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Priorität für progrediente Multiple Sklerose

Die FDA gewährt dem Prüfmedikament Ocrelizumab den "Status eines Therapiedurchbruchs für die Behandlung von Patienten mit primär progredienter multipler Sklerose (PPMS)", so Roche.

Wie Roche am heutigen 17.02.2016 bekannt gab, hat die US-amerikanische Zulassungsbehörde FDA (Food and Drug Administration) den "Status eines Therapiedurchbruchs für das Prüfmedikament Ocrelizumab (Ocrevus™) für die Behandlung von Patienten mit primär progredienter Multipler Sklerose (PPMS) gewährt." Im Englischen heißt der Status "Breakthrough Therapy Designation". AMSEL.DE berichtete mehrfach über den intravenös zu verabreichenden Wirkstoff Ocrelizumab.

Bislang gibt es keine zugelassenen Medikamente für PPMS. Diese schwere Form von multipler Sklerose ist durch einen kontinuierlich fortschreitenden Verlauf ohne akute Schübe oder Zeiten mit nachlassenden Symptomen (Remissionen) gekennzeichnet.

Entwicklung beschleunigen

Ocrelizumab sei das erste Prüfmedikament gegen MS, für das die FDA den Status eines Therapiedurchbruchs gewährt hat, so eine Roche-Mitarbeiterin. Der "Status des Therapiedurchbruchs" soll die Entwicklung und Prüfung von Medikamenten für schwerwiegende oder lebensbedrohliche Erkrankungen beschleunigen und sicherstellen, dass Patienten durch die FDA-Zulassung so schnell wie möglich Zugang zu diesen Medikamenten erhalten.

Die Voraussetzung im Falle von Ocrelizumab waren positive Resultate der zulassungsrelevanten Phase-III-Studie ORATORIO. Darin wurde gezeigt, dass die Behandlung mit Ocrelizumab das Fortschreiten der Behinderung und andere Marker der Krankheitsaktivität, verglichen mit einem Placebo, signifikant reduzierte. Die ersten Resultate wurden auf dem 31. Kongress des European Committee for Treatment and Research in Multiple Sclerosis (ECTRIMS) im Oktober 2015 vorgestellt.

Zulassung möglicherweise Anfang 2017

Roche plant momentan die Marktzulassung sowohl für PPMS als auch für schubförmige MS, den häufigeren Verlauf der Erkrankung, und wird in der ersten Jahreshälfte 2016 die Daten von drei wichtigen Phase-III-Studien bei den Zulassungsbehörden weltweit einreichen. Ocrevus™ ist der für das Prüfmedikament Ocrelizumab bei den Gesundheitsbehörden beantragte Handelsname.

Bei der EMA (der Eurpoean Medicines Agency) dauert es nach deren Aussagen circa 12 Monate, unabhängig von einem Status, so Prof. Flachenecker, Arzt im Vorstand und Vorsitzender des Ärztlichen Beirates der AMSEL. Anfang/Mitte 2017 scheint demnach realistisch für die Zulassung des Medikamentes in Deutschland.

Fortschreiten der Behinderung bremsen

Eine Heilung kann Ocrelizumab wie auch die bereits für RRMS zugelassenen Medikamente nicht auslösen. Doch Patienten mit progredientem Verlauf hätten mit dem Wirkstoff möglicherweise ein Medikament, das den Fortschritt ihrer Behinderungen bremst.

Ocrelizumab ist ein in der klinischen Prüfung befindlicher humanisierter monoklonaler Antikörper, der selektiv und gezielt gegen CD20-positive B-Zellen gerichtet ist. CD20-positive B-Zellen sind spezielle Immunzellen, die vermutlich wesentlich zur Schädigung der Myelinscheide (Isolations- und Stützstruktur von Nervenfasern) und der Axone (Nervenzellfortsätze) und der daraus resultierenden Behinderung bei Patienten mit MS beitragen.

Auch für schubförmige Multiple Sklerose

Wie präklinische Studien gezeigt haben, bindet Ocrelizumab an CD20-Oberflächenproteine, die auf bestimmten B-Zellen exprimiert werden, nicht jedoch auf Stammzellen oder Plasmazellen. Deshalb, so Roche, blieben wichtige Funktionen des Immunsystems erhalten. Über mögliche Nebenwirkungen informiert zuletzt der AMSEL-Expertenchat von gestern mit Prof. Tumani.

Zusätzlich zur ORATORIO-Studie umfasst das klinische Entwicklungsprogramm der Phase III für Ocrelizumab die Studien OPERA I und OPERA II. Hierbei handelt es sich um weltweite, randomisierte, doppelblinde, placebokontrollierte, multizentrische Studien für Patienten mit schubförmiger MS. Siehe auch unter www.amsel.de/ms-erforschen

Über die ORATORIO-Studie bei PPMS

Bei ORATORIO handelt es sich um eine weltweite, randomisierte, doppelblinde, multizentrische Phase-III- Studie zur Beurteilung der Wirksamkeit und Sicherheit von Ocrelizumab verglichen mit Placebo bei 732 Patienten mit PPMS. Primärer Endpunkt der Studie ist die Zeit bis zum Beginn des bestätigten Fortschreitens der Behinderung (CDP) über mindestens zwölf Wochen.

Die CDP wird als eine anhaltende, im Prüfplan definierte Zunahme des Schweregrads der Behinderung des Patienten auf der Beurteilungsskala Expanded Disability Status Scale (EDSS-Score) gemessen. Der EDSS-Score beruht auf der körperlichen und neurologischen Untersuchung von acht Körpersystemen. Die untersuchten funktionellen Systeme sind Sehvermögen, Koordination, Bewegung der Extremitäten, Kraft, Denkvermögen, Darm- und Blasenkontrolle, Sensibilität und Gehfähigkeit.

Quelle: Pressemitteilung von Roche, 17.02.2016

Redaktion: AMSEL e.V., 17.02.2016