher (weil sie flüssigkeitsgefüllt sind und so beim MRT schwarz erscheinen). Hier ist das kaputte Gewebe bereits abgebaut und der Bereich mit Hirnwasser aufgefüllt. Man spricht von Atrophie. Die nimmt auch bei Gesunden im Laufe des Lebens zu. Bei MS-Betroffenen ist dieser Abbau jedoch beschleunigt. Je verheerender die Zerstörung ist, desto weniger kann das ZNS diese Schäden ausgleichen, umso mehr Ausfälle und Symptome wie zum Beispiel

  • Blasenstörungen
  • Doppelbilder
  • Verschwommensehen
  • Fatigue
  • Spastik
  • Lähmungen

hat ein MS-Patient.

Die Probanden der Bochumer Forscher nahmen Propionate in einer Dosierung von 1 g täglich ein. Die Dauer betrug 14-60 Tage inklusive sogenannter Auswaschungen. Zu Nebenwirkungen kam es überhaupt nicht. Neben dem signifikanten Anstieg der Tregs verzeichneten die Forscher auch einen Rückgang der TH-17-Zellen.

Die erhöhten Treg-Werte hielten auch nach Absetzen der Propionate für 2-3 Wochen an. Nach 2 Monaten waren dann die Ausgangs-Treg-Werte von vor der Behandlung erreicht. Die Forscher betrachten Propionate als mögliche Ergänzung zu bestehenden MS-Therapien.

 

Übrigens: Prof. Dr. Mathias Mäurer wird in den kommenden Tagen über wichtige Ergebnisse der AAN 2016 berichten. Wie gewohnt unter www.ms-docblog.de

Quelle: MPR-News, 17.04.2016; AMSEL.DE

Redaktion: AMSEL e.V., 20.04.2016